Mario Mieruchfraktionslos - Vereinbarte Debatte Organspende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bereitschaft, Organe zu spenden, ist eine ausgesprochen anerkennenswerte. Den Spendern und auch den Angehörigen gebührt dafür großer Dank. Die Entscheidung für eine solche Spende setzt besonderes Vertrauen und Transparenz der Prozesse voraus. Die Istsituation heute ist eine solche, dass einst in starkem Maß verlorengegangenes Vertrauen langsam zurückkehrt, aber die nach wie vor sehr große Diskrepanz zwischen Bedarf und Angebot führt uns zu der Debatte, die wir heute führen.
Ein Satz – Zitat –:
Wir können verlangen, dass sich jeder aktiv erklärt, der seine Organe im Todesfall nicht für das Leben anderer Menschen hergeben möchte.
Dem kann ich leider nicht zustimmen. An dieser Stelle möchte ich mich gern auf Sie, Frau Keul, berufen und für den Beitrag von Ihnen danken, den ich im Hinblick auf die Ausführungen zum Grundgesetz vollumfänglich unterstützen kann.
In unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist die Würde des Menschen unantastbar. Das ist ein hohes Gut, das wir uns gegeben haben. So wie ich mich als Bürger entscheiden kann, eine Wahl zu treffen – eine Wahl für ein Parlament, eine Wahl für viele andere Dinge –, so muss ich auch die Wahl haben können, wie ich mit meinem Körper umgehen möchte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ebenso wenig dürfen wir uns bei der Organspende allein vom Gesichtspunkt des medizinisch Machbaren leiten lassen; vielmehr müssen wir den Menschen als Individuum, als Körper-Geist-Seele-Einheit, betrachten. Was heute vielleicht ein bisschen zu kurz gekommen ist: Es geht auch um die Bedürfnisse der Angehörigen und des Spenders selbst, um dessen Würde, darum, wie ein solcher Prozess in einer Klinik abläuft und wie es danach weitergeht.
Wir brauchen den breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, ab wann wir von Hirntod reden oder wie wir das definieren wollen. Wenn wir über strukturelle Veränderungen und quasi über die Arbeit an strukturellen Verbesserungen sprechen, dann lassen Sie uns das ganz gezielt tun: Lassen Sie uns sprechen über die Qualifikation der Teams, die es in den Krankenhäusern gibt! Lassen Sie uns sprechen über Ischämiezeiten der Organe, über Transportvoraussetzungen, über die komplexen Bewertungen, ob ein Organ überhaupt geeignet ist – denn der Spender muss auch von gewissen körperlichen Voraussetzungen her zum Empfänger passen – und wer tatsächlich befähigt ist, solche Entscheidungen zu treffen!
Vorhin ist angesprochen worden, dass wir hier in Deutschland, wo wir uns derzeit quasi nicht entscheiden müssen, auch Organe annehmen, die aus Ländern kommen, die eine Widerspruchslösung eingeführt haben. Ja, das ist richtig. Andersherum ist es aber heute auch gängig, sodass deutsche Organe ins Ausland gehen, sprich: der Austausch auf europäischer Ebene nicht von dem System abhängig ist, das wir eingeführt haben.
Selbst größere Häuser – das müssen wir auch berücksichtigen, wenn wir bei den Strukturen sind – sind heute kaum in der Lage, noch mehr Transplantationen durchzuführen, als sie aktuell durchführen, da schlicht das qualifizierte Personal fehlt und die Kliniken – da sind wir wieder bei dem Punkt des Geldes – es sich einfach nicht leisten können, Operationssäle einfach vorzuhalten. Das geht – Stand heute – nicht.
Wenn auf der einen Seite 600 Notfallambulanzen in kleineren Häusern geschlossen werden sollen mit der Begründung, dass sie nicht in der Lage sind, einen Schlaganfall zu diagnostizieren, gleichzeitig mehr Kliniken zu dem hochkomplexen Explantations- oder Transplantationsprozess befähigt werden sollen, dann haben wir, glaube ich, noch einen weiten Weg vor uns, das in die Tat umzusetzen.
Zum Schluss noch einmal zurück. Die Nachsorge muss in den Fokus gerückt werden. Es ist wichtig, dass das Spender-Empfänger-Paar eine zukunftsfähige Verbindung darstellt und dass vor allen Dingen die Betreuung der Angehörigen des Spenders in den Fokus rückt; denn das kommt immer wieder viel zu kurz. Und für diese Leute ist es sehr wichtig, die Gewissheit zu haben, dass sie mit dieser Entscheidung etwas Gutes getan haben.
Danke.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Mieruch. – Nächster Redner: Axel Müller.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296344 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 67 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte Organspende |