22.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 65 / Tagesordnungspunkt I.15

Karsten KleinFDP - Wirtschaft und Energie

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Sehr geehrter Herr Präsident! Auch von mir herzlichen Glückwunsch zur Wahl! Ich schließe mich auch dem Dank für die kollegiale Zusammenarbeit an die Kollegen Mitberichterstatter, vor allen Dingen an den Kollegen Mattfeldt, dem Hauptberichterstatter, und an das Ministerium an.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Danke!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was haben Friedrich Merz, Angela Merkel, Alexander Dobrindt und Peter Altmaier gemeinsam? Richtig, sie sind alle in der Union, aber noch wichtiger: Alle kündigen in berechenbarer Wiederkehr Steuerentlastungen an. Und wenn es dann um die politische Umsetzung geht, kehrt sofort Vergesslichkeit ein.

(Beifall bei der FDP)

Erst vor kurzem, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat die FDP-Fraktion hier die Komplettabschaffung des Solidaritätszuschlags zur Abstimmung gestellt. Die namentliche Abstimmung, an der Herr Altmaier und Frau Merkel aufgrund von Unpässlichkeit nicht teilnehmen konnten, hat ergeben, dass Alexander Dobrindt und Jens Spahn wie alle anderen anwesenden Abgeordneten der CDU/CSU gegen die Abschaffung des Solidaritätszuschlags gestimmt haben. Herr Minister, gerade in diesen Tagen wäre es so wichtig; denn die Vereinigten Staaten von Amerika haben die Ertragsteuern gesenkt, Großbritannien die Körperschaftsteuer, Frankreich kündigt eine große Steuersenkung an. Nur weil Sie mit der SPD koalieren, sollte Deutschland nicht die rote Laterne beim Steuerwettbewerb innehaben.

(Beifall bei der FDP – Thomas Jurk [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Die Abgabenlast bei den Arbeitseinkommen in Deutschland für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegt laut einer aktuellen OECD-Studie bei 49,7 Prozent. Das sind 14 Prozent mehr als im Durchschnitt. Ihr Koalitionspartner, Herr Altmaier, und auch die CSU fordern unentwegt weitere Belastungen für den Faktor Arbeit. Zuletzt wollten Sie sich für die Wiedereinführung der Parität feiern lassen, was die Arbeitsplätze in Deutschland mit 5 Milliarden Euro belastet.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist aber gerecht!)

Wir Freie Demokraten fordern die Komplettabschaffung des Solidaritätszuschlags. Das wäre ein erster guter Schritt, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Arbeitsplätze zu sichern. Deshalb, Herr Minister, werben Sie innerhalb Ihrer Fraktion, werben Sie innerhalb der Regierung für diese Komplettabschaffung, und stimmen Sie das nächste Mal bei den Anträgen der Freien Demokraten mit den Freien Demokraten, bevor Sie das Bundesverfassungsgericht dazu zwingen wird.

(Beifall bei der FDP)

Für uns ist elementar wichtig, dass die Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Unternehmen in Deutschland reduziert werden.

Weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen sind die Strompreise. Das sollte Ihnen vonseiten der Linken auch besonders wichtig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Die Strompreise in Deutschland sind schon auf Rekordniveau. Von 802 Grundversorgern haben jetzt schon 309 Preiserhöhungen für das nächste Jahr angekündigt. Das trifft vor allem diejenigen, die besonders viel Strom verbrauchen. Das sind Familien, aber das sind auch die Zukunftstechnologien. Der Energiebedarf der Rechenzentren wird bis 2025 auf 16,4 Milliarden Kilowattstunden steigen. Verschlüsselungstechnologien verbrauchen unheimlich viel Strom, damit sie wirklich sicher sind. Rechenzentren, Herr Minister, sind aber die Basisinfrastruktur für das Internet. Deshalb ist sichere und auch bezahlbare Energieversorgung nicht nur ein Thema der sogenannten Old Economy, sondern auch der Digitalisierung.

(Beifall bei der FDP)

Das alles sollte man im Hinterkopf haben, wenn man über den Kohleausstieg spricht. Beim Kohleausstieg drohen die gleichen Fehler gemacht zu werden wie beim Atomausstieg. 2017 waren weltweit, während Deutschland aus der Nutzung der Atomenergie aussteigt, noch 448 Atomkraftwerke im Netz, 59 waren im Neubau.

(Timon Gremmels [SPD]: Wer war der Minister beim Atomausstieg?)

Frankreich, das sich gerne als Treiber beim Kohleausstieg generiert, hat 58 Atomkraftwerke am Netz, eines im Bau. Kohle- und Atomausstieg können nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Herr Minister, es ist Ihre Aufgabe, sich dafür auf europäischer Ebene einzusetzen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Beim Ausstieg aus der Kohle setzen Sie auf Strukturpolitik. Erfolgreicher Strukturwandel wird aber nur gelingen, wenn Politik den Rahmen setzt und bei neuen Industrien auf private Investoren setzt. Die Wirtschaftsweisen haben Ihnen das noch einmal in das Stammbuch geschrieben. Sie sollten auf lenkende Industriepolitik verzichten. Ich darf an dieser Stelle kurz zitieren: Geht es der Politik um nachhaltigen Fortschritt, so sollte sie viel eher auf das dezentrale Wissen und die individuellen Handlungen verschiedener Akteure der Volkswirtschaft vertrauen.

Herr Minister, wir Freien Demokraten haben dieses Vertrauen. Man nennt das übrigens soziale Marktwirtschaft. Anstatt nur in Sonntagsreden darüber zu reden, sollten Sie Ihr Regierungshandeln danach ausrichten.

(Beifall bei der FDP)

Für uns ist beim Kohleausstieg eines wichtig, dass bezahlbare Energie, Versorgungssicherheit und Klimawandel in Übereinstimmung gebracht werden und dass marktwirtschaftliche Anreize gesetzt werden anstatt planwirtschaftliche Anreize;

(Beifall bei der FDP)

denn für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen in diesem Land ist die Stromversorgung eine Grundversorgung und elementar wichtig.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Kollegen Bernd Westphal, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7293966
Wahlperiode 19
Sitzung 65
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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