21.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt I.10

Frank HeinrichCDU/CSU - Auswärtiges Amt

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments – ich bin wahrscheinlich nicht der Erste, der das heute sagt –,

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Klingt aber gut!)

und da zeigen wir auch unsere wahren Prioritäten.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen für ihre Arbeit am Haushaltsplan für 2019 in dieser Form und in diesem Umfang als jemand, der im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sitzt.

Humanitäre Hilfe

– so heißt es im Einzelplan 05 –

gehört zum politischen Selbstverständnis der Bundesregierung und der steigenden außenpolitischen Verantwortung Deutschlands in der Welt.

Diese Formulierung und das einhergehende Engagement begrüße ich, begrüßen wir sehr. Es formuliert deutlich, wie selbstverständlich humanitäre Hilfe und Solidarität für uns sein sollten und auch – und das stellt dieser Einzelplan auch dar – ist.

Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen …

Auch diesem Gedanken kommen wir nach. Ich freue mich, dass ein so reiches Industrieland wie unseres seine Verantwortung in der Welt weiterhin in dieser Form annimmt.

Ein Begriff, den ich nicht in aller Tiefe mag, ist der immer wieder genannte Begriff „Fluchtursachenbekämpfung“. Wir hören hier bei uns in Deutschland Nachrichten über Menschen, die in ihrer Heimat unfassbare Not und unfassbares Leid erleben und sich auf den Weg machen, auf die Suche nach einem besseren Leben. Diese Menschen vor Ort, in ihrer Heimat zu unterstützen und ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen, ist ein positiver Beitrag der deutschen humanitären Hilfe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Besonders Nachrichten aus Syrien, dem Jemen, aus Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik, um nur einige zu nennen, lassen die Forderung nach dieser humanitären Hilfe noch klarer und deutlicher werden.

Meine Kollegin Gyde Jensen und ich waren vor wenigen Tagen in Syrien, im Libanon und in Jordanien in Flüchtlingslagern. Wir haben hauptsächlich zwei Dinge aufgenommen:

Das eine ist, wie konkret auch von UN-Organisationen, dem World Food Programme in dem Fall, Geld mit einem tollen Wirkungsgrad an Mann und Frau, an Flüchtlinge, Internally Displaced Persons, weitergereicht wird, wie mit unserem Geld weitergearbeitet wird, wie damit Gutes erreicht wird.

Die zweite Botschaft ist, dass bis jetzt nur UN-Organisationen dort arbeiten können, weil die Lage so kritisch ist. Wir und viele NGOs wünschen uns, dass wir auch unseren Umsetzungsorganisationen wieder leichter Geld in die Hand drücken können.

David Beasley, der Chef des World Food Programmes, hat vor wenigen Tagen im Weltsicherheitsrat gesprochen. Seine Einleitung war: Ich weiß, dass dieses Hohe Haus auch angemessene Worte braucht. Aber ich kann Ihnen nicht garantieren, dass ich sie heute finden werde. – Er war gerade aus dem Jemen zurück. Er sagte, dass er zwei Tage vorher ein acht Monate altes Baby in der Hand gehalten habe, und am Tag seiner Rede habe er erfahren, dass es am Tag zuvor gestorben ist.

Die Katastrophalität der Lage in so vielen Regionen, die Unmenschlichkeit in manchen dieser Herausforderungen ist nicht nur in netten Worten zu beschreiben. Diese Herausforderung können wir aber nicht allein bewältigen. Seit vielen Jahren schätzen wir ebendiese Zusammenarbeit mit den Partnern – das sind die, denen wir unser Geld in die Hand geben –: Vereinte Nationen, Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen. Oberstes Ziel ist es, den Menschen in Not, den Notleidenden ein Überleben zu ermöglichen, und das bestmöglich in Würde.

Noch nie zuvor – das haben mehrere Vorredner gesagt – hat Deutschland solche Summen für die humanitäre Hilfe in die Hand genommen. Wir waren uns aber auch noch nie zuvor dieser Verantwortung so bewusst wie jetzt. Wir haben uns letztes Jahr tatsächlich zum zweitgrößten bilateralen Geber weltweit entwickelt. Im Vergleich zu den Jahren 2010 bis 2013 haben wir unsere Ausgaben verdreifacht.

Auch die Mittel für Maßnahmen zur Förderung von Menschenrechten sind um 500 000 Euro gestiegen, was mich wirklich freut. Mit Geld allein lässt sich in dem Bereich aber nicht unbedingt etwas machen; bei humanitärer Hilfe sehr wohl.

Deshalb zum Abschluss ein Plädoyer für Qualität und Priorisierung. Schauen Sie als Auswärtiges Amt bitte vor Ort gut hin. In Ägypten ist vor wenigen Wochen eine junge Frau, Amal Fateh, verhaftet worden, weil sie ein YouTube-Video in einem internen Kreis eingestellt hat. Dort hat sie geklagt gegen sexuelle Übergriffe gegen sich. Sie ist vielleicht im Tonfall ein wenig übers Ziel hinausgegangen. Der Staat hat sie eingebuchtet und inzwischen unter Terrorverdacht gestellt. Eigentlich hätte die Klage von ihr ausgehen und gegen andere gerichtet sein müssen.

Mit großer Selbstverständlichkeit findet in diesem und in anderen Ländern eine Einengung statt: Shrinking Spaces. Unterstützen Sie die Menschenrechtsverteidiger vor Ort zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit. Handeln Sie nach der Maxime einer menschenrechtsbasierten und werteorientierten Außenpolitik – je länger, je ernster. Sie haben in Ihrer Rede ja angekündigt, Herr Maas, dass das unsere Priorität ist. Neben den vielen tollen Projekten und den Botschafterinnen und Botschaftern sollten Sie noch mehr Wert auf klare Kante legen, wenn rote Linien übertreten werden. Machen Sie noch mehr aus dem, was Sie schon in der Hand haben! Sie haben es tatsächlich in der Hand, uns entweder stolz zu machen, dass unsere Werte dort verteidigt werden, oder unsere Werte in der Ferne zu verraten, vielleicht durch Wegschauen, wenn unsere Werte verdreht, weggesperrt oder verraten werden.

Danke für die bisherige Arbeit, wie zum Beispiel im Fall von Asia Bibi. Kümmern Sie sich um weitere Fälle wie Amal Fateh! Weiter so! Und machen Sie es – je länger, desto besser – im Sinne der für uns manchmal so selbstverständlich erscheinenden Menschenrechte.

Danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7293082
Wahlperiode 19
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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