28.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 67 / Tagesordnungspunkt 1

Christine Aschenberg-DugnusFDP - Vereinbarte Debatte Organspende

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir haben bei den Organspendezahlen in Deutschland ohne Zweifel ein Problem. Zu viele Menschen warten auf ein lebenswichtiges Spenderorgan, und es gibt immer weniger Organspenden. Doch die Ursache dafür liegt nicht in der mangelnden Spendebereitschaft der Bevölkerung. Ganz im Gegenteil: Sie ist in den letzten Jahren gestiegen, also haben sich die Menschen auch damit beschäftigt, Herr Lauterbach.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] – Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Exakt!)

Das Problem sind vielmehr der arbeitsintensive Klinik­alltag und der verbesserungswürdige Organisationsablauf in den Kliniken,

(Stephan Pilsinger [CDU/CSU]: Richtig!)

und das muss selbstverständlich auch geändert werden; da sind wir uns doch alle einig.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich spreche hier heute als Vertreterin meiner Fraktion mit einer großen Vehemenz gegen die Widerspruchslösung, aus vollstem Herzen; denn für uns missachtet die Widerspruchslösung das Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es verkehrt die freie Entscheidung, ein Organ spenden zu wollen – wir reden von einer Spende –, genau ins Gegenteil. Dass der Staat auf Organe ohne Einverständnis zugreifen will, indem er einen unterlassenen Widerspruch als Zustimmung wertet, kann ich als Freie Demokratin nicht akzeptieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Widerspruchslösung beschneidet nach unserer Ansicht Grundrechte und hebelt vor allem den Grundsatz aus, dass jeder medizinischen Behandlung zugestimmt werden muss.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Uwe Kamann [AfD])

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass wir nach der Datenschutz-Grundverordnung für jedes Bild, das wir im Internet hochladen und auf dem ein anderer drauf ist, eine Unterschrift, eine Zustimmung brauchen

(Beifall der Abg. Stephan Pilsinger [CDU/CSU] und Hilde Mattheis [SPD])

und bei einer so wichtigen Frage wie der Organspende, bei der es um den eigenen Körper geht, Schweigen als Zustimmung gelten soll. Das ist doch fast schon absurd.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Das deutsche Recht geht überhaupt vom Grundsatz aus, dass Schweigen keinerlei Erklärungswert besitzt und deshalb ohne rechtliche Bedeutung ist. Meine Damen und Herren, ich finde, es ist Ausdruck des Respektes vor der individuellen Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, dass wir gerade bei so wichtigen Themen wie der Organspende eine ausdrückliche Zustimmung voraussetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir sind gegen die Widerspruchslösung; ich glaube, das habe ich mehr als deutlich gemacht. Wir sehen aber trotzdem auch weiteren Handlungsbedarf; denn wir müssen feststellen, dass die unverbindliche Form der Entscheidungslösung nicht zu einer Erhöhung der Zahl der Organspenden geführt hat. Deshalb sollte unserer Meinung nach die Entscheidungslösung verbindlicher ausgestaltet werden. Eine verpflichtende Entscheidungslösung, wie wir sie unterstützen, würde bedeuten, dass bei Beantragung behördlicher Dokumente angegeben werden muss, wie man sich bei der Frage der Organspende entscheidet. Dazu müssen die Meldebehörden verpflichtet werden, volljährige Personen zu befragen, ob man der Organspende oder der Gewebespende zustimmt oder nicht oder ob man es bewusst offenhält. Auch das ist für uns eine wichtige Möglichkeit.

Meine Damen und Herren, Handlungsbedarf bei der Organspende besteht. Es sind aber bei weitem noch nicht alle Maßnahmen getroffen worden, die unterhalb der Widerspruchslösung notwendig sind. Die verpflichtende Entscheidungslösung, wie wir sie befürworten, wäre ein maßvoller Kompromiss zwischen dem Handlungsbedarf auf der einen Seite und dem Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite. Nur so kann den Menschen vermittelt werden, was Organspende bedeutet, nämlich das Leben eines anderen Menschen zu retten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Katja Kipping, Fraktion Die Linke, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7295102
Wahlperiode 19
Sitzung 67
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte Organspende
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