Andrea LindholzCDU/CSU - Globaler Pakt für Migration
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt kochen wir das Ganze erst mal wieder ein bisschen herunter und beschäftigen uns mit den Fakten.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir stimmen heute unter anderem über einen Antrag der Koalitionsfraktionen zum globalen Migrationspakt ab, in dem wir als Parlament unsere Erwartungen formulieren. Wir verfolgen ein klares Ziel, und das heißt: Migration ordnen, steuern, begrenzen. Dieser Pakt kann uns dabei auch auf internationaler Ebene helfen.
Auch ich habe in den vergangenen Wochen viele E-Mails und Briefe dazu erhalten und viele Gespräche geführt. Ich weiß, dass ein Teil der Bevölkerung beunruhigt ist und dass wir in den vergangenen Jahren auch ein Stück weit Vertrauen in die Migrationspolitik verloren haben.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Wir nehmen als Parlamentarier diese Bedenken sehr ernst und reagieren auch darauf. In Deutschland zeigen wir seit 2015 mit verschiedenen Maßnahmen kontinuierlich, dass wir uns in unserem Land den Herausforderungen stellen und dass die Asylzahlen sinken. In diesem Jahr beraten wir das Fachkräftezuwanderungsgesetz, ein weiteres Gesetz zur konsequenten Durchsetzung der Ausreisepflicht. Wir haben AnKER-Zentren eingerichtet und den Familiennachzug eingeschränkt.
Wir haben auf nationaler Ebene viel getan, aber Migration ist und bleibt nun mal ein globales Phänomen, das man nur global, nicht allein national lösen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das schaffen wir auch nicht alleine, auch wenn es so schön einfach wäre, zu sagen: Das kann man alles nur bei uns regeln.
Dieser Pakt soll erstmals einen unverbindlichen Rahmen schaffen, der eine internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik dokumentiert. Wie man sich über einen unverbindlichen Rahmen so aufregen kann, darüber kann ich mich, ehrlich gesagt, nur wundern.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der AfD: Erfahrungen!)
Wir wollen ganz klar auch bei uns die Trennung von legaler und illegaler Migration.
(Abg. Martin Hebner [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Wir wollen, dass andere Staaten ihren Bürgern Pässe ausstellen und sie zurücknehmen. Wir wollen das Schleusertum bekämpfen und Fluchtursachen beheben. Wir wollen, dass andere Länder bei der Arbeitsmigration bessere Standards setzen und auch mehr Verantwortung für die Migration übernehmen.
(Abg. Martin Sichert [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
All das adressiert dieser Pakt. Auf all das hat man sich dort verständigt, und das ist gut so, auch für unser Land.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Frau Lindholz, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Herrn Hebner von der AfD-Fraktion?
(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Nein!)
– In der Regel beantwortet das die Gefragte selber. – Frau Lindholz.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Es wird nur gelogen! Lassen Sie es sein!)
Ja, ich lasse die Zwischenfrage zu.
(Beifall bei der AfD)
Bitte, Herr Hebner. – Nicht Sie, Herr Sichert. Herr Hebner war zuerst dran.
Ich lasse eine Zwischenfrage zu. Sie dürfen sich entscheiden, wer. Ich lasse eine Zwischenfrage zu.
Bitte.
Herzlichen Dank für die Erlaubnis, eine Zwischenfrage stellen zu können. – Sie sagten gerade, wir beschäftigen uns als Parlament damit. Frau Lindholz, man muss ganz klar sagen: Wir haben hier einen aus unserer Sicht reinen Erfolg der Opposition zu verbuchen, dass endlich die Regierung zu einem in diesem Fall Deutschland massiv ändernden Pakt Stellung nimmt. Warum haben Sie nicht frühzeitig darüber informiert? Warum so kurz vor zwölf vor der Annahme? Warum stellen Sie jetzt einen Antrag, wenn das Ganze so unverbindlich ist, das Ganze noch zu verbessern?
Ein ganz großer Punkt: Sie sprechen hier gerade über den „Globalen Pakt für Migration“; ganz am Ende Ihres Antrags sprechen Sie über den „Globalen Pakt für Flüchtlinge“. Warum wird darüber nicht berichtet?
(Zuruf von der CDU/CSU: Stellen Sie dazu doch einmal einen Antrag! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ist das eine Frage oder eine Rede?)
Es läuft hinter dem Globalen Pakt für Migration, im Windschatten, ein zweiter Pakt. Darüber wird der Öffentlichkeit nichts berichtet – man hat aus dem Kommunikationsdesaster offensichtlich nichts gelernt –, und der zweite Pakt wird dann hinterhergezogen. Warum berichten Sie darüber nicht?
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie einmal Zeitung oder irgendwas!)
Warum wird darüber nicht öffentlich gesprochen? Herr Maas hat gesagt, er hätte informiert, was nicht richtig ist. Warum hat er sich hier nicht gebessert? Warum hat er sich in diesem Falle nicht am Riemen gerissen und etwas mehr investiert? Bitte beantworten Sie, warum das Thema in der Bevölkerung nicht aktiv adressiert wurde, und warum das in diesem Falle so lange verschwiegen wurde.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Also, Herr Kollege, ich stehe hier als Vertreterin des Parlaments und nicht als Vertreterin der Regierung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich will mich auch nicht in die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung einmischen. Es ist vieles kommuniziert worden, aber wir müssen konstatieren: Es ist in der Bevölkerung nicht alles angekommen.
(Zuruf von der AfD: Gar nichts!)
– Nein, es ist nicht richtig, wenn Sie sagen: „Gar nichts!“ – Es ist durch die Netzwerke eine unglaubliche Politik auch der Falschberichterstattung gegangen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir als Parlamentarier von der Koalitionsfraktion – ich habe das auch in den Zuschriften erlebt, die ich bekommen habe – haben uns ganz klar die Frage gestellt: Was können wir machen, was können wir tun, um der Bevölkerung die Ängste zu nehmen und ihnen zu erklären, was wir unter dem Pakt verstehen, wie wir ihn als nationaler Gesetzgeber verstehen und welche Migrationspolitik wir als Parlamentarier verfolgen?
Wenn Sie meine Rede bis zum Ende hören, dann werden Sie darauf eine Antwort finden. Es gibt nämlich nur ein einziges Mittel, mit dem dieser Bundestag und diese Parlamentarier sagen können, wie sie sich die Migrationspolitik der Bundesregierung, wie sie sich diesen Pakt vorstellen und wie sie ihn interpretieren. Das tun wir mit diesem Antrag; deswegen wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie unserem Antrag einfach zustimmen könnten, der nämlich genau von Ordnung, Steuerung und Begrenzung spricht
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)
und der auch davon spricht, dass man die Öffentlichkeit, ich betone jetzt: noch besser aufklären sollte. Ich muss ja konstatieren: Wenn sich die Bevölkerung teilweise nicht aufgeklärt fühlt, hat man vielleicht etwas versäumt.
(Martin Hebner [AfD]: Oh ja!)
Wir wollen frühzeitig unterrichtet werden. All das steht in unserem Antrag drin. Deswegen ist unser Antrag ein guter Antrag. Es ist unser Instrument als Parlamentarier, der Regierung unsere Grundsätze mit auf den Weg zu geben. Genau das wollen wir heute tun.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich kehre kurz zurück. Ich habe gerade vieles ausgeführt, was in diesem Pakt drinsteht und was gut wäre, wenn es alle Länder auch so erfüllten. Natürlich kann man sich über die eine oder andere Formulierung unterhalten. Man kann auch sagen: Ist das vielleicht etwas zu positiv, nur im Sinne einer „positiven“ Migration formuliert, ohne Grenzen und Risiken genau genug zu beschreiben? Darüber kann man sich unterhalten; das ist korrekt. Aber der Punkt ist: Er adressiert international erstmals Regelungen. Es wäre auch für uns gut, wenn sich alle Länder dazu entschließen könnten, das umzusetzen. Damit komme ich jetzt zum Umsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was können wir als Parlament tun? Ich habe es gerade ausgeführt. Wir können mit diesem Antrag – das wissen Sie, wenn Sie ihn gelesen haben, und das haben Sie offensichtlich – ganz klar sagen: Das sind unsere Ziele in der Migrationspolitik: ordnen, steuern und begrenzen. Und unsere nationale Souveränität steht nicht zur Disposition – heute nicht, morgen nicht und auch nicht durch diesen Migrationspakt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Martin Hebner [AfD]: Natürlich! – Weiterer Zuruf von der AfD: Dann gehen Sie doch nach Marrakesch!)
Unsere Gesetzgebung, unsere Gesetze stehen nicht zur Disposition, heute nicht, morgen nicht und auch nicht durch diesen Pakt, es sei denn, dieses Parlament ändert sie.
(Martin Hebner [AfD]: Das ist völlig falsch!)
Und mit diesem Antrag geben wir zum einen ein Signal nach außen, in die Welt. Wir geben der Bundesregierung unsere Vorstellung, unseren Auftrag mit auf den Weg. Wir können damit international Einfluss nehmen. National richten wir unsere Vorstellungen ganz genau auch an unsere Gerichte und an unsere Institutionen. Damit kann niemand einfach nur den Pakt heranziehen, sondern es muss immer auch unser Antrag berücksichtigt werden. Das ist weit mehr als eine Protokollerklärung, die man irgendwo bei den Vereinten Nationen an die Resolution hinten anhängt. Das ist das, was der deutsche Gesetzgeber, der Deutsche Bundestag, möchte und erwartet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Abschließend noch: Wer uns vorgaukelt, andere Staaten würden aus dem Pakt austreten, der muss sich damit einmal genauer beschäftigen. Aus dem Pakt tritt man aus, wenn man aus der UN-Generalversammlung austritt. Die Resolution wird im Januar als unverbindliche UN-Resolution angenommen. Dafür reicht eine einfache Mehrheit. Da sind alle Staaten mit im Boot. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass Österreich zum Beispiel aus den Vereinten Nationen aussteigt?
(Martin Hebner [AfD]: Das ist falsch, was Sie sagen!)
Sämtliche Austrittsbekundungen und Austrittserklärungen sind schlicht und ergreifend Falschbehauptungen, sie sind Augenwischerei. Das einzig geeignete Instrument des Parlaments ist unser Antrag, und deshalb bitte ich auch um Zustimmung.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Frau Kollegin Lindholz.
Nächster Redner für die FDP-Fraktion: Stephan Thomae.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296298 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Globaler Pakt für Migration |