29.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt 7, 24, ZP 7-8

Klaus-Peter SchulzeCDU/CSU - Klimaschutzpolitik

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Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schulze! Sehr geehrter Herr Bundesminister Müller! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir viel zu globalen Dingen gehört haben, möchte ich auf die lokale Ebene zurückkommen. Herr Hofreiter hat unsere drei Ministerpräsidenten dafür kritisiert, dass sie bei der Kohlekommission vorstellig geworden sind und darum gebeten haben, die Dinge nachzuarbeiten. Zu dieser Forderung der Ministerpräsidenten sage ich: Das ist genau richtig. Warum? Ich möchte an einem lokalen Beispiel erläutern, wie komplex das gesamte System ist.

Wenn ich den Antrag der Linken lese, in dem sie fordern, 20 Kohlekraftwerke sofort zu schließen und den Tagebau bis 2030 sozusagen einzudampfen, dann frage ich mich, ob denn alle damit verbundenen Fragen in der Kohlekommission auch ausreichend betrachtet worden sind.

Bei den Papieren, die ich manchmal in der U‑Bahn finde und dann lesen kann – offiziell kennen wir sie ja nicht –, habe ich den Eindruck, dass noch einiges zu tun ist. Ich will das einmal am Beispiel des Gewässerschutzes vortragen; denn Umweltschutz ist nicht nur Klimaschutz, sondern da gehört noch eine ganze Menge mehr dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wir hatten zwischen 1990 und 1995 schon einen Braunkohleausstieg in der Lausitz und in Mitteldeutschland. Allein in der Lausitz wurden 14 Tagebaue geschlossen. Der damalige Umweltminister Klaus Töpfer hat sehr schnell erkannt, dass damit eine Katastrophe für die Oberflächengewässer entstehen wird. Warum? Weil beispielsweise der Rhein pro Sekunde – jetzt einmal von der konkreten Situation abgesehen – etwa 2 000 Kubikmeter Wasser mit sich führt, die Spree 14 Kubikmeter und die Mulde auch 14 Kubikmeter.

Deshalb haben die Umweltminister Ostdeutschlands und das Bundesumweltministerium umfangreiche Studien erstellt, mehrere Konferenzen einberufen und dann ein langfristiges Konzept dafür entwickelt, wie man dieses Problem lösen könnte.

Wenn ich jetzt dort eingreife und die Betriebsdauer der Tagebaue um 10, 15 oder 20 Jahre verkürze, brauche ich ein neues Konzept. Dieses Konzept liegt der Kommission nicht vor, und wir können darüber nicht beraten.

Was bedeutet das eigentlich? Wenn wir hinausschauen, dann sehen wir: Am Bundeskanzleramt fließt die Spree vorbei. Dabei muss sich jeder vorstellen, dass etwa 70 Prozent des Wassers der Spree gehobenes Sümpfungswasser aus den Tagebauen ist. Wenn wir die Tagebaue runterfahren, fehlen diese 70 Prozent. Das ist nicht nur ein lokales Problem für den Spreewald; das trifft zum Beispiel auch für das Wasserwerk Friedrichshagen hier in Berlin zu, wo jeden Tag 100 000 Kubikmeter aus dem Uferfiltrat entnommen werden: Wenn das Wasser nicht mehr kommt, wird es an der Stelle ein Problem geben.

Diese ganzen komplexen Zusammenhänge sind aus meiner Sicht nicht ausreichend betrachtet, und ich möchte hier auf EU-Vorgaben hinweisen: Wir haben eine EU-Gewässerrahmenrichtlinie, die bis 2027 umgesetzt werden muss. An dieser Stelle frage ich mich: Wie bekommen wir dann das Thema der Gewässerqualität in den Griff? Wir können zurzeit in Ostsachsen und in Südbrandenburg beobachten, dass wir, wenn wir so einen unkoordinierten Ausstieg in die Wege leiten, erhebliche Probleme mit der Gewässerqualität haben. Das kostet den Bund über die LMBV übrigens jedes Jahr 10 Millionen Euro, die dafür aufgebracht werden müssen. Das sollte man alles mit berücksichtigen.

Ich möchte nicht, dass wir uns in einigen Jahren die gleichen Fragen stellen müssen, wie wir es beim EEG von März 2000 tun müssen: Mit dem EEG haben wir die Biogasanlagen anständig gefördert und stellen jetzt mit Erschrecken fest, dass ein Insektensterben eingesetzt hat und dass die ökologischen Agrarsysteme in Qualität und Quantität deutlich geschrumpft sind. Das müssen wir in Zukunft verhindern.

Zur Strukturentwicklung ist heute hier wenig gesagt worden, weil ja die Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss als Redner nicht zum Zuge kamen. Ich sage: Wir können in einer Region nicht immer nur meckern, sondern wir müssen auch ganz konkrete Vorschläge machen. Ich glaube, da werden wir in den nächsten Wochen und Monaten mit Vorschlägen kommen, die auch vom Bund relativ schnell umgesetzt werden können, ohne dass damit erhebliche finanzielle Aufwendungen erforderlich sind.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Mario Mieruch.

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296426
Wahlperiode 19
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Klimaschutzpolitik
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