Alexander HoffmannCDU/CSU - Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass Ihr Antrag sich mit den Gefahren auseinandersetzt, die es in der digitalen Welt gibt. Sie weisen zu Recht auf die Risiken der Sabotage hin, auf die allgegenwärtige Gefahr der Spionage, der Wirtschaftsspionage, und auch auf das Phänomen des Datendiebstahls, der täglich hundertfach, ja tausendfach, in der digitalen Welt stattfindet. Wir leben in einer Zeit, in der Daten einen wirtschaftlichen Wert haben. Und immer, wenn etwas einen wirtschaftlichen Wert hat, sind natürlich kriminelle Umtriebe nicht weit. Wir reden von einer Zeit, in der Informationen gezielt genutzt und abgefischt werden, als Mittel der Auseinandersetzung.
Sie sollten in Ihrem Antrag allerdings nicht den Eindruck erwecken, dass elektronische Kommunikation heute vonseiten des Gesetzgebers nicht ausreichend geschützt wäre. So schreiben Sie in Ihrem Antrag – Herr Schulz, Sie haben das vorhin auch in Ihrer Rede so formuliert; ich darf zitieren –:
Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes schreibt fest, dass das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis unverletzlich sind. Dieser Grundsatz muss auch für die elektronische Kommunikation gelten …
Dazu schreibt aber das Bundesverfassungsgericht in genau der Entscheidung, die Sie angeführt haben, nämlich in der vom 27. Februar 2008 – Frau Präsidentin, ich zitiere –:
Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 GG erfasst Telekommunikation, einerlei, welche Übermittlungsart (Kabel oder Funk, analoge oder digitale Vermittlung) …
Darüber hinaus ist es so, dass elektronische Kommunikation auch mit Mitteln des Strafrechts geschützt ist. E-Mail-Verkehr fällt nämlich auch in den Schutzbereich des § 206 StGB. Um einem weiteren Missverständnis vorzubeugen, sage ich: Das Bundesverfassungsgericht hat zwar gesagt, dass die Schutzaufgabe des Staates besteht; aber es gibt keine Formulierung in die Richtung, dass hier der Gesetzgeber, zum Beispiel grundgesetzlich, nachbessern müsste.
Der Blick in die digitale Welt – da haben Sie vollkommen recht – zeigt, dass nur circa 15 Prozent der Anwender Verschlüsselungssoftware nutzen. Das bedeutet, es gibt sehr wohl ein Recht auf Verschlüsselung; es machen aber zu wenige Gebrauch davon, sodass wir unser Hauptaugenmerk darauf richten sollten: Wie können wir ermutigen, dass diejenigen, die Verschlüsselung brauchen, die Verschlüsselung wollen, wissen, es gibt diese Technologien und man kann diese Technologien ohne großen Aufwand zum Einsatz bringen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir als zuständigem Berichterstatter im Rechtsausschuss am Ende, den Bogen ein bisschen weiter zu spannen. Es ist richtig, dass wir uns mit den Gefahren der digitalen Welt auseinandersetzen. Wir müssen uns aber auch vergegenwärtigen, dass das Internet ganz neue Möglichkeiten eröffnet für den Datenklau, aber auch für die organisierte Kriminalität und eben auch, zum Beispiel, für den Handel mit Kinderpornografie. Und da steigen die Zahlen. Die Zahlen sind erschreckend: 2017 gab es 35 000 Hinweise auf den Besitz kinderpornografischer Schriften im Internet. Im Hellfeld haben wir in diesem Bereich von 2016 auf 2017 einen Zuwachs von 14,5 Prozent, im Bereich der Jugendpornografie sogar von 25 Prozent. Deswegen bin ich ein Freund davon, dass wir uns mit den Gefahren auseinandersetzen, die die neuen Möglichkeiten des Internets eröffnen – dann aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ungeschont, mit offenem Visier und sehr, sehr ehrlich. Und dann müssen wir sehr wohl über die Frage reden: Wie können wir im Internet, in der digitalen Welt ermitteln? Dann müssen wir sehr wohl über die Frage reden: Wie können wir Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass wir auch, zum Beispiel, Kinderpornografie im Netz effektiv bekämpfen können? Sonst führen wir diese Debatte nicht ehrlich.
Am Ende will ich noch eine Zahl mitgeben, die mich bis heute bewegt: Im Jahr 2017 – ich habe es hier schon mehrmals gesagt; das hat das BKA geschildert – konnten 8 400 Fälle von Kinderpornografie nicht weiter verfolgt werden, weil uns dazu die Verbindungsdaten gefehlt haben. Das sollte uns zu denken geben! Ich würde mir wünschen, dass diese Fragestellung auch in der weiteren Beratung zu Ihrem Antrag, bitte, eine Rolle spielt.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Alexander Hoffmann. – Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 19/5764 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist aber strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD wünschen Federführung beim Ausschuss für Inneres und Heimat. Die Fraktion der FDP wünscht Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda.
Ich lasse zuerst abstimmen über den Überweisungsvorschlag der Fraktion der FDP, Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag?
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klare Mehrheit!)
Wer stimmt dagegen?
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Klare Mehrheit! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube nicht, dass die Bundeskanzlerin jetzt kommt! Noch nicht mal eine Kanzlerinnenmehrheit!)
Wer enthält sich? – Moment! Jetzt müssen wir beraten.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen jetzt keinen Hammelsprung wegen so was! Kann doch nicht sein, Leute!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296290 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Privatsphäre und Sicherheit im digitalen Raum |