23.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt II

Florian ToncarFDP - Haushaltsgesetz 2019

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Freien Demokraten ist dieser Haushalt, der heute beschlossen werden soll, ein Haushalt der verpassten Chancen. Sie verbrauchen die hohen Steuereinnahmen, die in den letzten Jahren durch eine einzigartige Wirtschaftsentwicklung generiert worden sind, für einen einzigen Zweck: Sie versuchen, mit Geld zusammenzuhalten, was sich anders nicht mehr zusammenhalten lässt, nämlich Ihre ideenlose Koalition.

(Beifall bei der FDP)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen lassen sich nicht einfach mit Geld zu Ihnen zurückbringen. Ich glaube, sie erwarten, dass man eine Idee hat, wo das Land hingehen soll.

(Marianne Schieder [SPD]: Dass man Verantwortung übernimmt – im Gegensatz zu Ihnen!)

Gerade weil sich das wirtschaftliche Umfeld eintrübt, auch wenn die Sozialdemokraten mit dieser Erkenntnis offenbar ihre Probleme haben und dazwischenrufen, ist es notwendig, dass wir überlegen: Was können wir denn in Deutschland dafür tun, dass wir auch im Jahr 2030 noch Wohlstand haben und einen ausgeglichenen Haushalt mit einer erfreulichen Finanzentwicklung? Dafür müssen heute die Grundlagen gelegt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Nahezu alle, die Europäische Kommission, die OECD, der Sachverständigenrat der Bundesregierung, Ihr eigener Sachverständigenrat, Herr Minister Scholz – ich sehe, Sie googeln ihn gerade noch –,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

empfehlen, dass es eine Entlastung der Bezieher mittlerer Einkommen und eine Unternehmensteuerreform gibt. Ihr Sachverständigenrat schreibt übrigens: Nachdem alle anderen diese Reform gemacht haben, sollte auch Deutschland das einseitig schnell nachholen. – Das sind doch glasklare Aussagen. Ich habe es gerade in der Steuerpolitik selten gesehen, dass sich eine Regierung so systematisch über das, was Experten empfehlen, hinweggesetzt hat wie die aktuelle Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben in der letzten Sitzungswoche des Bundestages kleinere Entlastungen beschlossen, die weit überwiegend von der Verfassung vorgegeben waren. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man das mal zusammenzählt, dann bringt wahrscheinlich der heutige Black Friday mehr Entlastungen für die Bürger als die ganze Legislaturperiode dieser Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Da kann man sich auch täuschen! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Billiger Witz!)

Sie kündigen an, den Solidaritätszuschlag ab 2021 zur Hälfte abzuschaffen,

(Zuruf von der FDP: Sehr gut!)

obwohl der Solidarpakt, für den er einst eingeführt worden ist, bereits Ende 2019 ausläuft. Damit, Herr Minister Scholz, riskieren Sie übrigens, dass wir auf Jahre neue Haushaltsrisiken aufbauen.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nein, nein!)

Wir glauben: Wenn der Zweck einer Abgabe wegfällt wie beim Solidaritätszuschlag, dann muss man die Abgabe abschaffen. Dann kann man sich nicht einen neuen Zweck überlegen oder ganz auf den Zweck verzichten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Aber selbst wenn Sie das anders sehen würden: Es gibt ganz erhebliche Zweifel daran, dass der Solidaritätszuschlag nach 2020 noch verfassungsmäßig ist. Eine Anhörung im Finanzausschuss hat das relativ klar ergeben. Wenn Sie ihn jetzt weiter erheben wollen, und sei es auch nur zur Hälfte, dann riskieren Sie doch, dass wir irgendwann in den 2020er-Jahren ein Urteil bekommen, und der Finanzminister, der dann amtiert, muss das über viele Jahre gezahlte Geld zurückerstatten. Das sind Haushaltsrisiken, die Sie dadurch erzeugen, dass Sie die Fakten an der Stelle ignorieren.

(Beifall bei der FDP)

So könnte man im Grunde weitermachen. Zu dem Rentenpaket, das beschlossen worden ist, sagt der Sachverständigenrat: Das kostet. Wenn man den Beitrag nicht auf über 20 Prozent erhöhen will, braucht man im Jahr 2040 annähernd den doppelten Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt. – Für den sind Sie doch verantwortlich, Herr Minister. Was sagen Sie denn den Bürgerinnen und Bürgern, die Sie fragen, wie man das, was die Koalition bereits beschlossen hat, im Jahr 2040 finanzieren möchte? Sie haben darauf keine Antwort.

(René Röspel [SPD]: Sagen Sie doch, was die FDP machen will!)

Man kann doch keine Finanzpolitik machen, bei der man zu zweistelligen Milliardenbeträgen, die da jährlich fällig werden, den Bürgern keine Antwort liefern kann.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann nicht verstehen, dass ein Bundesfinanzminister sich auf so etwas überhaupt einlässt.

Die Alternative wäre übrigens – das schreibt der Sachverständigenrat auch –: Wenn Sie das nicht über die Steuern machen können oder wollen, müssten die Bürgerinnen und Bürger im Jahr 2040 für diese Rentenreform, die Sie beschlossen haben, bis zu ihrem 72. Lebensjahr arbeiten. Sie könnten erst mit 72,3 Jahren in Rente gehen. Haben Sie das mal zu Ende gedacht? Was sagen Sie den Menschen, die Sie fragen, wie diese Leistungen seriös und ohne dass Menschen undenkbar lange arbeiten müssen, finanziert werden? Was sagen Sie denen? Ich bin gespannt, ob Sie nachher in der Debatte vielleicht etwas dazu sagen werden.

(Beifall bei der FDP)

Ich will noch auf einen letzten Punkt eingehen. Diese Woche sind Berichte aufgekommen, dass es ein neues Betrugsmodell rund um die Erstattung von Kapitalertragsteuern geben soll. Dieses Mal geht es um ein Modell, mit dem es möglich gewesen sein soll, für Aktien, die überhaupt nie existiert haben, eine Erstattung zu beantragen.

Herr Minister, wir haben dazu einige Fragen. Ich hoffe, Sie können dem Bundestag dazu schon heute etwas sagen: denn das Thema ist nicht neu, und ich hätte nach jahrelangen Diskussionen um Cum/Ex erwartet, dass das seitens des Finanzministeriums abgestellt ist und dass sämtliche Lücken, Betrugsmöglichkeiten und Anfälligkeiten des Systems bereits in den letzten Jahren überprüft worden wären.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Thomas de Maizière [CDU/CSU])

Wir erwarten auch, dass Sie sich spätestens am Mittwoch im Finanzausschuss auf die Fragen der Abgeordneten einlassen. Denn allein dass man jetzt noch prüfen muss, ob das möglich war und ob da etwas passiert ist, ist doch in hohem Maße beunruhigend. Eigentlich hätte ich mir erhofft, dass die Verwaltung sagen kann: Das System ist betrugsfest; wir haben es jahrelang geprüft und verbessert. – Dass Sie noch prüfen müssen, ist bedenklich.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir erwarten, dass Sie uns und den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen schnell überzeugende Antworten geben.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion: der Kollege Dr. André Berghegger.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7294164
Wahlperiode 19
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2019
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