20.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 63 / Tagesordnungspunkt I.7

Marco BuschmannFDP - Inneres, Datenschutz und Informationsfreiheit

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Seehofer, ich war sehr gespannt auf Ihren Beitrag; denn Sie haben sich ein Mammutministerium des Innern, für Bau und Heimat bauen lassen, und in Anbetracht der Größe der Aufgabe wäre vielleicht etwas mehr Demut angemessen, erst recht in Anbetracht Ihrer bescheidenen Amtsbilanz, die Sie bis heute aufzuweisen haben.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Selbstgefälligkeit, mit der Sie sich heute präsentiert haben, zwingt mich, Sie an die Versprechen zu erinnern, die Sie diesem Haus im März dieses Jahres gegeben haben. Sie haben diesem Haus – ich zitiere aus dem Stenografischen Bericht der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 23. März 2018 – für den Bereich Heimat versprochen:

Wir werden über die Heimatabteilung zum einen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland stärken und zum anderen dafür kämpfen, dass wir gleichwertige Lebensverhältnisse überall in Deutschland bekommen.

Das haben Sie uns versprochen. Und wir haben Ihnen als Parlament für Ihre neugeschaffene Heimatabteilung bereits 318 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Sie wollen jetzt noch 51 Millionen Euro mehr haben. Wir haben daraufhin die Bundesregierung gefragt: Was ist eigentlich die Leistungsbilanz dieser Abteilung Heimat? Gibt es dort irgendeinen Leistungsnachweis in Form einer Gesetzesinitiative oder eines Förderprogramms, irgendetwas Reales, mit dem man messen kann, was dort getan worden ist? Die amtliche Antwort der Bundesregierung war: null.

(Benjamin Strasser [FDP]: Arbeitsverweigerung!)

Nichts ist dort passiert. Sie haben dem Parlament über diesen Bereich den Kampf für gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse versprochen. Geliefert haben Sie nichts. Warum sollte Ihnen dieses Parlament eigentlich für nichts 51 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben, Herr Minister, zum Thema Bauen diesem Parlament in Ihrer Antrittsrede versprochen – auch hier zitiere ich wieder aus dem Stenografischen Bericht –:

Dieses Thema wird bei uns im Ministerium kein Anhängsel sein, sondern ein Schwerpunkt.

(Klaus-Dieter Gröhler [CDU/CSU]: So ist es ja auch!)

Das haben Sie diesem Haus versprochen. Doch in den Augen der Bevölkerung gab es nur ein einziges Mal eine besondere Schwerpunktsetzung, nämlich, als Sie den zuständigen Baustaatssekretär feuern wollten. Und Sie wollten den zuständigen Baustaatssekretär nicht feuern, weil Sie einen besseren Baufachmann haben; Sie wollten ihn feuern, um Platz zu schaffen, damit Hans-Georg Maaßen bei Ihnen im Ministerium überwintern kann. Das ist eigentlich viel schlimmer, als das Thema Bauen zum Anhängsel zu machen. Sie haben dem Parlament versprochen, das Thema nicht klein zu machen. Sie haben aus dem Thema Bauen nicht nur ein Anhängsel gemacht; Sie haben den Bereich als Steinbruch genutzt, um Versorgungsposten zu schaffen. Das steht im krassen Widerspruch zu dem, was Sie hier versprochen haben.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])

Herr Minister Seehofer, Sie haben in Ihrer Antrittserklärung diesem Parlament versprochen – auch hier zitiere ich aus dem Stenografischen Bericht –:

Wir müssen … neue Wege gehen, und wir müssen vor allem Tempo machen.

Sie haben sich hier vorhin gelobt und so getan, als ob wir in eine neue Dimension des Einwanderungsrechts eintreten würden, obwohl wir Ländern wie Kanada oder Australien selbst dann noch 20 Jahre hinterherhinken würden, wenn wir all das umsetzten, was Sie jetzt ins Schaufenster gestellt haben. Wie kann man sich angesichts dessen so jovial hierhinstellen und behaupten, wir würden ein neues Kapitel aufschlagen? Wir hängen den anderen 20 Jahre hinterher.

Sie haben uns neue Ideen versprochen. Wo sind die neuen Ideen denn? Wo bleibt der Migrationsgipfel, der alle Beteiligten, von der Kommune bis zum Bund, an einen Tisch holt, die vielen kleinen gordischen Knoten erkennt und dann auch Stück für Stück durchschlägt? Das würde für mehr Tempo sorgen.

(Beifall bei der FDP)

Wo bleibt die deutsch-französische Initiative? Das Thema „Passersatzpapiere und Nordafrika“ ist in Frankreich doch mindestens ein genauso drängendes Problem wie in Deutschland. Warum tun wir uns nicht mit unserem Nachbarn zusammen, um mit vereinter Stärke den Druck auszuüben, den wir brauchen, um voranzukommen, Herr Minister? All das passiert nicht.

(Beifall bei der FDP)

In Wahrheit liegt das daran, dass es Sie vermutlich gar nicht interessiert. Das kann man übrigens auch mit Zahlen belegen. Wenn man bei Google Ihren Namen in Verbindung mit dem Begriff „Innen“ eingibt, dann kommt man auf 500 000 Treffer. Wenn man Ihren Namen in Verbindung mit dem Begriff „Bau“ eingibt, kommt man auf 1 Million Treffer. Wenn man Ihren Namen mit dem Begriff „Heimat“ eingibt, kommt man auf 1,5 Millionen Treffer – immerhin. Die meisten Treffer gibt es jedoch für etwas ganz anderes: 2 Millionen Treffer gibt es, wenn man Ihren Namen in Verbindung mit dem Begriff „Rücktritt“ eingibt. Herr Minister, das zeigt: Ihre persönliche Zukunft überlagert alles, wofür Sie fachlich zuständig sind.

(Beifall bei der FDP)

Das ist nicht gut für das Thema, das ist nicht gut für die Regierung, der Sie angehören, und es ist vor allen Dingen nicht gut für unser Land. Deshalb: Tun Sie sich, Ihrer Regierung und dem Land einen Gefallen und machen Sie den Weg frei. Vielleicht übt dann jemand das Amt aus, der sich um die wichtigen Themen der Zeit kümmert, als dass die Zeit, die ihm noch im Amt bleibt, sein wichtigstes Thema ist.

(Beifall bei der FDP)

Zeit ist ein gutes Thema, Herr Buschmann. – Vielen herzlichen Dank, Marco Buschmann. – Nächste Rednerin: Caren Lay für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7292565
Wahlperiode 19
Sitzung 63
Tagesordnungspunkt Inneres, Datenschutz und Informationsfreiheit
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