Michael Georg LinkFDP - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das BMZ und Deutschland insgesamt leisten eine ganz beeindruckende Zahl von Einzelprojekten. Mein Vorvorredner hat vielleicht, ohne es zu wollen, daran erinnert, wie extrem viel die deutsche Entwicklungszusammenarbeit für die Schwächsten der Schwachen tut.
(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das hier in den Zusammenhang zu stellen, wie Sie es getan haben, und es sozusagen lächerlich zu machen, das ist unter der Würde des Hauses.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Klar ist doch auch, dass diese ganzen Einzelprojekte – egal, wie man vielleicht zu einem einzelnen Aspekt hier oder da steht – entscheidend wichtig sind zur Fluchtursachenbekämpfung.
(Stephan Brandner [AfD]: Nein!)
Sie sind wichtig, weil sie die Schwächsten der Schwachen stärken, weil sie sie ernst nehmen in ihrer Menschenwürde und weil sie sie auch ernst nehmen in ihrem Anderssein in Staaten, in denen sie oft unterdrückt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Deshalb: Ja, danke an all die, die für uns in der Entwicklungszusammenarbeit und als Mitarbeiter in der Entwicklungshilfe tätig sind – im weitesten Sinne bei der GIZ, der KfW oder im Ministerium. Danke auch an Ihr Team, Herr Minister, aber auch Dank an die Kolleginnen und Kollegen Mitberichterstatterinnen und Mitberichterstatter. Wir haben heute viel Wichtiges gesagt. Unser Hauptberichterstatter, Herr Leutert, ist heute leider krank. Es war ein gutes Miteinander.
Dass wir als FDP heute dennoch sehr viele kritische Sachen zum Haushalt als solchem zu sagen haben, hat aus unserer Sicht den Grund – Sie wissen es –, dass es, gerade weil es so viel Geld ist, in vielen Bereichen ein Haushalt verpasster Chancen ist. Sie haben es verpasst, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass mehr Finanzmittel für die Entwicklungszusammenarbeit auch wirklich mehr bewirken – Stichwort „Vernetzter Ansatz“, Stichwort „Evaluierung“, was heute noch gar nicht angesprochen wurde. Sie haben es verpasst, die Schattenhaushalte im BMZ aufzulösen. Schlimmer noch: Sie haben sie weiter ausgebaut. Sie haben es verpasst, die massiven Aufwüchse auch wirklich in multilaterale Initiativen zu kanalisieren.
In der Bereinigungssitzung wurde einiges besser; das ist von Kollegin Hajduk und Kollegin Steffen zu Recht gesagt worden. Dazu kam es aber aufgrund des Drucks des Ausschusses. Es ist ganz wichtig, immer wieder zu sagen, dass für uns von Regierungsseite aus deutlich zu wenig in multilaterale Initiativen – insbesondere in UN-Initiativen – gesteckt wird.
Chancen gab es in diesem Jahr wirklich jede Menge; denn der Haushalt knackt die 10-Milliarden-Euro-Marke, und in der Tat erfordern die Entwicklungen in der Welt ja auch ein stärkeres Engagement Deutschlands.
Im Namen meiner Fraktion möchte ich deshalb noch mal ganz deutlich sagen: Uns sollte bewusst sein: Mehr Geld bewirkt nicht zwangsläufig auch mehr. Die zusätzlichen Gelder müssen sinnvoll eingesetzt werden. Ein so starker Aufwuchs wie im BMZ muss also besser abgestimmt werden, als das in der Bundesregierung heute der Fall ist. Wir sehen eine regelrechte Geldschwemme im Etat des BMZ und einen bunten Strauß an Maßnahmen, die im Einzelfall oft richtig, aber zu wenig abgestimmt sind.
Ganz unverständlich ist zum Beispiel, wieso das BMZ noch mehr Gelder für Projekte innerhalb Deutschlands einsetzen wird, zum Beispiel für Tagungen oder für – Sie hören richtig – den Bau eines Veranstaltungsortes in Berlin. Hier entfalten unsere Mittel doch die geringste Wirkung.
(Beifall bei der FDP)
Nun finanziert das BMZ für 10 Millionen Euro sogar auch Projekte des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Das ist mehr als nur mangelnde Haushaltsklarheit. Hier fehlt eine klare Zuschreibung von Aufgaben und Kompetenzen, und das meinen wir, wenn wir immer wieder von einem vernetzten Ansatz sprechen.
(Beifall bei der FDP)
Bei den drei Hauptakteuren dabei, BMZ, Auswärtiges Amt, Verteidigungsministerium: Wo ist der wirklich vernetzte Ansatz? Denn er wird in der Bundesregierung zurzeit nur sehr schleppend gelebt. Uns wird hier was angekündigt, uns wird da was angekündigt; keiner will Kompromisse eingehen. Das Resultat: Gelder werden leider verschwendet. In den Projektländern weiß die rechte Hand oft nicht, was die linke tut, weil die Anschlussfähigkeit fehlt.
Von einer gemeinsamen Evaluierung ist überhaupt noch nicht die Rede. Dabei ist es doch in unser aller Interesse, dass, wenn wir schon mehr Geld ausgeben, es auch besser evaluiert wird – Stichwort „Wirkungsorientierung“. Wir haben dazu Anträge gestellt, die von der Koalition abgelehnt wurden. Ergebnis: Chance verpasst!
Nicht nur innerhalb der Bundesregierung wollen wir mehr Vernetzung, auch nach außen wäre deutlich mehr zu tun, zum Beispiel abgestimmt mit den Partnern in Europa. Wir haben es heute sehr wohl gehört, Herr Minister, und wir werden Sie gerne dran erinnern.
Unserer Meinung nach sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache. Die Schere zwischen den Geldern für die bilaterale und die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit geht weiter auf. Das zeigen die Zahlen deutlich. Deshalb müssten wir doch umso mehr gezielt multilateral agieren, um weltweit Bildung zu fördern, um in Afrika verstärkt Familienplanung zu ermöglichen – dort, wo es dringend erforderlich wäre – und um den besten CO 2 -Speicher zu schützen, den wir haben, den Regenwald.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. – Die vielen zusätzlichen Gelder hat die GroKo aber leider lieber in Schattenhaushalte im BMZ investiert, in die sogenannten Sonderinitiativen. Für diese wird mittlerweile 1 Milliarde Euro – ein Zehntel des gesamten Haushaltes – aufgewandt. Ergebnis: Viel Geld ausgegeben, Chance aber verpasst!
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Ich wundere mich, dass die Tatsache, dass das Ministerium 10 Prozent seiner gesamten Gelder in Schattenhaushalte steckt, von den Haushältern der Koalition mitgemacht wird. Ich glaube, wenn das in einem anderen Etat der Fall wäre, würde man das nicht machen; denn das verleitet geradezu – –
(Das Mikrofon wird abgeschaltet)
Herr Kollege, ich habe Ihnen gerade das Wort entzogen.
Dann müssen wir einen anderen Weg gehen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Als Nächstes für die Fraktion Die Linke die Kollegin Eva-Maria Schreiber.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293309 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 64 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |