Rüdiger KruseCDU/CSU - Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war bisher eine recht erwartbare Debatte. Den einen war es zu viel, was in diesem Etat gemacht wird, den anderen war es zu wenig. Das eröffnet der Koalition die Möglichkeit, sich für das zu loben, was sie in kleinen Schritten erreicht hat. So weit, so gut.
Man kann die Debatten der Vergangenheit natürlich immer wieder aufwärmen. Das geschieht allerdings schon seit der Zeit, als ich angefangen habe, mir Debatten anzuhören. Das finde ich auf die Dauer auch nicht zielführend. Ich glaube, dass man ganz klar wissen muss: Wir können den Umweltetat vervierfachen,
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gute Idee!)
dennoch retten wir damit nicht die Umwelt.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr rettet sie auch ohne!)
Das wäre in etwa so, als wenn man der Meinung wäre, dass man die Situation für Kinder dadurch verbessern kann, dass man ein bisschen mehr Geld an den Kinderschutzbund überweist. Das ist zu klein gedacht. Wir müssen natürlich sehen, dass meine Partei speziell in den 70er-, 80er-Jahren, aber auch immer dann, wenn es um die Absolutsetzung des Umweltthemas ging, damit gefremdelt hat, so wie sie auch schon in den 50er-Jahren damit gefremdelt hat, das Thema Wirtschaft absolut zu setzen. Es ist nicht so, sondern es steht immer nebeneinander. Was nützt es denn, wenn ich eine brummende Wirtschaft habe, aber es den Menschen schlecht geht? Das war die Initialzündung für die Union. Wir sagen: Wir wollen beides zusammen denken, wir wollen die soziale Marktwirtschaft – Vielleicht hätte man schon damals die Umwelt dazu nehmen können. Das ist dann später gekommen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn? Wann hat sich die Regierung um die Umwelt gekümmert?)
Ich bin froh, dass die unionsgeführten Bundesregierungen daran international Step by Step gearbeitet haben, dass Nachhaltigkeitsziele entwickelt worden sind.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat selbst Söder erkannt, dass Ihr nichts macht!)
– Ja, ich weiß, wir sind noch nicht am Ziel, aber wir sind auch noch nicht tot.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr könntet mal langsam anfangen! Ihr regiert schon eine Weile!)
– Ich darf jetzt einmal etwas sagen, weil ich selber Protestant bin. Protestantismus ist furchtbar anstrengend.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß ich nicht! Das kann ich nicht beurteilen!)
Aber Grüne sind Protestanten ohne Gott, und das ist noch anstrengender.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)
Es nützt doch nichts, immer damit zu kommen, dass es immer noch nicht reicht. Man muss auch einmal anerkennen, was geschafft worden ist. Es ist allerdings interessant, dass die Grünen in der Verkehrsdebatte preußische Tugenden aufgreifen und die Gralsfrage stellen: Wem dient der Minister? Es wird gar nicht infrage gestellt, dass man dienen muss. Das ist preußisch. Toll. Interessante Entwicklung. Die AfD geht in Richtung Anarchoszene und sagt: Wir schaffen die Vorbildfunktion ab. – In der Sekunde, in der Deutschland etwas tut, was im Weltmaßstab nicht mit mindestens 50 Prozent ins Gewicht fällt, tun wir eben gar nichts. Es gibt aber nichts, was Deutschland tun kann, was die Welt komplett verändert,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, aber ihr könnt das Artensterben konkret behandeln!)
weil 80 Millionen Menschen – das müssen Sie einmal begreifen – nicht die Welt sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es lohnt sich aber natürlich, Vorbildfunktion zu übernehmen, und zwar im doppelten Sinne. Erstens muss einer den ersten Schritt machen, und zweitens werden die Leute, die die Notwendigkeiten der Zukunft als Erste erkennen, die Zukunft gestalten und das zu ihrem eigenen Vorteil.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann erkennt das die Bundesregierung?)
Glaubt irgendjemand, dass wir Weltmarktführer in so vielen Bereichen wären, wenn wir immer nur auf die Vergangenheit setzen würden? Mit der Industrietechnik des 19. Jahrhunderts wäre nichts zu gewinnen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie ist das mit dem Diesel? Wie ist das mit der Braunkohle?)
Es ist doch völlig normal, dass man sich immer wieder erneuert, dass man sich immer weiterentwickelt.
Wir sind ein gutes Stück weitergekommen, aber wir sind sicherlich an einem Punkt, wo man sagen muss: Es reicht noch nicht. Wie können wir das beschleunigen? Innovationen haben normalerweise einen schnellen Hochlauf. Das müssen wir auch da erreichen, wo es um die Nachhaltigkeitsziele geht. Wie kann man das tun? Entweder indem man versucht, über den Umwelthaushalt alles zu korrigieren, was an anderen Stellen vielleicht nicht richtig läuft, oder indem wir sagen, dass wir die Entwicklungsziele, die Nachhaltigkeitsziele, die wir haben, in jedem einzelnen Haushalt durchdeklinieren, weil die Ziele einvernehmlich sind. Ich glaube, dass die Nachhaltigkeitsziele, für die sich die Union starkmacht, Ziele sind, die das ganze Parlament oder fast das ganze Parlament mittragen kann. Es sind auch Ziele, die die Europäische Union mittragen kann. Wenn Sie sie lesen, dann stellen Sie fest, dass sie in jedem Bereich ihre Entsprechung finden. Dazu gehören die Sicherheit – ohne Sicherheit gibt es kein freies Leben –, die Bekämpfung von Armut, der Umweltschutz, die nachhaltige Wirtschaft und die guten Arbeitsplätze in der Industrie.
Sie haben ja durchaus recht, wenn Sie ansprechen, dass es Bereiche gibt, in denen wir 20 Millionen Euro ausgeben, um was zu erreichen, und es andere Bereiche gibt, in denen es eine Förderung, eine Subventionierung gibt, weil wir sie schon immer hatten. Da müssen wir ran; aber dafür brauchen wir einen Maßstab. Deswegen ist das Plädoyer, dass wir unsere Haushaltsverhandlungen ein Stück weit umstellen und wir uns Ziele setzen, wo wir mit unserer Gesellschaft insgesamt hinwollen. Das wäre ein Riesenvorteil in den Haushaltsberatungen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wann macht ihr das denn? Die Erkenntnisse liegen seit 20 Jahren vor! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid an der Regierung!)
– Mein Gott, 2013 haben Sie die Chance vertan.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann legen Sie endlich mal die Planung vor?)
– Entschuldigung, wir reden über den jetzigen Haushalt.
Der jetzige Haushalt ist ein Schritt in die richtige Richtung.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Sie gehen in die falsche Richtung!)
Ihnen geht es nicht schnell genug, uns bei vielen Dingen auch nicht. Das heißt, wir wollen etwas machen. Aber mit der Verbotskiste, die Sie immer hervorholen, werden wir nichts erreichen; das bringt uns überhaupt nichts.
Wir müssen erkennen, dass es um ein Zusammenwirken geht. Ich glaube, es ist schon ein großer Vorteil, dass Konservative nicht immer aufspringen und sagen: „Jawohl, das machen wir jetzt“, sondern ein Stück länger überlegen und sich dann fragen: Wie kann man den Kern der Sache wirklich erreichen, wie kann man das für alle Menschen nutzbar machen?
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 2005 ist die Union an der Regierung! Wann fangen Sie mal an?)
Das ist doch vollkommen richtig. Zum Beispiel muss die Verkehrspolitik so ausgestaltet werden, dass jeder normale Mensch am öffentlichen Leben teilhaben kann. Es nützt nichts, wenn es das Vorreitermodell von Tesla für ein paar Leute gibt oder sich vielleicht ein Bundestagsabgeordneter entscheidet, ein solches Auto zu kaufen;
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Haushalt zu tun? Die alte Leier mit Tesla ist langweilig!)
denn es ist keine Lösung für die Gesamtgesellschaft. Eine solche Lösung für die Gesamtgesellschaft müssen wir anbieten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihre Lösung für den Diesel?)
– Fehler der Vergangenheit müssen diskutiert werden,
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach vorne muss es gehen!)
aber sie dürfen die Diskussion nicht überlagern. Wir diskutieren noch genug über den Diesel.
(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber es darf doch nicht dazu führen, dass man sich der Diskussion über die Zukunft verweigert.
Die ständige negative Kritik von beiden Seiten, die nicht dazu dient, etwas besser zu machen, ist nicht gut für unser Land. Wir müssen die Zukunft nachhaltig gestalten. Das wird immer am besten funktionieren, wenn die Union die Regierung führt. Es tut mir leid, dass es so ist. Ich wünschte, auch wir hätten mal eine Pause; aber es wird auch die nächsten 20 Jahre so bleiben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Danke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7292542 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit |