Helin Evrim SommerDIE LINKE - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Entwicklungsminister Müller! Die Bundesregierung will mit einem neuen Förderkatalog 180 Länder unter die Lupe nehmen. Demnach soll es nur Unterstützung für Länder geben, die Korruption bekämpfen, die Menschenrechte einhalten und rechtsstaatliche Strukturen schaffen.
(Beifall des Abg. Peter Stein [Rostock] [CDU/CSU])
Wenn das die Kriterien sind, dann können vielleicht noch Schweden und Finnland Entwicklungsgelder von uns beantragen. Alle anderen qualifizieren sich erst gar nicht dafür. Ist das wirklich so gewünscht, Herr Minister?
Die Vereinten Nationen haben uns bereits 1972 einen Richtwert gegeben. Die reichen Länder sollen 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe ausgeben. Sie feiern sich heute für die Erhöhung des Entwicklungsetats, meine Damen und Herren. Wir kommen aber damit nur auf knapp 0,5 Prozent und bleiben immer noch unter dem UN-Wert von 0,7 Prozent; das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber ich will einen Schritt vorher ansetzen; denn für Die Linke sind insbesondere drei Punkte wichtig: erstens humanitäre Hilfe, zweitens Ausbildung vor Ort und drittens gemeinsame Projekte mit unseren Partnern.
Zu Punkt eins: humanitäre Hilfe. Für Menschen in Not, für Opfer von Verfolgung und Bürgerkrieg müssen wir humanitäre Hilfe leisten. Hier geht es um ganz grundsätzliche Menschenrechte, Zelte, Decken, Wasser, Reis, Medikamente. Das ist für uns nicht verhandelbar, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu Punkt zwei. Ich möchte mich für das starkmachen, was Deutschland eigentlich am besten kann: Ausbildung in Handwerk, Technik und Landwirtschaft. Deutsche Fachhochschulen können in Entwicklungsländern Elektriker, Wasseraufbereiter, Krankenschwestern ausbilden. Nur so können wir die regionale Wirtschaft stärken und die Fluchtursachen bekämpfen, meine Damen und Herren. Denn niemand auf dieser Welt flieht freiwillig auf einen anderen Kontinent.
(Beifall bei der LINKEN)
Der dritte Punkt: gemeinsame Projekte mit unseren Partnern. Vor etwa zwei Wochen war ich mit einer Gruppe Abgeordneter in Ägypten. Dort traf ich einen Kardiologen, der als der ägyptische Experte für Herzerkrankungen gilt. Er sprach perfekt Deutsch, weil er in Deutschland studiert hatte. Nach seiner Rückkehr nach Ägypten baute er ein Gesundheitszentrum in einem Armenviertel bei Kairo auf. Es ist ein ägyptisches Gesundheitszentrum, das durch deutsche Gelder unterstützt wurde. Das ist tausendmal besser, als wenn wir ein deutsches Krankenhaus hinstellen und sagen: Nun operiert mal schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, noch einmal zur Erinnerung: Die Koalition hat eigentlich eine Eins-zu-eins-Koppelung vereinbart. Das heißt, dass die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit genauso steigen sollen wie die Ausgaben für Verteidigung. Tatsächlich aber wächst der Verteidigungsetat im Vergleich zum Entwicklungsetat um das Sechsfache. Meine Frage: Herr Minister Müller von der CSU, warum lassen Sie sich immer wieder von einem sozialdemokratischen Bundesfinanzminister so unterbuttern? Diese Frage müssen auch Sie sich einmal stellen.
(Beifall bei der LINKEN)
Also: erstens humanitäre Hilfe, zweitens Ausbildung vor Ort, drittens Projekte mit unseren Partnern und das mit 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens – so kann eine gute Entwicklungszusammenarbeit aussehen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächstes spricht zu uns die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293301 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |