21.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 64 / Tagesordnungspunkt I.11

Dennis RohdeSPD - Verteidigung

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Sehr geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist jetzt die vierte Debatte in diesem Jahr über den Einzelplan 14, den Einzelplan des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Kollege Klein hat gerade viel Redezeit darauf verwendet, über das Thema Beraterverträge zu reden. Dieses Thema hat uns als Haushälter, aber auch die Verteidigungspolitiker in den letzten Wochen intensiv beschäftigt. Dieses Thema wird uns in dieser Woche wieder in Sondersitzungen beschäftigen. Dazu gab es in der letzten Plenardebatte eine Aktuelle Stunde. Deshalb möchte ich nur die Eckpunkte meiner Fraktion zu diesem Thema nennen.

Wir differenzieren zwischen zwei Fragestellungen, um die es geht. Zum einen geht es um die juristische Frage. Wurde mit Vorsatz, wurde wissentlich und willentlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vergaberecht gebrochen? Das ist die Frage, die nun im Mittelpunkt des Aufklärungsinteresses stehen sollte und in Ihrem Hause auch im Mittelpunkt steht. Das ist die eine Frage, über die wir diskutieren, mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen: Warum konnte das passieren? Wie schaffen wir es eigentlich, solche Vergaberechtsverstöße in Zukunft zu verhindern? Ich sage für meine Fraktion gerade mit Blick auf die Truppe und diejenigen, die sich penibel an Recht und Gesetz halten müssen und das auch tun: Sämtlicher Anschein muss an dieser Stelle am Ende ausgeräumt sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben der juristischen Frage gibt es zum anderen eine politische Debatte, die – auch aufgrund der Bundesrechnungshofberichte – aufgekommen ist. Bisher mussten aufgrund der Beschlusslage des Haushaltsausschusses nur diejenigen Verträge gemeldet werden, die eine Beratertätigkeit zum Gegenstand hatten, nicht aber der volle Einsatz externer Dritter. Die Definition des Haushaltsausschusses ist dabei so eng, dass im Jahr 2016 Beraterdienstleistungen, wenn ich die Zahlen des Rechnungshofberichts als Grundlage nehme, im Wert von 2,9 Millionen Euro in Anspruch genommen wurden. Allerdings wurden in der Gesamtheit Leistungen externer Dritter im Wert von 150 Millionen Euro in Anspruch genommen. Die politische Debatte, die sich daraus ergibt, ist: In welchem Umfang wollen wir eigentlich den Einsatz externer Dritter – die Ersetzung von Beamten in hoheitlichen Aufgaben – hinnehmen? Die Position meiner Partei ist deutlich und klar. Wir wollen die Mitarbeiterstruktur stärken. Wir sind der Meinung, dass Externe immer nur die absolute Ausnahme und nicht fester Bestandteil des Systems sein dürfen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte an dieser Stelle eines deutlich machen. Wir reden – auch in den letzten Tagen – viel über unser Beschaffungsamt, das BAAINBw. Wir reden immer auch über das Beschaffungsamt, wenn Dinge nicht funktionieren. Wenn Schiffe nicht schwimmen, wenn Panzer nicht rollen, wenn Flugzeuge nicht fliegen, wenn keine Ersatzteile vorhanden sind, dann reden wir zumindest implizit immer auch über das BAAINBw. Wenn wir über das BAAINBw reden, reden wir natürlich auch über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort. An dieser Stelle muss man – der Kollege Brandl hat das gerade gemacht – eines deutlich hervorheben: Das Problem sind nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAAINBw. Sie sind Teil der Lösung.

(Beifall bei der SPD)

Die Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind, leisten unter den ihnen gegebenen Umständen eine hervorragende Arbeit. Sie geraten dabei nur an faktische Grenzen. Über diese Grenzen müssen wir diskutieren. Da geht es um das, worüber wir in dieser Debatte immer reden, nämlich um die Mitarbeiterausstattung, um die Frage, wie wir es endlich schaffen können, die freien Dienstposten, die es dort gibt, zu besetzen. Wir reden dabei auch über Probleme im Vergaberecht, bei dem wir wesentlich restriktiver sind als andere europäische Länder und die Möglichkeiten, die uns die europäischen Regelungen bieten, nicht nutzen. Wir reden darüber, dass es nur bedingt möglich ist, Vertragsstrafen auszusprechen, was dann schon mit einkalkuliert wird, und dass uns auf der anderen Seite hochspezialisierte Kanzleien gegenüberstehen.

Deshalb, finde ich, müssen wir, wenn wir über Problemlösungen reden, darüber reden, wie wir die Behörde BAAINBw stärken können, etwa indem wir uns zum Beispiel über die Probleme im Vergaberecht unterhalten und diese Probleme angehen. Als Haushaltsausschuss haben wir ganz konkret beschlossen, dass der Überwasserschiffbau Schlüsseltechnologie werden soll, um auch dort das Vergabeverfahren zu vereinfachen.

Ich finde, man muss darüber diskutieren, ob das BAAINBw wieder Einstellungsbehörde werden kann und selbst um Personal werben kann. Ich finde, man muss darüber diskutieren, ob es wirklich sinnvoll ist, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit nautischem Hintergrund in Koblenz zu suchen, oder ob es nicht eher darum gehen muss, das Marinearsenal zu stärken oder ein zusätzliches Marinearsenal aufzubauen; denn Mitarbeiter, die eine Affinität zur Küste haben, findet man eher an der Küste. Wir müssen zum Beispiel darüber diskutieren, ob man nicht kleine und mittlere Unternehmen bei Ausschreibungen wesentlich besser berücksichtigen kann.

Ich will daher zusammenfassen: Das Problem sind ausdrücklich nicht die Mitarbeiter, es sind die Rahmenbedingungen, und die Rahmenbedingungen zu verändern, das ist unsere Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Es geht in dieser Debatte nicht um die Rechtsform. Wenn wir über die Reform des BAAINBw sprechen, kommt immer wieder die Frage, wie wir das BAAINBw denn rechtlich in Zukunft aufstellen wollen. Ich habe es sehr begrüßt, dass der Kollege Wadephul in der letzten Debatte deutlich gemacht hat, dass die Union keine Privatisierung will. Auch wir wollen keine Privatisierung. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal dieser Koalition an die Beschäftigten in Koblenz, etwas, was ihnen wahrscheinlich einen großen Teil der Sorgen nehmen wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])

Ja, der Haushalt 2019, er wächst auf. Er wächst auch deswegen auf, weil wir als Parlament eine Verantwortung gegenüber einer Parlamentsarmee haben, nämlich die Verantwortung, die Soldatinnen und Soldaten, die die Aufgaben erfüllen, die wir ihnen übertragen, so auszustatten, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben auch ausführen können. Da gibt es Defizite, um die man nicht herumreden muss, Defizite, die immer wieder zutage treten. Nehmen wir zum Beispiel die VJTF, die nur deswegen überhaupt arbeitsfähig ist, weil wir das Material aus der ganzen Truppe zusammenholen. Ich finde, das ist ein unhaltbarer Zustand, ein Zustand, an den wir zur Aufstellung der nächsten VJTF unbedingt ranmüssen, den wir nicht tolerieren können.

Es gibt Lücken der letzten Jahre. Es gibt Lücken, die sich aus der Friedensdividende ergeben haben. Wir halten nicht mehr die Ersatzteile vor, die wir vorhalten müssen. Wir haben Defizite in der Instandsetzung. Es gibt Herausforderungen, die Geld kosten. Auch das ist einer der Gründe, warum dieser Haushalt so aufwächst.

Er wächst so auf, wie wir Sozialdemokraten es gesagt haben, nämlich orientiert an konkreten Projekten und nicht orientiert an irgendwelchen NATO-Quoten. Wir haben konkrete Projekte definiert, zum Beispiel den schweren Transporthubschrauber, dessen Notwendigkeit, glaube ich, keiner ernsthaft infrage stellen kann und der übrigens nicht nur für Auslandseinsätze genutzt wird und genutzt wurde, sondern auch oftmals bei humanitären Katastrophen zum Einsatz kam. Wir diskutieren über zukünftige Bedarfe, weil wir nicht warten wollen, bis Obsoleszenzen eingetreten sind. Dieser Haushalt ist ein klares Bekenntnis zum Mehrzweckkampfschiff 180, weil wir nicht warten wollen, bis die momentan vorhandenen Fregattenklassen obsoleszent sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, der Haushalt wächst auf, aber 19 Milliarden Euro dieses Haushalts sind Personalkosten, 5 Milliarden Euro dieses Haushalts sind für die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten vorgesehen. Ich glaube, mit dem restlichen Geld, gerade im Rüstungsbereich, gehen wir wichtige konkrete Projekte an, die keine Aufschiebung erfahren dürfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächstes spricht Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 19
Session 64
Agenda Item Verteidigung
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