Christoph HoffmannFDP - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Liabe Lüt! Das sagt man bei uns im Südbadischen und hat damit alle, aber auch wirklich alle Geschlechter begrüßt.
(Heiterkeit bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Minister präsentiert uns hier einen Haushalt mit einem ordentlichen Mittelaufwuchs. Das ist nach den dramatischen Aufrufen der letzten Wochen sicher ein Erfolg für Sie persönlich. Also, Sie sind ein wirklich guter Fundraising-Campaigner, wie man heute sagen würde.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Es ist aber ein Haushalt nach dem Vorbild des Ablasshandels: Zahle, fühle dich gut und frage nicht, was wirklich hinter den Kulissen passiert.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Volker Münz [AfD])
Der Minister reagiert auf Kritik. So hat er für jede Kritik an der Bundesregierung sofort eine Sonderinitiative parat. Er entkräftet die Kritik mit einer schönen Kulisse, mit einem schönen Gemälde: Mehr Geld obendrauf und alles ist gut. – Herr Minister Müller ist der beste Kulissenmaler der Großen Koalition. Beim Murren des Volkes über die Flüchtlingskrise zaubert er einen Marshallplan mit Afrika hervor. Abschiebeprobleme löst er mit weiterem semantischem Mumpitz
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mumpitz!)
wie der Sonderinitiative „Perspektive Heimat“.
Aber was ist hinter den Bildern und Kulissen? Ein schwarzes Loch und maximal ein Schattenhaushalt. Wenn Sie mal die Haushaltsmittel zusammenzählen, stellen Sie fest, dass Sie am Ende des Tages nur noch 30 Prozent aller Mittel für Afrika ausgeben – und das wollten Sie ja eigentlich in den Fokus nehmen. Das kann und darf es nicht sein.
(Beifall bei der FDP)
Beim genauen Blick auf die „Perspektive Heimat“ – ich habe mir ein solches Projekt im Irak angesehen – kann ich nur sagen: Das ist wirklich verschwendete Zeit, verschwendetes Geld. Das macht so, wie es da durchgeführt wird, wirklich keinen Sinn.
Es wird immer mehr Geld für mehr Umsatz im Ministerium gefordert. Mehr Geld wurde auch von Ihnen, Herr Körber – wir haben es gerade gehört –, wieder gefeiert. Mehr Geld ist toll – Stichwort: ODA-Quote usw. –, aber Umsatz kann doch kein Ziel sein. Wir brauchen Ergebnisse. Dazu fehlen die sachlichen Ziele auf einer klaren Zeitschiene. Sonst ist doch überhaupt kein Steuern eines 10-Milliarden-Euro-Haushaltes mehr möglich.
Ich mache Ihnen mal einen Vorschlag, wie das ausschauen könnte: Wenn Sie innerhalb von zehn Jahren 500 Millionen Hektar Wald für den Klimaschutz etablieren, wäre das wirklich was Konkretes, was zum Anfassen, was auch die Bürger verstehen würden. Sie hätten etwas Sinnvolles gemacht, und es wäre glatt gesteuert.
(Beifall bei der FDP)
Die Kanzlerin hat heute Morgen sehr viel mehr Multilateralität gefordert. Das haben wir Freie Demokraten in jeder Haushaltsdebatte vom Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls immer gefordert. Leider auch hier: eine schöne Kulisse. Der Haushalt hat nur etwa 30 Prozent multilaterale Mittel vorgesehen; der Rest ist bilateral.
Schauen wir uns doch die Welt an: Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung haben hier im Haus alle gefeiert; die wollen Sie bis 2030 umsetzen. Aber so ungesteuert wie dieser Haushalt daherkommt, werden wir das nie und nimmer schaffen. Das war doch eigentlich das Ziel.
Das Ministerium hat keinen wirklichen Vorschlag für die Ärmsten der Armen. In Subsahara-Afrika liegen die wirklichen Entwicklungsprobleme. Die asiatischen Länder haben sich selbst aus der Armut herausgearbeitet, weniger mit Staatsgeldern der Entwicklungszusammenarbeit, sondern mehr durch stabile Regierungen und durch Schwerpunktsetzung auf Bildung, Marktwirtschaft und Zukunftsorientierung, also im Grunde durch die Umsetzung dessen, was man Good Governance nennt. Daran fehlt es in vielen Staaten Subsahara-Afrikas. Und ohne Good Governance werden all diese Sonderinitiativen – und mögen es noch ein paar mehr sein, Herr Müller – und die vielen BMZ-Gelder keinen Erfolg haben können.
Wir brauchen deshalb mehr Good Governance in Subsahara-Afrika. Wie erreichen wir das? Das können wir nur durch gemeinsame Anstrengungen Europas in der Außenpolitik erreichen. Wir brauchen hier Kohärenz und Konsequenz. Wir brauchen mehr Zusammenarbeit mit den Europäern in Prävention und Krisenbewältigung, so wie Macron das am Sonntag in einer bewegenden Rede hier in diesem Haus gefordert hat. Mit der Dynamik und Emotionalität, mit der er hier aufgetreten ist, hat er gezeigt, wie man Europa voranbringen kann. Ich wünsche mir, dass so etwas auch von diesem Haus, von deutschen Führungskräften einmal kommen würde.
(Beifall bei der FDP)
Es braucht in der EU neue Kräfte, neue Dynamiken, neue Ideen und neue Formate und keine Kanzlerin, deren Amtszeit ausläuft, sondern eher so einen Typen wie Macron.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das fragen Sie mal die Franzosen!)
Die Kanzlerin wird die EU nicht mehr einen, sie ist doch selbst Teil der Krise. Die Kanzlerin kann die EU nicht mehr zu dem gemeinsamen internationalen Druck bewegen, den es braucht, um Good Governance in Subsahara-Afrika voranzubringen. Deshalb ist es auch wichtig, dass die EU hier voranschreitet.
Wir brauchen eine neue Generation und kein weiteres Gewürge in den nächsten drei Jahren. Nur wenn die EU die Kraft hat, zusammenzustehen, und Despoten auch nicht mehr ansatzweise unterstützt, werden wir Armut und Migration durch eine gute wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung begrenzen können. Denn dann, und erst dann, kann die Privatwirtschaft investieren.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Sonja Amalie Steffen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293120 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |