Stephan ThomaeFDP - Globaler Pakt für Migration
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Migration ist eine globale Herausforderung, ein globales Phänomen. Deswegen ist es doch zunächst einmal richtig und wichtig, dass sich die Vereinten Nationen mit diesem Phänomen befassen, sich dieser Herausforderung annehmen und dieses Thema auch behandeln. Ganz sicher wäre vor wenigen Jahren, vor fünf Jahren, dieses Thema ganz sachlich und unaufgeregt hier im Bundestag behandelt worden. Nur in Zeiten, in denen der US-Präsident eine Mauer zu Mexiko errichten will und wir unter dem Eindruck einer Flüchtlingsbewegung stehen, unter solchen Vorzeichen haben wir diese aufgeregte, nervöse Debatte bei uns.
Sicher wäre es die Aufgabe der Bundesregierung gewesen, frühzeitig,
(Beifall des Abg. Martin Hebner [AfD])
von sich aus, proaktiv die Öffentlichkeit zu informieren. Denn spätestens seit TTIP wissen wir: Wenn man das nicht tut, überlässt man Populisten von rechts und von links die Deutungshoheit, und sie werden diese Felder besetzen, werden die Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten und Unwahrheiten verunsichern und die Vorhaben verunglimpfen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Deswegen muss man solche Dinge von sich aus und proaktiv angehen.
Ich will nur einmal ein Beispiel geben, wo mit solchen Unwahrheiten und Halbwahrheiten gearbeitet wird. Wir haben hier gerade wieder gehört, dass der Eindruck erweckt werden soll, Deutschland gehe zahlreiche Verpflichtungen ein, verpflichte sich, mehr Flüchtlinge aufzunehmen.
Mich hat eine E-Mail erreicht, in der jemand die Worte „sich verpflichten“ in der deutschen Übersetzung gezählt hat: 89-mal würden die Worte „sich verpflichten“ auftauchen. Das hat übrigens auch etwas mit der Übersetzung zu tun. Das englische Original verwendet nicht das Wort „obligation“, sondern das „commitment“ und „commit“. „ to commit“ bedeutet eigentlich nicht „sich verpflichten“, es bedeutet vielmehr „anstreben“. Auch damit hat es zu tun, aber auf das wollte ich gar nicht hinaus. Es soll der Eindruck erweckt werden, als könne auch durch eine solche unverbindliche Erklärung, einen solchen Pakt, eine Art Völkergewohnheitsrecht entstehen. Völkergewohnheitsrecht, verehrte Kolleginnen und Kollegen, entsteht bei übereinstimmender, gemeinsamer Rechtspraxis, getragen von der Überzeugung der rechtlichen Verbindlichkeit. Genau das ist in diesem Pakt doch nicht der Fall. Nummer 7 des Pakts besagt ganz ausdrücklich, dass dieser Pakt rechtlich nicht verbindend ist. Klarer kann man es doch gar nicht mehr sagen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es kann doch kein Völkergewohnheitsrecht entstehen, wenn klar gesagt wird: Es soll rechtlich nicht verbindlich sein. – Man kann es nicht klarer sagen.
Ganz im Gegenteil formuliert dieser Pakt zahlreiche Ziele und setzt Standards, die wir doch auch zu unseren Zielen erklärt haben, Standards, die wir auch haben. Ich will nur ein paar vorlesen – es ist zum Teil schon genannt –: Ursachen irregulärer Migration reduzieren, Schleuserbekämpfung, Grenzmanagement, Freiheitsentzug als Ultima Ratio, die bessere Anerkennung von Bildungsstandards, die Aushandlung von Abkommen zur Rücknahme abgelehnter Flüchtlinge und Asylbewerber, bessere Zusammenarbeit bei der Ausstellung von Passersatzpapieren, um Rücküberstellungen und Abschiebungen möglich zu machen. – Das sind doch alles unsere Standards; das sind doch unsere Ziele, und wenn sich andere dazu auch bekennen, dann senkt das doch den Migrationsdruck auf Deutschland. Wir müssen doch dieses Abkommen wollen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen halte ich auch nichts davon, das Abkommen mit einem Vorbehalt zu versehen. Eine Vorbehaltserklärung gibt man im Völkerrecht dann ab, wenn es darum geht, die Bindungswirkung eines völkerrechtlichen Vertrages zu modifizieren oder zu reduzieren.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Exakt!)
Wenn wir das täten, gingen wir gerade denen auf den Leim, die die falsche These vertreten, dass es sich um eine Bindungswirkung handle. Deswegen ist auch eine Vorbehaltserklärung hier völlig fehl am Platz.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Deswegen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, stehen wir von der FDP zu diesem Pakt. Er enthält zahlreiche Ziele, zu denen auch wir stehen, viele Standards, die wir ohnehin schon erfüllen. Deswegen wäre es richtig, wenn diese Standards internationale Standards würden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Stephan Thomae. – Nächste Rednerin: Petra Pau für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296299 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Globaler Pakt für Migration |