21.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 64 / Tagesordnungspunkt I.9

Frauke Petryfraktionslos - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung legt uns in dieser Woche den Haushalt für das kommende Jahr 2019 vor. Liebe Bundesregierung, Sie wollen 357 Milliarden Euro ausgeben – wieder einmal der größte je in diesem Hause verabschiedete Haushalt.

Da die Ausgaben seit dem Beginn Ihrer Kanzlerschaft, Frau Merkel, im Jahr 2005 von damals 260 Milliarden Euro jährlich stetig gestiegen sind, lassen Sie uns auf das Ergebnis Ihrer Politik blicken und feststellen, ob es Deutschland und Europa, das manche als die Lösung aller Probleme herbeibeten, tatsächlich politisch und wirtschaftlich besser geht als vor Ihrem Regierungsantritt.

Frau Merkel, es tut mir leid, das zu sagen, aber Sie sind eine Kanzlerin der Stagnation. In 13 Jahren Ihrer Regierung haben Sie nicht annähernd eine Idee für die Lösung der Rentenfrage entwickelt.

(Ulli Nissen [SPD]: Aber die haben Sie, oder was?)

Aber Ihre angeblich alternativlose Euro-Rettung hat zum ungebremsten Gelddrucken der EZB, zu Negativzinsen und zum Verfall des Kapitalvermögens von Millionen Sparern geführt. Der Steuerzuschuss zur Rentenkasse steigt mit jedem Jahr und nähert sich unaufhaltsam der 100‑Milliarden-Euro-Marke.

Anstatt Ludwig Erhards Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft wiederzubeleben, feiert die Große Koalition die Überwachung von Unternehmern durch Tausende Zollbeamte und einen Mindestlohn, von dem der Staat fast 40 Prozent in Form von Abgaben selbst einbehält.

Deutschland hat seine Vorreiterrolle bei Innovationen und Erfindungen lange eingebüßt. Die USA und Länder in Asien haben uns längst den Rang in Fragen der Digitalisierung, beim Ausbau von Breitbandnetzen und bei der Verkehrsinfrastruktur abgelaufen. Der Exportschlager Bildungssystem wurde in einer Folge von Experimenten geschwächt, unsere Universitäten europäisch egalisiert.

Die Europäische Union befindet sich durch die weiter schwelende Euro-Krise, wie wir alle wissen, nah am Rande eines Zusammenbruchs, und der Brexit zeigt, dass langfristig nicht Großbritannien, sondern vor allem deutsche und europäische Unternehmer das größte Interesse an normalen Wirtschaftsbeziehungen außerhalb der EU haben müssen.

Frau Merkel, Sie sind eine Kanzlerin der Isolation. Ihr Verzicht auf den Schutz deutscher Grenzen vor illegaler Migration und die damit verbundene Sogwirkung nach Afrika und in den Mittleren Osten haben die Axt an das freiheitliche Europa von Adenauer und de Gaulle gelegt. Sie haben nicht im Sinne Europas gehandelt, Sie haben sich für kindliche Naivität statt für staatsmännische Vernunft entschieden, und Sie haben nichts daraus gelernt. Der Versuch, den Migrationspakt und den Flüchtlingspakt ohne breite Debatte – denn es gab sie bisher außerhalb dieses Hauses nicht – zu verabschieden, wird gesellschaftlich scheitern. Sie werden es zwar persönlich vielleicht nicht ausbaden müssen, aber die Bürger und Steuerzahler.

Ihre einsame Entscheidung, die gemeinsame europäische Energiepolitik durch die Energiewende ins Wanken zu bringen, ist das Gegenteil faktenbasierten Handelns. Weil diese Energiepolitik wirtschaftlich unsinnig und auf Dauer unbezahlbar ist, haben Sie in grüner Manier auf Gefühl statt Wissenschaft gesetzt und sind mit tatkräftiger Unterstützung der linken Parlamentsseite dabei, dem Industriestandort Deutschland sprichwörtlich den Hahn zuzudrehen, insbesondere dem Mittelstand und Millionen Autofahrern. Diese Entwicklung macht auch vor Frankreich inzwischen nicht mehr halt, aber Ihr politischer Freund Macron erlebt wenigstens gerade sein gelbes Wunder auf Frankreichs Straßen.

Frau Merkel, Sie sind auch eine Kanzlerin der falschen Freunde. Ihre Regierung hofiert den türkischen Despoten Erdogan. Sie fallen dem Garant europäischen Friedens, den USA, in den Rücken und ziehen Geschäfte mit dem Mullah-Regime im Iran der Sicherheit Israels vor, für die Sie persönlich einmal garantiert haben. Unsere Vertreter bei den Vereinten Nationen stimmen in wenigen Stunden achtmal gegen die Interessen Israels.

Sie lassen sich, getrieben von SPD und Macron, darauf ein, gemeinsame Sozialversicherungen und ein Euro-Zonen-Budget einzuführen, und verlagern damit weitere strukturelle und finanzielle Macht an die Brüsseler Kommission, also weg von der Kontrolle des Souveräns und des Steuerzahlers.

Bei all diesen faktischen Fehlschlägen brüsten Sie sich mit christlicher Ethik, werfen aber das christliche Menschenbild über Bord, wenn es gilt, die Ehe vor ideologischen Experimenten à la Gender, also die Ehe von Mann und Frau, zu schützen.

Gerade als Naturwissenschaftlerin hätten Sie die Debatte über den Diesel auf die Sachebene holen müssen. Stattdessen haben Sie den grünen Autofeinden freien Lauf gelassen.

Ihre Politik ist eine, in der Gesinnung statt Verantwortung, Gefühl statt Wissenschaft, Glaube statt Wissen dominiert haben. Es wird unsere Aufgabe sein, Freiheit, Verantwortung und Wettbewerb als Prinzipien unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung wiederzubeleben. Aber seien Sie unbesorgt: Ohne Sie schaffen wir das!

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, vor allem Sie! – Martin Schulz [SPD]: Das ist ja donnernder Beifall! – Kersten Steinke [DIE LINKE]: Ohne Sie auch!)

Nächster Redner ist für die SPD der Kollege Johannes Kahrs.

(Beifall bei der SPD)

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Electoral Period 19
Session 64
Agenda Item Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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