Bärbel BasSPD - Gesundheit
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Gesundheitspolitikerin kann ich sagen, dass wir die vergangenen acht Monate wirklich sehr gut genutzt haben. Ich freue mich immer wieder, dass die Union uns dankbar ist, dass wir die Parität durchgesetzt haben.
(Beifall bei der SPD – Zurufe des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU])
Denn damit haben wir in der Tat viele Haushalte finanziell entlasten können, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Rentnerinnen und Rentner. Insofern finde ich es sehr gut, dass wir Sie da überzeugt haben. Ich bin auch dankbar, dass Sie uns dafür loben.
(Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Da brauchten Sie uns nicht zu überzeugen!)
– Das hat Sie überzeugt. Finde ich super!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Der Bereich Pflege ist heute schon mehrfach angesprochen worden. Natürlich dürfen wir bei dem, was wir bisher beschlossen haben, nicht stehen bleiben. Aber was Sie, Frau Zimmermann, unterstellt bzw. gesagt haben, ist nun einmal nicht richtig. Die Gesetze, die wir jetzt gemacht haben, belasten keine Angehörigen oder Pflegebedürftigen zusätzlich.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Natürlich!)
Wir haben ja gerade die 13 000 Stellen im Bereich der medizinischen Behandlungspflege herausgerechnet. Deshalb ist es eine Unterstellung, zu sagen, dass die Gesetze, die wir jetzt gemacht haben, dazu führen würden, dass die Angehörigen oder die Pflegebedürftigen stärker belastet werden. Das ist einfach falsch.
(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich muss bedauerlicherweise doch noch einmal auf die AfD-Fraktion eingehen, damit wenigstens bei denen, die zuhören, Klarheit herrscht. Frau Malsack-Winkemann hat das Thema HIV angesprochen.
(Jürgen Braun [AfD]: Mit Daten vom Robert-Koch-Institut!)
– Ja, ich komme zu den Daten. – Sie hat unterstellt, dass die Behandlung pro Fall circa 500 000 Euro kostet. Jetzt kenne ich zum Beispiel eine Studie der Universität Duisburg-Essen, die besagt, dass die Kosten pro Jahr nur 19 103 Euro betragen. Irgendetwas passt da also nicht. Ich weiß nicht, ob Sie sich die Fakten gerne selber zurechtlegen. Die Zahlen sind jedenfalls andere; denn eine HIV-Infektion verursacht in erster Linie noch gar keine Kosten, um das auch einmal klarzumachen.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Malsack-Winkemann?
Erst mache ich den Punkt zu Ende. Danach kann sie gerne fragen. Denn ich war mit den Ausführungen zu dem, was sie gesagt hat, noch nicht fertig. Dann kann sie gleich fragen.
Die Zahlen sind eindeutig. Eine Infektion verursacht erst einmal keine Kosten, sondern erst eine Erkrankung, die dann möglicherweise folgt, an Aids. Aber die Kosten sind nicht so hoch, wie Sie unterstellen. Dazu gibt es auch Studien. Diese würde ich jetzt einmal zitieren, und dann können wir uns am Ende gerne darüber streiten.
Ein Punkt ist: Die Gesamtausgaben der GKV für den Bereich HIV/Aids betragen 1,5 Milliarden Euro. Das sind, um das einmal einzuordnen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, 0,7 Prozent des Gesamthaushaltes. Das Problem Diabetes verursacht 35 Milliarden Euro an Kosten. Jetzt frage ich mich: Wo waren eigentlich Ihre Vorschläge, um das Gespräch einmal auf das Thema Diabetes, die Volkskrankheiten, die wir haben, zu bringen?
(Hilde Mattheis [SPD]: Richtig!)
Darum kümmern Sie sich nämlich gar nicht. Das interessiert Sie auch nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie interessieren bestimmte Randthemen, die Sie zu einem Wahnsinnsthema hochstilisieren. Die Menschen glauben es hoffentlich nicht, weil die Fakten andere sind. Ich hätte mir neben Ihren Zahlen, die Sie hier permanent referieren, einmal gewünscht, dass Sie sagen, wie Sie denn die Gesundheitsprobleme lösen wollen.
Ich sage einmal: Diabetes – das wird der Kollege Monstadt sicherlich gleich noch einmal ansprechen – ist eine Volkskrankheit, mit der man sich in Ihrer Fraktion einmal auseinandersetzen sollte.
(Beifall bei der SPD)
Lassen Sie die Frage jetzt zu?
Jetzt darf sie mich gerne dazu befragen.
Jetzt dürfen Sie die Frage stellen, Frau Kollegin. Bitte schön.
Mich würde interessieren, wo Sie Ihre Zahlen herhaben.
(Kersten Steinke [DIE LINKE]: Hat sie doch gerade gesagt, wo sie sie herhat!)
Ich habe meine Zahlen aus Auskünften des Gesundheitsministeriums von 2018. Darin ist die Zahl pro Patient für Aids, also HIV, mit 500 000 Euro angegeben worden – vom Gesundheitsministerium selbst. Sie können das entsprechend nachlesen in Zahlen aus dem Jahr 2018. Dort ist es genau so geschrieben worden.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meinen Sie denn? HIV oder Aids?)
– Ich habe den Gesamtbetrag genannt. Der ist dort nachzulesen. Sie können es gerne tun. Von daher würde mich Ihre Studie interessieren, woher Sie die anderen Zahlen haben.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was meinen Sie denn? HIV oder Aids?)
Ich habe den Lebensbetrag gehabt, und dieser Lebensbetrag sind diese 500 000 Euro.
(Zuruf von der AfD: Die hatten den Jahresbetrag!)
Insofern sind die Zahlen auch nicht vergleichbar, da Sie den Jahresbetrag genannt haben. Insoweit vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Oder sehen Sie das anders?
(Beifall bei der AfD)
Frau Kollegin Bas, wollen Sie das beantworten?
Ich vergleiche nicht Äpfel mit Birnen, sondern eine Studie der Universität Essen-Duisburg stellt fest, dass pro Kopf, pro Patient, pro Jahr Kosten in Höhe von 19 000 Euro entstehen.
(Zurufe von der AfD)
– Sie haben von HIV-Kosten gesprochen. Sie haben jetzt gerade selber klargestellt, was ich übrigens gut finde, dass es um die Gesamtkosten geht. Sie haben aber in Ihrem Beitrag über HIV-Infektionen gesprochen, die irgendwelche Flüchtlinge mitbringen. Insofern haben Sie das vermengt. Ich habe gesagt: Es ist schon ein Unterschied, ob ich über HIV oder Aidserkrankung insgesamt spreche. Ich habe trotzdem – dabei bleibe ich – von Ihnen keinen Vorschlag gehört, wie Sie den Menschen, die mit HIV infiziert oder an Aids erkrankt sind, helfen wollen. Wir haben im Haushalt eingestellt, dass wir sowohl die Prävention als auch die Behandlung stärken, damit wir die Menschen nicht diskriminieren, so wie Sie das tun, sondern ihnen helfen. Das ist der entscheidende Unterschied.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will meine letzten zwei Minuten Redezeit dazu nutzen, um auf ein bzw. zwei Punkte bezüglich der Pflege zu kommen. Die SPD-Fraktion wirbt sehr deutlich dafür, dass wir, wie wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, Teilbereiche der Pflege verbessern. Aber ein entscheidender Teilbereich fehlt mir, nämlich dass wir insbesondere in der Altenpflege viel stärker zu Tariflöhnen kommen. Das ist hier auch schon angesprochen worden. Das sage ich jetzt einmal in Richtung FDP. Es tut mir leid, dass ich das sagen muss.
(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Wir haben gerade geklatscht!)
– Ja, das finde ich auch nett. – Frau Aschenberg-Dugnus sagte ja, sie sei kein Claqueur. Deswegen will ich sie darin jetzt auch bestärken. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie einmal Einfluss nehmen auf Ihren Parteikollegen Rainer Brüderle, damit wir in diesem Land Tariflöhne umsetzen können, damit er sich also nicht weiter dagegen sperrt, dass wir in der Altenpflege zu Tariflöhnen kommen. Das wäre wichtig. Er ist ja Präsident des Arbeitgeberverbandes für die private Pflegewirtschaft. Er sperrt und blockiert die Diskussion darüber, wie wir – der Minister hat es ja angesprochen – flächendeckend zu Tariflöhnen kommen. Ich würde Sie bitten, das mitzunehmen. Sie brauchen uns dann auch nicht zu applaudieren. Wenn Sie Taten folgen lassen, fände ich das schon super.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ein zweiter wichtiger Punkt ist für mich, dass die SPD-Fraktion sehr stark darauf schauen wird, dass die ambulante Pflege, die Pflege zu Hause, nicht untergeht – wir haben ja im Koalitionsvertrag vereinbart, die Angehörigen zu stärken – und wie wir die Finanzierung bei den ambulanten Pflegediensten sicherstellen. Dabei werden auch die Wegezeiten ein Thema sein. All das haben wir schon angesprochen. Die SPD-Fraktion guckt da auch immer zehn, zwanzig Jahre weiter. Von daher bin ich dem Minister dankbar, dass er dieses Thema selber angesprochen hat.
In der Tat müssen wir auch über das Thema Bürgerversicherung noch einmal reden, ob Ihnen das gefällt oder nicht. Wir müssen die Systemfrage noch einmal diskutieren.
(Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn es darum geht, dass wir dieses System langfristig anders finanzieren wollen, es auf breitere Beine stellen wollen, es sicher machen wollen, dann müssen wir noch einmal darüber reden. Das gilt übrigens auch für die Pflege. Ich kann mir vorstellen, zumindest mit Ihnen darüber zu diskutieren, wie man von einer Teilkasko- hin zu einer Vollkaskopflege kommt. Ich bin da sehr auf Ihre Vorschläge gespannt. Die SPD-Fraktion ist dazu bereit, noch einmal über eine Bürgerversicherung und eine Vollversicherung in der Pflege zu reden. Wenn wir darüber in die Diskussion kommen, wäre ich sehr dankbar.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der nächste Redner ist der Kollege Dietrich Monstadt, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293742 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 65 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |