Otto FrickeFDP - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Heute ist – Frau Bundeskanzlerin, das wissen Sie, weil es für Sie von Interesse ist – Buß- und Bettag. Das passt eigentlich sehr gut; denn der Buß- und Bettag ist immer auch ein Tag, an dem ein Aufruf zur Umkehr kommt.
Wenn wir uns die Haushalte, die unter Ihrer Ägide – nicht nur mit diesem Finanzminister, sondern auch schon mit dem letzten – gestanden haben, nun angucken, dann kann man erkennen, dass es immer die berühmten Weiter-so-Haushalte gewesen sind. Es sind Haushalte gewesen, in denen Sie stetig steigende Einnahmen hatten, mit denen Sie stetig in gleicher Manier verteilt haben, bei denen Sie – Ihr Finanzminister hat das übrigens gestern auch nicht getan – in den Debatten nicht wirklich über den Haushalt geredet haben. Vielmehr beschäftigen Sie sich mit dem Hier und Jetzt, wiesen auf die Vergangenheit, aber missachteten die Zukunft.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, Umkehr, Modernisierung, Zukunft – ich glaube, darin sind sich fast alle hier einig – bedeuten natürlich, sich mit den Fragen von Digitalisierung, von künstlicher Intelligenz, die Sie hier immer ansprechen, zu beschäftigen. Das Schlimme ist nur: Es ist immer Wolkenkuckucksheim; es sind immer große Reden. Wenn man aber in die Zahlen guckt, dann stellt man fest, dass das alles gar nicht passt.
Ich gebe ein einfaches Beispiel, damit eben neben den schönen Worten, die alle hören, die alle schreiben, die alle lesen, einfach mal die Zahlen zur Sprache kommen. Denn das ist ja das Schöne an Haushaltspolitik: Zahlen sind an dieser Stelle nicht interpretierbar, sondern erst einmal Tatsache. Ich gebe Ihnen einen Hinweis und frage: Wie sieht es denn in diesem Haushalt aus? Sie reden von Zukunftsaufgaben. Aber schauen wir doch einmal, wie viel Sie von den 12 bzw. 13 Milliarden Euro, die Sie mehr haben, eigentlich für Bildung und Forschung zusätzlich ausgeben. Wo folgt also auf das Wort der Kanzlerin die Tat des Finanzministers und der Ministerien? Sie geben gerade einmal eine halbe Milliarde Euro mehr für Bildung und Forschung aus. Das ist dann Zukunft? Nein, das ist immer nur das Weiter-so: ein bisschen drauf. Kehren Sie an dieser Stelle endlich um!
(Beifall bei der FDP)
Bei den Steuern – Frau Nahles hat das gesagt – sind wir uns, glaube ich, einig. Wenn wir Familien helfen können – sie sind die Keimzelle dessen, was unsere Zukunft ausmacht –, dann müssen wir helfen, dann ist das unsere Aufgabe. Ist das jetzt aber etwas, wo die Koalition, die Regierung oder etwa der Finanzminister sich rühmen kann? Nein. Frau Nahles, seien wir ehrlich: Sie machen als Erstes eine Umsetzung dessen, was das Verfassungsgericht uns geboten hat. Und das, was als Schippchen draufkommt, ist – das finde ich sehr interessant – im Endeffekt nichts anderes als die Umsetzung des Progressionsberichtes. Und wer hat in der 17. Legislaturperiode dafür gesorgt, dass es diesen Progressionsbericht überhaupt gibt? Die Fraktion der FDP.
(Beifall bei der FDP – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Nein! Haben wir gemacht!)
Sie machen nichts Neues. Sie machen nur das, was Sie müssen, und keinen Deut mehr und rühmen sich dann auch noch.
Kommen wir zum Personal. Da wird immer gesagt: Wir machen richtig viel beim Personal, wir sind richtig stark beim Personal. – Erstens würde ich gerne einmal irgendwann eine Kleine Anfrage ernsthaft beantwortet bekommen, wie viele Leute aus dem Konrad-Adenauer-Haus und insbesondere aus dem Willy-Brandt-Haus in den letzten Jahren in Ministerien gegangen sind. Das ist doch im Endeffekt etwas, über das man auch einmal reden muss: 1 000 neue Leute in den Ministerien.
(Beifall bei der FDP)
Damit das klar ist: Ich rede nicht über den Zoll oder das BKA. Hier haben wir Aufgaben; diese müssen wir wahrnehmen. 1 000 Leute: Wissen Sie eigentlich, was 1 000 neue Stellen quer über den Stellenspiegel pro Jahr kosten?
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das sind Entfristungen!)
– Ob sie entfristet worden sind oder ob es neue Stellen sind –, es ist am Ende eine dauerhafte Belastung.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Nein! Eine gute Chance für gute Dienstleistungen! Das ist der Unterschied!)
Ich merke an der Antwort wieder, dass es für Sie so ist: Sie sorgen als Große Koalition dafür, dass der Staat sich stetig neue Aufgaben gibt, aber Sie kehren nicht um und fragen sich, auf welche Aufgaben man verzichten könnte.
Nein, Sie sagen: mehr Staat, mehr Personal, mehr Aufgaben. Wenn ein privater Bürger versuchen würde, sein Leben weiterzuführen, wenn er sagen würde: „Ich will einfach nur mehr, ich muss auf nichts verzichten“, wäre das nicht zukunftszugewandt, es wäre vergangenheitsverhaftet. Vor allen Dingen zeugt es von altem staatsgläubigem Denken, mit dem Sie in das Zeitalter der Digitalisierung niemals einsteigen können. Kehren Sie um!
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, man kann es an bestimmten Stellen einfach einmal folgendermaßen zusammenfassen: Die puren Zahlen und Daten Ihres Haushaltes sinken. Die Investitionsquote, auch die absolute Summe, sinkt. Die Sozialquote, der Sie sich rühmen, sinkt. Die Zinsbelastung fängt langsam, aber sicher an zu steigen, weil Sie ans Ende dessen kommen, was Ihnen – in Anführungszeichen – von der EZB gegeben wird.
Jetzt kommt für mich noch das, was mich am meisten in der Haushaltsberatung überrascht hat. Früher war es so: Wenn die Regierung gemerkt hat, dass sie ein bisschen mehr ausgeben kann, aber nicht so viel, wie sie will, dann hat der Finanzminister gesagt: Das nicht, das ja. – Wissen Sie, wie das bei Ihnen inzwischen läuft? Sie sagen: Wir brauchen noch eine halbe Milliarde Euro. Nehmen wir doch die Kreditermächtigung „Rücklage ‚Asylbewerber und Flüchtlinge‘“ und greifen auf Altes zurück, um mehr auszugeben. – Ihr Haushalt ist damit am Ende im Negativen. Und das zeigt mir ganz deutlich: Sie brauchen diesen Buß- und Bettag. Vielleicht kann das Kabinett ja noch einkehren und umkehren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Kollege Fricke. Was gibt es Schöneres, als am eigenen Geburtstag eine Rede im Deutschen Bundestag halten zu dürfen? Auch von hier noch einmal herzlichen Glückwunsch!
(Beifall)
Nächster Redner ist der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, der Kollege Alexander Dobrindt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293025 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |