22.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 65 / Tagesordnungspunkt I.14

Elisabeth Winkelmeier-BeckerCDU/CSU - Justiz und Verbraucherschutz

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir reden heute über den Haushalt. Man konnte das bei den vorherigen Redebeiträgen manchmal vergessen. Aber wir haben einen kleinen Vorgriff auf den nächsten Tagesordnungspunkt gemacht: Wir schicken nämlich heute einen sehr guten, sehr qualifizierten Richter aus unseren Reihen nach Karlsruhe;

(Zuruf von der AfD: Apparatschik!)

er wird die Bedeutung und das Ansehen des Bundesverfassungsgerichtes sicherlich unterstreichen. Wir tun das in dem Verfahren, das das Grundgesetz dafür vorsieht, nämlich mit der Wahl durch die entsprechende Mehrheit und die große Basis dieses Hauses; ebenso geschieht das im Bundesrat. Genau so sieht es das Grundgesetz vor,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

und das Ergebnis wird sehr gut sein.

Aber zurück zu unserem heutigen Thema, dem Haushalt des Bundesjustizministeriums. Das Justizministerium ist eines der Verfassungsministerien und hat damit eine zentrale Verantwortung für den Rechtsstaat. Es wurde schon gesagt: Diesen wollen wir ganz besonders stärken durch den Pakt für den Rechtsstaat, den wir, Bund und Länder, gemeinsam schließen wollen. Es geht dabei nicht nur um das Gefühl, dass der Rechtsstaat funktioniert, sondern es geht auch darum, bei den Bürgern das Erfahrungswissen, die Sicherheit, dass er wirklich funktioniert, zu stärken. Es gehört zum gesellschaftlichen Zusammenhalt dazu, ganz sicher sein zu können, dass der Rechtsstaat funktioniert, unabhängig davon, welchen Bildungsgrad, welches Einkommen, welchen kulturellen Hintergrund man hat – und nicht immer nur dann, wenn man gerade selber geblitzt worden ist.

Es geht dabei um folgende Säulen: Personal bei Polizei und Justiz, Ausstattung, Verfahren, Prävention und Opferschutz. Ein Punkt, der dabei sicherlich im Mittelpunkt der Diskussion steht, ist das Personal bei der Justiz. Es gibt einerseits Richterstellen auf der Ebene des Bundes, andererseits auf der Ebene der Länder. Ich denke mal, wir haben in diesem Haushalt nachvollziehbar die Hausaufgaben des Bundes mit dem entsprechenden Geld unterlegt. Das sind zum einen die Stellen beim Generalbundesanwalt: 37 Stellen, gemessen an seinen gestiegenen Anforderungen und Aufgaben. Zum anderen sind im Haushalt des Bundesjustizministeriums selber 74 Stellen zur Bewältigung der vielen Aufgaben neu hinzugekommen,

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 74!)

zu denen übrigens nicht gehört, dass das Ministerium selber in die Strafverfolgung einsteigt, Herr Perli. Da hatten Sie, als Sie das hier ausgeführt haben, glaube ich, doch eine etwas falsche Vorstellung.

Ein weiterer Punkt ist die Ausstattung der Bundesgerichte. Was hier ins Auge fällt, ist sicherlich der Aufwuchs um zwei Senate beim Bundesgerichtshof. Wir wollen einen neuen Strafsenat in Leipzig installieren und einen weiteren Zivilsenat in Karlsruhe. Das wird zum Teil kritisch gesehen. Wir wissen, dass die Karlsruher dies gerne alles unter einem Dach hätten.

(Zuruf des Abg. Dr. Jürgen Martens [FDP])

Aber ich denke, zum Rechtsstaat gehört auch, dass Versprechen eingehalten werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und wir halten hiermit ein Versprechen, nämlich Leipzig aufzuwerten. Das ist die sogenannte Rutschklausel. Ich füge aber hinzu, dass diese Rutschklausel damit dann abgewickelt und erfüllt ist; damit ist es getan.

Ich denke, dass die Sachsen sehr gute Voraussetzungen schaffen werden, damit die Zusammenarbeit der beiden Standorte und die Zusammenarbeit mit dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe gut gelingen kann. Als Bonnerin weiß ich, dass auch die Ministerien gut zusammenarbeiten müssen. Moderne Videotechnik ist da sicherlich ein wichtiger Aspekt.

Ich bin froh, dass sich, wenn die Rutschklausel erfüllt ist,

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War die befristet? Kann mich gar nicht erinnern, dass die befristet ist!)

der Organisationsstau beim BGH – wenige Senate mit teilweise vielen Richtern, die aber den Flaschenhals im Senatsvorsitz nicht überwinden konnten – auflöst. Wir können hier zu guten und flexiblen Lösungen kommen, die auch die Rechtsprechung dort unterstützen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Von wem?

Von dem Kollegen der FDP.

Herr Martens.

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Sie haben eben gesagt, mit der Einrichtung eines weiteren Strafsenates in Leipzig sei die Rutschklausel erfüllt. Darf ich davon ausgehen, dass die CDU damit eine weitere Anwendung der Rutschklausel in anderen Fällen nicht mehr beabsichtigt?

Das ist der Hintergrund dieser Entscheidung der Haushälter. Sie haben entschieden, Geld für die zwei Senate auszugeben. Das beruht auf der Geschäftsgrundlage, dass damit die Rutschklausel erfüllt ist. So sehen es nach meiner Kenntnis auch die Sachsen.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Beschluss des Bundestages! Den können die Haushälter nicht allein aufheben!)

Sie wissen auch, dass die Rutschklausel eine nicht erzwingbare Vereinbarung ist – sie resultiert noch aus der Zeit des Einheitsvertrages – und dass wir jederzeit diese Vereinbarung aufheben könnten. Der politische Back­ground der Zusage, zwei neue Senate zu schaffen, ist, damit die Rutschklausel zu erfüllen. Sachsen wird sich nach meiner Kenntnis nicht weiter darauf berufen, sondern erkennt an, dass damit sein Anspruch erfüllt ist. Das finde ich eine sehr vernünftige Regelung. Wenn wir diese noch parlamentarisch absichern sollen, wäre jedenfalls meine Bereitschaft dafür gegeben.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das war eine Interpretation der CDU! Fürs Protokoll!)

– Ja, genau.

Kommen wir noch mal zu den Ländern. In der Tat ist es jetzt an den Ländern, ihren Anteil an den 2 000 Stellen, die insgesamt im Koalitionsvertrag genannt sind, zu erfüllen. Die Zahl richtet sich nach dem Bedarfsberechnungssystem PEBB§Y. Wir haben jetzt die Situation, dass bei den Ländern die Erwartungshaltung entstanden ist, dass der Bund dabei substanziell hilft. Ich denke, dass wir das auch tun sollen und müssen. Wir können uns nicht darauf berufen, dass es aufseiten der Länder nur um die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten geht. Dafür, dass jeder sagt: „Wir machen unsere Aufgaben“, hätte es keinen Pakt gebraucht. Vielmehr appelliere ich daran, dass wir Wege finden, den Ländern zu helfen; denn wenn es so einfach wäre, wenn sie es könnten, dann hätten sie es getan.

Ich möchte aber auch erwähnen, dass viele Länder gerade in den letzten Jahren hier deutliche Fortschritte gemacht haben. Das ist wirklich toll, und damit haben sich die Länder Lorbeeren verdient. Die wollen wir uns nicht selber an den Hut stecken, indem wir sagen: Wir schließen jetzt einen Pakt. Mein Heimatbundesland Nordrhein-Westfalen hat hier ganz gezielt – gerade auch nach dem Regierungswechsel – eine Priorität gesetzt und richtig Geld in die Hand genommen, um Stellen aufwachsen zu lassen. Ich nenne dieses Beispiel stellvertretend für viele andere Bundesländer, die das auch gemacht haben; das muss hier auch einmal erwähnt werden. Mein Appell ist, dass wir nach Möglichkeiten suchen, die zu einer substanziellen Entlastung der Länder führen. Digitalisierung wäre da ein wichtiger Punkt; den sollte man nicht auslassen. Es ist bisher leider einiges versäumt worden. Es ist eben nicht damit getan, nur eine Werbekampagne zu machen oder die Pressesprecher zu schulen. Vielmehr müssen da noch mehr Vorschläge kommen. Ich hoffe, dass aus dem Hause der Ministerin noch mehr kommt.

In der letzten Minute meiner Redezeit möchte ich ganz kurz ein Thema ansprechen, das auch mit Geld zu tun hat und uns hier schon in der letzten Legislaturperiode beschäftigt hat, nämlich die Vergütung der Betreuer. Die Regelung ist sehr schwierig, da wir das Gesetz zu machen haben, aber die Länder dafür die Mittel aufbringen müssen. Wir haben in der letzten Legislaturperiode hier im Hause einen einstimmigen Beschluss gefasst, dass wir zu einer deutlichen Erhöhung der Vergütung bereit sind. Die Länder haben es allerdings im Bundesrat liegen gelassen. Ich weiß, dass es dort gute Gespräche gibt; wir haben sie an verschiedenen Stellen begleitet. Es ist notwendig, dass wir zu einer Erhöhung der Betreuervergütung kommen. Wir erleben jetzt schon, dass viele Betreuervereine die Brocken hinwerfen. Wir erleben auch, dass Betreuer aufhören, weil sie ihre Kosten nicht mehr refinanzieren können oder zu viele Fälle annehmen müssen, um sich zu refinanzieren. Das führt nicht zu einer Qualitätssteigerung. Wir warten darauf, dass es hier zu einer konstruktiven Einigung kommt und sind dann auch bereit, schnell zu handeln und das entsprechende Gesetz zu liefern.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nehmen Sie beim Wort!)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Esther Dilcher [SPD])

Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Kollegin Katharina Willkomm.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7293764
Wahlperiode 19
Sitzung 65
Tagesordnungspunkt Justiz und Verbraucherschutz
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