23.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 66 / Tagesordnungspunkt II

Otto FrickeFDP - Haushaltsgesetz 2019

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Geschätzter Herr Vizepräsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Das waren bemerkenswerte letzte Wochen. Es waren intensive Monate, muss man sogar sagen, für den Haushaltsausschuss. Ich finde, es war eines Parlamentes würdig, und es war auch des Arbeitsaufwandes würdig. Neben allem Dank, den es gibt, und leider auch neben dem Versprechen an das Sekretariat des Haushaltsausschusses, dass es beim nächsten Haushalt wieder sehr, sehr viele Anträge, sicherlich nicht nur von meiner Fraktion, geben wird – aber es ist die Mühen der Edlen wert –, möchte ich dennoch sagen – ich weiß, dass manche da immer grummeln; aber ich sage das deutlich –: Der Vorsitzende des Haushaushaltsausschusses und der stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses haben bis morgens um fünf in hochkonzentrierter Weise dafür gesorgt, dass wir diese über 1 400 Anträge durchgebracht haben. Bei allem politischen Diskurs: Diese Arbeit war die Arbeit von zwei guten Demokraten an dieser Stelle im Ausschuss. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der FDP und der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, hier kann man immer sehr schön sehen, welche Unterschiede zwischen den Fraktionen deutlich werden: Wie ist die Bewertung der Vergangenheit? Wie ist der Blick in die Zukunft des Landes? Welche Antworten gibt man auf die Zukunftsfragen? Das Schöne beim Haushalt ist ja, dass man das dann alles festmachen kann, dass man alles zahlenmäßig abrechnen kann und dass man sehen kann: Wie viel kommt dabei heraus? Wer weitet das Defizit aus, wer erhöht es? Ich glaube, das Schöne ist auch, dass die Große Koalition – das hoffe ich immer noch, solange sie noch regiert – wenigstens erkennt, dass die Mathematik politischen Wunschvorstellungen eben Grenzen setzt und nicht einfach nur ein Wolkenkuckucksheim ist, was ich aus Richtung der Grünen inzwischen leider immer wieder höre.

Meine Damen und Herren, in der Schlussrunde geht es nicht nur um die fachlichen Detailfragen. Ich fand es bemerkenswert, dass es hier wieder das alte Spiel gab: Es wird gesagt – gerade zu meiner Fraktion –: Überall kürzt ihr. – Wenn es aber am Ende darum geht, wie man einen modernen und guten Haushalt darstellt, dann wird eben vergessen, dass diese Kürzungen Teil dessen sind, was notwendig ist, um im Zweifel in einem Jahr wie diesem Schulden zurückzuzahlen. Deshalb hat meine Fraktion zum ersten Mal in der Geschichte einen Titel eingebracht, mit dem über 12 Milliarden Euro an Schulden zurückgezahlt werden könnten, wenn wir denn wollten; aber leider will die Regierung ja nicht.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe mir überlegt, für meine christlichen Freunde mal ein bisschen auf die Bibel einzugehen. Sie alle kennen das Beispiel der sieben fetten und der sieben mageren Kühe. Ich will das nicht ausweiten. Aber ich will auf einen Punkt eingehen, der bei dem, was Josef dem Pharao erklärt, oft vergessen wird, nämlich dass die sieben mageren Kühe nicht nur die sieben fetten auffressen, sondern dass sie danach noch genauso mager und genauso hässlich wie vorher sind. Das ist die Warnung, die diese Regierung, glaube ich, noch nicht verstanden hat.

(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Es geht nicht um Kühe, sondern um Jahre!)

Sie glauben immer, wenn Sie nur heute alles gut machen, wenn Sie es bei einer roten Null belassen, wenn Sie auf eine Asylrücklage zurückgreifen, die nichts anderes als eine Kreditermächtigung ist, dann hätten Sie für die sieben mageren Jahre schon vorgesorgt.

Vielleicht einmal als Information – das wird vergessen, weil man sich die Dinge ja so ungerne anguckt, liebe Große Koalition –: Habt ihr euch eigentlich mal angeguckt, dass dieser Finanzminister dem Haushaltsausschuss diese Woche die Mitteilung überbracht hat, dass er, weil sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt, bei Hartz IV und an vielen anderen Stellen eindunkelt, eine halbe Milliarde Euro – eine halbe Milliarde! – zusätzlich als überplanmäßige Ausgabe braucht? Anstatt zu sagen: „Da deutet sich etwas an; wir gehen einen Schritt zurück“, hören wir im Hinblick auf den Haushalt von diesem Minister nur: Da hätten wir noch mehr, da könnte es noch etwas sein, da noch ein Schippchen drauf. – Das ist keine zukunftsgerichtete Politik.

(Sonja Amalie Steffen [SPD]: Habe ich nicht gehört!)

Das ist im Endeffekt nur Politik für das Hier und Jetzt. Nachher stehen wir wieder vor dem Salat, und dann können es andere ausbaden; das kann im Endeffekt Ihre eigene Fraktion ausbaden. Das ist keine zukunftsgerichtete Politik.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist immer wieder von „zukunftsgerecht“ die Rede. 4 Prozent – 4 Prozent! – der Mehreinnahmen stellen Sie für Bildung und Forschung zur Verfügung. Was die künstliche Intelligenz betrifft, muss ich sagen: Herr Kollege Berghegger, es ist ja schön, dass ihr dieses Thema endlich entdeckt habt. Aber auch hier war es so: Letztes Jahr habt ihr die Anträge der FDP noch abgelehnt, dieses Jahr macht ihr sie. Ich wette, im nächsten Jahr stellen wir fest: Es wird noch nicht einmal die Hälfte davon richtig ausgegeben.

Meine Damen und Herren, es ärgert mich, wenn ich sehe, wie die Verhandlungen verlaufen sind. Man hat so das Gefühl, das war einerseits wie auf dem Basar in Marrakesch, andererseits wie beim heutigen Black Friday, dass also gesagt wird: Ach, hier bestellen wir noch etwas, da gibt es noch ein Pöstchen, dort gibt es noch eine Denkmalförderung, da geben wir noch etwas nach Hamburg, und da geben wir noch etwas an alle anderen möglichen Städte. Das war an vielen Stellen keine Haushaltspolitik. Das war Operation Abendsonne: Hauptsache, wir kriegen die Sachen weg. Ganz ehrlich: Ich habe bei Ihnen das Gefühl, das war auch nicht Black Friday, das war schon mehr das Chaos von Black Sabbath,

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Singen!)

jedenfalls war die Tonlage entsprechend.

(Beifall bei der FDP)

Zum Abschluss. Was sind die Lehren aus den Haushaltsberatungen? Ich komme doch wieder zum Pharao und zu Josef. Man muss ehrlicherweise sagen – Frau Merkel ist noch nicht da –: Herr Scholz, wenn Frau Merkel Ihnen ihre Träume erzählen würde, dann würde ich fürchten, dass Sie, anders als Josef, an dieser Stelle leider nicht die richtigen Ratschläge geben würden, sondern die Ratschläge geben würden, die dazu führen, dass die Zukunft unseres Landes keinen Good Friday im Blick hat, sondern leider einen Bad Friday.

Danke.

(Beifall bei der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Oh mein Gott! Erbärmlich!)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Kollege Dr. Tobias Lindner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7294176
Wahlperiode 19
Sitzung 66
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2019
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine