Peter Altmaier - Wirtschaft und Energie
Herr Kollege Ernst, was das Thema Iran angeht, muss man, glaube ich, einige Dinge unterscheiden.
Erstens. Die Politik, die der Iran in vielen Bereichen im Mittleren und Nahen Osten betreibt, findet natürlich nicht die Billigung der Bundesregierung. Wir haben das öffentlich kritisiert und tun das weiterhin.
Zweitens. Das Gleiche gilt für die Menschenrechtslage im Iran. Auch diese kann niemals unsere Billigung finden, jedenfalls nicht so, wie sich die Dinge derzeit darstellen.
Drittens. Wir sind allerdings auch der Auffassung, dass wir ein Interesse daran haben, dass das Atomabkommen in Kraft bleibt, dass der Iran keine Atomwaffen produziert, dass er weiterhin unter internationaler Kontrolle verbleibt. Deshalb haben wir uns als Vertreter der Europäischen Union dafür ausgesprochen, dieses Abkommen nicht zu kündigen. Wir haben auch klargemacht, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Sanktionen erlassen werden.
Die Sanktionen der US-Amerikaner beanspruchen eine exterritoriale Wirkung. Das ist aus unserer Sicht rechtlich und völkerrechtlich durchaus problematisch. Aber das hat zur Folge, dass Unternehmen, die weiterhin im Iran Geschäfte tätigen, Probleme haben, Banken zu finden, die ihre Geschäfte finanzieren, weil sich die Banken selber in den USA refinanzieren und sie dort mit Sanktionen zu rechnen haben.
Das bedeutet, dass wir als Bundesregierung bzw. als Europäische Union versuchen, diesen Unternehmen zu helfen. Wir haben auf Ebene der Europäischen Union die sogenannte Blocking-Verordnung erlassen, die zum Ziel hat, solchen Unternehmen Hilfestellung zu gewähren. Wir diskutieren über mögliche Zahlungsvehikel. Das ist der technische Ausdruck, der im Zusammenhang mit möglichen Lösungen verwendet wird. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie lange diese Zeit dauern wird, weil das gemeinsame europäische Gespräche sind, an denen sich die Bundesregierung konstruktiv beteiligt.
Zur zweiten Frage, was die Partizipation breiter Bevölkerungsschichten an der Wohlstandsentwicklung angeht: Da muss man zur Kenntnis nehmen – es würde mich freuen, wenn auch Sie das einmal anerkennen würden –, dass durch die Lohn- und Rentensteigerungen der letzten Jahre, durch den Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit und der Jugendarbeitslosigkeit eine erhebliche Verbesserung im Hinblick auf die Partizipation bereits erreicht worden ist.
Wir sind damit nicht zufrieden. Aber wir werden dafür sorgen, dass wir es Langzeitarbeitslosen, dass wir es Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden sind und den Wiedereinstieg nicht geschafft haben, durch passgenaue Beratung ermöglichen, an der allgemeinen Wohlstands- und Einkommensentwicklung wiederum teilzuhaben. Wir sind auch bereit, in der Bildungspolitik und in der Weiterbildung über Möglichkeiten zu diskutieren.
Was ich allerdings nicht glaube – dafür sind zufällig einmal nicht Sie zuständig; Sie sagen das zwar sowieso immer schon, aber in letzter Zeit nicht so sehr –, ist, dass man das Problem dadurch lösen kann, dass man Sanktionen für jugendliche Hartz‑IV-Empfänger abschafft und einfach so tut, als ob es den Staat nicht interessierte, ob die Betreffenden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen oder nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das hat mit den Fragen nichts mehr zu tun! – Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)
Ich bin auch nicht davon überzeugt, dass es richtig ist, Hartz IV infrage zu stellen. Wir haben damals diese Reformen, die mit der Agenda 2010 einen umfassenden Ansatz dargestellt haben, in einem schwierigen Prozess, gesellschaftlich und politisch, mit parteiübergreifenden Mehrheiten durchgesetzt. Ich sage Ihnen: Das hat dazu geführt, dass wir innerhalb von 13 Jahren die Arbeitslosigkeit halbiert haben, dass die Zahl der offenen Stellen gestiegen ist. Wir sollten diese Erfolge nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr deutliche Worte!)
Vielen Dank, Herr Minister. – Ich glaube, Herr Kollege Ernst und Herr Minister Altmaier, Sie haben beide gewusst, dass es mir von der Geschäftsordnung her untersagt ist, Mitglieder der Bundesregierung in ihrem Redefluss zu unterbrechen. Aber meine Bitte ist, dass bei der Kurzintervention die zwei Minuten Redezeit, die die Geschäftsordnung vorsieht und die vereinbart sind, eingehalten werden.
(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das war schon in Ordnung!)
– Ich will das nicht weiter kommentieren. Außer: Der Kollege Ernst hat genau gewusst, was er tut, als er nach der Rede von Minister Altmaier ihn in einer Kurzintervention gefragt hat.
Als nächster Redner spricht zu uns der Kollege Steffen Kotré von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7293976 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 65 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |