Ursula SchulteSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu Ihnen, Herr Stegemann, und zum Thema Ferkelkastration. Das war ein bisschen vergiftetes Lob in unsere Richtung, das muss ich ganz ehrlich sagen. Wir haben gelitten unter dieser Entscheidung, das kann ich Ihnen versichern. So was machen wir wahrscheinlich nicht noch einmal. Aber das Lob war nett gemeint, nehme ich an.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Im Einzelplan 10 gibt es einige Haushaltsstellen zum gesundheitlichen Verbraucherschutz und zur gesunden Ernährung, über die ich mich sehr freue. Auf einige Punkte möchte ich etwas näher eingehen und mich dabei auf das Thema Ernährung konzentrieren; das spielt hier ein bisschen eine stiefmütterliche Rolle – Herr Fuchtel hat es noch mal am Rande erwähnt –, aber es heißt ja Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.
Der Datenreport 2018 macht noch einmal deutlich, dass sich Kinder aus überforderten Familien häufig ungesund ernähren und mit Übergewicht zu kämpfen haben. Die SPD-Fraktion will und kann das nicht länger hinnehmen. Frau Klöckner bezeichnet ihr Ministerium ja gerne als Lebensministerium – ein schöner Name. Daraus folgt aber auch die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass sich alle Menschen unabhängig vom Einkommen gesund ernähren können. Da ist noch eine ganze Menge zu tun, und daran können wir gerne gemeinsam arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Reduktionsstrategie, die CDU/CSU und SPD miteinander vereinbart haben, hat mittlerweile zu einer Grundsatzvereinbarung mit der Lebensmittelwirtschaft geführt. Das ist ein erster richtiger Schritt hin zu weniger Zucker, Salz und Fett in Fertigprodukten. Diese Grundsatzvereinbarung sollten wir auch nicht geringschätzen; denn immerhin ist sie das Eingeständnis der Lebensmittelwirtschaft, mitverantwortlich für das Übergewicht in unserem Land zu sein. Wir als SPD-Fraktion halten allerdings daran fest, dass verbindliche Reduktionsziele auf wissenschaftlicher Basis besser sind als jede freiwillige Vereinbarung.
(Beifall bei der SPD)
43 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder in Deutschland gelten als übergewichtig. Gerade die Kinder sollten wir besonders in den Blick nehmen. Daher finde ich das geplante Verbot von Zucker in Säuglings- und Kindertees folgerichtig. Die EU will zudem eine Regelung für Kinderkekse und Kinderzwieback auf den Weg bringen. Darüber bin ich froh; dennoch, finde ich, greift das alles viel zu kurz. Es gibt doch keinen einzigen vernünftigen Grund dafür, Kinderlebensmittel mit dermaßen hohem Zuckeranteil auf den Markt zu bringen. Wir sollten – ich werbe ausdrücklich dafür – Zucker in allen Kindernahrungsmitteln verbieten oder wenigstens auf ein Minimum beschränken. Auch die Werbung für Kinderprodukte gehört reguliert. Mein Vorschlag wäre: Wir erlauben Werbung für gesunde Kindernahrungsmittel und verbieten Werbung für die Zuckerbomben. Andere Länder gehen bereits diesen Weg.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viele Länder machen das schon!)
Ich verstehe nicht, warum wir hier so zögerlich sind.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Deutschen trinken gerne zuckergesüßte Getränke; beim Konsum liegen wir europaweit an dritter Stelle. Hier könnten wir ganz schnell den Zuckeranteil reduzieren; denn die Rezeptoren sind einfacher zu verändern als bei anderen Produkten. Aber bitte nicht den Zucker durch Süßstoff ersetzen. Zuckergesüßte Getränke gehören genauso verboten wie Zucker in Säuglings- und Kindernahrung. So würden wir Übergewicht, Diabetes und Karies wirklich den Kampf ansagen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen aber – das ist mir wichtig zu betonen – keine Zuckerpolizei und kein Verbotsstaat werden. Aber wir wollen Kinder vor ungesunden Lebensmitteln schützen und den Erwachsenen helfen, sich gesünder zu ernähren. Das nenne ich dann gute Politik für die Menschen.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss möchte ich noch kurz auf die landwirtschaftliche Sozialpolitik eingehen, die ja den Großteil unserer Haushaltsmittel, nämlich über 4 Milliarden Euro, im Einzelplan 10 bindet. Wenn dieser Aufgabenbereich wegfallen würde, hätte das wahrscheinlich auch Folgen für das Ministerium. Die Hofabgabeklausel wird bald Geschichte sein, da bin ich mir total sicher. Das wird natürlich auch Folgen für die sozialen Sicherungssysteme der Landwirtschaft haben.
Die sozialen Sicherungssysteme der Landwirtschaft beruhen genau wie alle anderen sozialen Sicherungssysteme auch auf der Solidarität der Versicherten. Wenn sich immer mehr Menschen dieser Solidarität entziehen, kippt das System. Das gilt natürlich auch für die SVLFG. Entweder gelingt es uns, die SVLFG an die veränderten Bedingungen anzupassen und zukunftsfest zu machen, oder wir müssen über dieses Sondersystem ganz neu nachdenken. Nur zu fordern, dass sie eigenständig bleibt, reicht da nicht aus. Ich sehe bei der SVLFG Ansatzpunkte genug, zum Beispiel als Player im ländlichen Raum. Darüber sollten wir gemeinsam nachdenken.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Artur Auernhammer für die Fraktion CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7292957 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 63 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |