21.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 64 / Tagesordnungspunkt I.11

Siemtje MöllerSPD - Verteidigung

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherheit ist ein hohes Gut. Unsere Sicherheit liegt in Europa, in der NATO und natürlich auch in unseren eigenen Verteidigungsfähigkeiten, und es ist richtig, für diese staatliche Aufgabe Geld auszugeben – ich möchte betonen: sinnvoll auszugeben.

Es wurde zu einzelnen Projekten schon viel gesagt. Ich freue mich natürlich besonders über die positive Entscheidung zum Mehrzweckkampfschiff. Diese Bemerkung darf ich mir als Abgeordnete für Wilhelmshaven erlauben. Aber ich möchte noch einen anderen Aspekt beleuchten, der bisher noch nicht zur Sprache kam: Unsere Bundeswehr ist als Parlamentsarmee fest in der Bevölkerung verwurzelt. Damit geht quasi ein Bildungsauftrag der Bundeswehr einher, der Auftrag, eine kritische gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Streitkräften zu ermöglichen. Dies erfolgt auch über die Museen, beispielsweise das Militärhistorische Museum in Dresden, das Deutsche Panzermuseum Munster und das Deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ach!)

Über diese Museen bekommt die Gesellschaft einen Zugang zur Bundeswehr und auch ein Stück weit Zugang zur eigenen Geschichte.

Besonders freue ich mich deshalb darüber, dass auch das Deutsche Marinemuseum in Wilhelmshaven gefördert wird. Das Museum setzt sich mit den Marinen und ihrer 170-jährigen Geschichte auseinander und beleuchtet sie auch kritisch – ich möchte das betonen, weil es ja immer wieder Nachfragen von der Linken gibt. 2017 besuchten fast 125 000 Personen dieses Museum. Es zeigt sich: Die Marinen und ihre Geschichte faszinieren, das Museum begeistert mit seiner in Europa tatsächlich einmaligen Sammlung. Die Güte der Ausstellungen, der Bildungsauftrag der Bundeswehr – nach innen und außen – und die hohen Besuchszahlen machen also deutlich: Es ist absolut richtig, dass der Bund dieses Haus finanziell unterstützt.

Sicherheit ist ein hohes Gut, für das wir auch bereit sind, viel Geld auszugeben. Mir ist wichtig, dass dieses Geld nicht verschwendet wird. Dafür trägt der Staat die Verantwortung. Angesichts der neuesten Erkenntnisse der letzten Tage und Wochen über die Beraterverträge und Unterstützungsleistungen beim Verteidigungsministerium ist mir eines klar geworden: Es gibt nicht nur den Anschein einer zu großen Nähe zwischen Beratungsfirmen und Beamten des Ministeriums. Schon diesem Anschein müsste durch maximale Transparenz des Ministeriums entschieden entgegengewirkt werden. Aber nein, es gibt nicht nur diesen Anschein – es gibt aus meiner Sicht schlicht zu viele externe Dritte im Ministerium.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])

Ich finde, das Geld, das wir im Haushalt für den Bereich Verteidigung veranschlagt haben, darf nicht für unnötige Beratung ausgegeben werden, sondern sollte da ankommen, wo es benötigt wird: bei Ausrüstung und Ausstattung der Bundeswehr.

Klar ist – auch das ist in den letzten Wochen deutlich geworden –: Der Beschaffungsprozess ist so, wie er ist, viel zu langwierig. Er kostet zu viel Zeit und auch zu viel Geld. Das dient weder unseren Soldatinnen und Soldaten noch unserer Sicherheit. Und: Es ist richtig, hierauf ein besonderes Augenmerk zu richten.

Für mich ist auch klar: Beschaffungen sind ureigene Aufgabe eines souveränen Staates. Das Zusammenspiel zwischen Industrie und Beschaffungsamt, zwischen Privat und Staat muss dahin gehend verbessert werden, dass der Prozess insgesamt schneller, effizienter und termintreuer wird – aber unter Federführung des Staates. Wir, die SPD-Fraktion, stellen uns klar gegen jegliche Privatisierungstendenzen, was ja auch schon betont wurde.

(Beifall bei der SPD)

Es sind nicht das Amt und auch nicht der Charakter eines Amtes und schon gar nicht die dort Beschäftigten, die die Probleme verursachen, sondern es ist die Behäbigkeit des Prozesses an sich. Mir wäre es in diesem Zusammenhang auch viel lieber, wir würden die finanziellen Mittel nutzen und den Personalaufwuchs im BAAINBw oder in anderen nachgelagerten Behörden vorantreiben, als diese Mittel für externe Dritte zu verwenden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der umständliche Beschaffungsprozess treibt mich um, insbesondere weil ich vor Ort immer wieder angesprochen werde, es fehle an diesem oder jenem handelsüblichen Stückgut. Die Beschaffungen dauern immer viel zu lang, oft viele Monate mit unzähligen Bewilligungsvordrucken. Deswegen möchte ich vorschlagen, dass Standortkommandeure ein eigenes, überschaubares Budget bekommen, um kleine Beschaffungen direkt veranlassen zu können, vielleicht mit einer Positivliste hinterlegt.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Martin Hohmann [AfD] – Heiterkeit bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn es monatelang dauert und die Verantwortlichen etliche Begründungen für Kleinstanschaffungen wie beispielsweise Beamer oder Bürostühle liefern müssen, sinkt nicht nur die Motivation, sondern es steigt auch der Frust über die Bürokratie.

(Anhaltende Heiterkeit bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ich freue mich, dass ich anscheinend für so viel Erheiterung gesorgt habe.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Das mit dem Taschengeld war so nett gemeint!)

Es kann nicht sein, dass man auf einen so offensichtlichen Bedarfsgegenstand wie beispielsweise einen Beamer, der – das muss man, wenn man ehrlich ist, einräumen – zur Grundausstattung von modernen Vortragsräumlichkeiten gehört, Monate warten muss. Ich finde, ein solches Budget dient der Dezentralisierung des Beschaffungsprozesses und der Entbürokratisierung. Das dient einerseits unserer Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten, und andererseits bringt es zum Ausdruck: Wir vertrauen euch, dass ihr als Standortkommandeure, also als Führungskräfte, in eurer Führungsposition wisst, wo der Schuh drückt bzw. der Beamer nötig ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ein besonders markantes Beispiel für Optimierungspotenzial bei den Infrastrukturmaßnahmen ist der Flughafen in Wittmund. Er braucht schon seit Jahren, fast Jahrzehnten, eine Generalüberholung. Als ein Beispiel von vielen macht dies deutlich: Infrastrukturmaßnahmen brauchen einfach zu lange. Auch hier wünsche ich mir eine Beschleunigung der Prozesse, eine Verbesserung des Zusammenwirkens der unterschiedlichen beteiligten staatlichen Stellen und Ministerien; denn hier werden Projekte und Prozesse tatsächlich über viele Jahre – nicht willentlich, aber doch über die Zeit – verschleppt.

Ich fasse zusammen. Wir müssen das Geld angemessen ausgeben. Wir müssen die Prozesse adäquat überprüfen und optimieren. Das müssen wir tun, weil es für unsere Soldatinnen und Soldaten und auch für unser Land gut ist. Wir als SPD-Fraktion stellen uns klar hinter diesen Einzelplan und werden uns weiterhin konstruktiv in die Diskussion einbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächstes spricht Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann für die FDP.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7293101
Wahlperiode 19
Sitzung 64
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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