Patricia LipsCDU/CSU - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Haushaltsberatungen sind sichtbar und hörbar eine ganz besondere Zeit in den Parlamenten, und das nicht nur im Deutschen Bundestag. Oft sind sie begleitet von Leidenschaft und Temperament. Traditionell wird dies, wie heute Vormittag, bei der Beratung des Kanzleretats besonders erlebbar. Eine solche Generaldebatte ist gut, tut gut und ist auch wichtig. Aber nichtsdestotrotz: Am Ende beschließen wir einen Etat – nachher sogar namentlich –, und zum Kanzleretat gehört – der Kollege Kahrs hat den Schlenker schon angedeutet – neben den bereits genannten Bereichen auch das wunderbare Thema Kultur in all ihren Facetten.
„20 Jahre im Bund mit der Kultur“, so lautet im Jubiläumsjahr das Motto des Staatsministeriums für Kultur und Medien. Kulturpolitik ist ein wortwörtlich unübersehbarer Teil der Arbeit im Kanzleramt. Dies gilt auch für die Zahlen. Es stimmt: Das Primat der Kulturpolitik liegt grundsätzlich bei den Bundesländern. Gleichwohl hat sich der Bund in diesen 20 Jahren kontinuierlich zu einem wichtigen Akteur in diesem Bereich entwickelt. Heute sind wir stolz auf eine engagierte und national wie international sichtbare Kulturpolitik des Bundes. Sie ist uns in diesem Haushalt knapp 1,9 Milliarden Euro wert und stellt einen echten Mehrwert für unser Land dar.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Johannes Kahrs [SPD])
Unsere Museen, die Kunst, Musik, das Theater, der Film – jeder behauptet seine Nische mit der erforderlichen Freiheit. Das führt zu Erfolg und bereichert unser kulturelles Miteinander.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einige Stichpunkte nennen. Berlin ist das Schaufenster zur Welt, nicht nur in der politischen Wahrnehmung. Deshalb gehört eine entsprechende Förderung der Hauptstadtkultur unstreitig dazu. Menschen aus aller Welt kommen hierher und haben ihre ganz eigenen Erwartungen an ihren Besuch. Ein weiteres Highlight erwartet sie nun: Die Silhouette des ehemaligen Stadtschlosses prägt nach rund 70 Jahren wieder das Stadtbild. Zusätzliche 29 Millionen Euro fließen in die Förderung des neuen Humboldt Forums. Wir freuen uns über das kulturelle und architektonische Projekt auf Weltniveau.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Einen großen Aufwuchs erfährt ebenso der Etat des deutschen Auslandsrundfunks „Deutsche Welle“. Es ist der größte Einzelposten in diesem Etat überhaupt. Gemeinsam mit anderen starken Playern in Europa muss auch unser Land eine Stimme der Freiheit und der Demokratie in der Welt bleiben.
(Beifall der Abg. Elisabeth Motschmann [CDU/CSU])
Das ist eine ganz zentrale Aufgabe unserer nationalen Kulturpolitik. Dies gilt umso mehr angesichts internationaler Krisen und Einschränkungen der Meinungs- und Medienvielfalt in vielen Ländern dieser Erde.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Haushalt ist die Erinnerungskultur. Wir setzen uns in weiten Teilen damit auseinander, ob das nun zusätzliche Mittel zur Aufarbeitung der SED-Diktatur betrifft, das kulturelle Erbe der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen oder die Unterstützung bei der Bewahrung jüdischen Erbes.
Kolleginnen und Kollegen, die abschließende Sitzung zum Haushalt im zuständigen Ausschuss fand am Vorabend des 9. November statt. Viele nennen diesen Tag den Schicksalstag unseres Landes. So erinnern wir alljährlich zu Recht an die Reichspogromnacht.
(Beifall der Abg. Elisabeth Motschmann [CDU/CSU])
Der Termin der Ausschusssitzung jedoch war Zufall. Ein Thema in dieser Sitzung war die Synagoge in München, die nun mithilfe des Bundes saniert werden kann. Es berührt einen sehr, wenn man als zuständige Berichterstatterin erfährt, dass die Mitteilung darüber am 9. November vor Ort auf große Emotionen stieß und symbolhaft mit diesem Tag in Verbindung gebracht wurde.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Darüber hinaus gibt es natürlich noch das große bauliche Erbe, das weit in die ländlichen Räume hineinreicht und von der sehr wechselvollen Geschichte unseres Landes berichtet. Rund 250 Projekte – so viele wie selten – können nun zusätzlich mit unserer Unterstützung saniert und instandgesetzt werden. Ob es sich um das Schloss Marienburg in Niedersachsen handelt, die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche hier, mitten in Berlin, das Kloster Corvey in Höxter, den Dom in Brandenburg an der Havel oder das Münster in Radolfzell und vieles andere mehr – der Bund trägt seinen Beitrag dazu bei, dass diese einmaligen Bauten bewahrt werden und damit unmittelbar vor Ort identitätsstiftend wirken.
Dazu kommen die vielen kleineren Einrichtungen, die über das Sonderprogramm zum Denkmalschutz gefördert werden. Sie werden von Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden usw. vor Ort betreut und mit Projekten am Leben gehalten. Genau diese Menschen freuen sich, wenn ihr Einsatz sichtbar Unterstützung erfährt. Für das kommende Jahr haben wir dafür 40 Millionen Euro eingestellt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas ansprechen. Es gibt Menschen – dafür kann man Verständnis haben –, die bei der Bekanntgabe, bei der Veröffentlichung von Projekten im kulturellen Bereich anmerken – manchmal kritisieren sie auch deutlich –, ob das Geld nicht besser in anderen Bereichen aufgehoben wäre, im Kitabereich, bei der Schulsanierung, im Straßenbau und vielen anderen Bereichen mehr. Damit sei den Menschen mehr geholfen. Sie fragen, wofür man denn das andere alles im Alltag brauche. Kolleginnen und Kollegen, ja, diese Frage kann man stellen, und ganz sicher sind alle anderen Dinge ebenfalls sehr, sehr wichtig. Aber Kultur in ihrer Vielfalt ist der Kitt, der eine Gesellschaft zusammenhält, Identität stiftet und vor allen Dingen auch Menschen verbindet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Kultur ist ein wichtiger Bildungsfaktor, berichtet von unserer Vergangenheit und gestaltet unsere Zukunft, und hin und wieder lässt sie uns für eine begrenzte Zeit den Alltag vergessen. Für all dies lohnt sich der Einsatz allemal, und wir sollten das eine nicht gegen das andere ausspielen.
Deshalb geht mein ganz herzlicher Dank an die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die gute Debattenkultur, die dort vorherrscht, insbesondere natürlich an den Koalitionspartner und auch von meiner Seite an Staatsministerin Monika Grütters und ihr gesamtes Team. – Das sind auch für euch immer Hochzeiten. Das wissen wir zu schätzen.
Kolleginnen und Kollegen, nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Ich freue mich bereits jetzt auf das kommende Jahr.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die SPD die Kollegin Sonja Amalie Steffen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293033 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |