Florian ToncarFDP - Aktuelle Stunde - Steuerbetrug in Deutschland durch Cum Fake Geschäfte
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte heute zum mutmaßlichen Betrug mit falschen Wertpapieren, mit denen ungerechtfertigte Steuererstattungen in Deutschland beantragt werden konnten, ist wichtig. Denn es geht bei dieser Frage auf den ersten Blick um Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler; aber es geht im Kern eigentlich um etwas noch Wichtigeres und Kostbareres: Es geht um das Grundvertrauen in der Mitte unserer Gesellschaft, dass es in diesem Land fair zugeht, dass Anstrengung und nicht Ruchlosigkeit belohnt wird, dass der Staat in der Lage ist, Regeln durchzusetzen, und sich nicht einfach ausnehmen lässt.
Es kann nicht sein, dass unser Staat im Kleinen akkurat ist, im Alltag der Bürger aber mit den wirklich großen Fragen, die er zu lösen hat, überfordert ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP)
Genau deshalb fordern wir Aufklärung vom Bundesministerium der Finanzen. Gab es Betrug mit diesen American Depositary Receipts zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland, und, wenn ja, seit wann ist das in Ihrem Ministerium, Frau Staatssekretärin, bekannt? Wie hoch ist der mutmaßliche Schaden? Und was wurde in den letzten Jahren unternommen, um die Betrugsanfälligkeit der Kapitalertragsteuererstattung, die ja leider kein neues Thema ist, wirklich zu untersuchen und Lücken zu schließen? Was ist da in den letzten Jahren passiert? Das möchten wir von Ihnen wissen.
(Beifall bei der FDP)
Niemand wird heute vorverurteilt, auch nicht Bundesminister Scholz, auch nicht Sie, Frau Staatssekretärin. Ich finde bemerkenswert, wie die Fraktion der Sozialdemokraten heute hier aufgetreten ist, Frau Kollegin Kiziltepe, und wie zahm sie gestern im Finanzausschuss bei diesem Thema gewesen ist, als die Staatssekretärin berichtet hat. Niemand wird vorverurteilt, aber es müssen alle Fakten auf den Tisch. Ich sage auch, weil der Herr Minister gestern nicht im Ausschuss war und weil er heute nicht in dieser Debatte ist: Frau Staatssekretärin, Ihre Anwesenheit in Ehren, aber das Thema Betrug im Steuersystem muss spätestens seit der letzten Woche zur Chefsache in der Bundesregierung und im Finanzministerium werden.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der bisherige Umgang Ihres Hauses ist unbefriedigend und unzulänglich, weil die wichtigsten Fragen nicht ansatzweise geklärt worden sind. Noch letzten Freitag sagte der Bundesfinanzminister in der Haushaltsdebatte zu diesem Thema, übrigens an diesem Pult – ich zitiere –:
Es darf nicht sein, dass diese Dinge lässlich und dilatorisch behandelt werden.
So der Bundesfinanzminister vor wenigen Tagen. Genau das scheint momentan zu passieren. Es gibt bisher keine öffentliche Erklärung der Bundesregierung und des Bundesfinanzministeriums. Was wissen Sie? Was ist der Sachstand? Wie geht es weiter?
(Beifall bei der FDP)
Es ist gestern im Finanzausschuss in nichtöffentlicher Sitzung etwas erklärt worden – ich komme gleich darauf –, heute wiederum keine Erklärung der Bundesregierung. Sie hätte die Möglichkeit, in dieser Debatte zu sprechen. Sie scheut sich offensichtlich, der Öffentlichkeit zu sagen, was sie heute weiß und was sie zu tun gedenkt. Das ist ein völlig unangemessener Umgang mit diesem Problem, Frau Staatssekretärin.
(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das, was gestern im Ausschuss vorgetragen worden ist, hat die wesentlichen Fragen nicht beantwortet, sondern hat bei mir eher weitere Nachfragen ausgelöst. Nach mehreren Nachfragen unserer Fraktion und auch der Grünen – Kollege Schick ist hier – wurde dargestellt, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die deutsche Bankenaufsicht, am 18. Juli dieses Jahres erfahren hat, dass es ein Settlement, einen Vergleich, gibt zwischen der amerikanischen Aufsichtsbehörde SEC und einem deutschen Kreditinstitut, in dem die Möglichkeit eines Missbrauchs – so steht es in dem Vergleich – von American Depositary Receipts angegeben worden ist. Das haben Sie gestern irgendwann gesagt. Folgende Fragen sind aber bis heute nicht beantwortet worden: Was ist mit dieser Information passiert? Wer hat sie wann weitergegeben? Wann hat sie das Bundesfinanzministerium erreicht? Hat sie die Ebene der Staatssekretäre oder die Ebene des Ministers erreicht? Was waren die Folgen dieser Information? Was wurde damit gemacht? Was wurde veranlasst? Das ist doch politische Verantwortung. Es ist doch nicht zu viel verlangt, diese Informationen von Ihnen einzufordern.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Nachdem das Ministerium gesagt hat, sie meinen, das – diese spezielle Betrugsmasche – geht seit 2011 nicht mehr, haben Sie am 15. November, vor wenigen Tagen, als Sie eine Medienanfrage dazu bekommen haben, plötzlich im Eilverfahren das sogenannte Datenträgerverfahren für die Erstattung von Kapitalertragsteuer ausgesetzt. Ja, wenn das System so sicher ist und Sie sich diese Aussage zutrauen: Warum muss dann das Verfahren doch irgendwie gestoppt werden? Das ist widersprüchlich. Da hätten wir gern eine bessere Erklärung.
(Beifall bei der FDP)
Wir meinen, meine Damen und Herren, der Minister muss jetzt der Öffentlichkeit erklären, was heute bekannt ist, und er muss erklären, was er auf welche Weise herausfinden will und bis wann. Es braucht einen strukturierten Prozess zur Aufklärung dieser Vorwürfe. Wir schlagen dazu vor, dass es einen Sonderbeauftragten gibt. Frau Staatssekretärin, Sie haben im Jahr 2018 in zwei Haushaltsplänen insgesamt fast 3 000 zusätzliche Stellen in Ihrem Geschäftsbereich bekommen. Nehmen Sie 20 davon und setzen Sie sie hin und überprüfen Sie auch die Einzelfälle von Kapitalertragsteuererstattungen daraufhin, ob es noch mehr Betrugsfälle gegeben hat oder nicht. Mit diesen 20 Menschen könnten Sie tatsächlich nicht nur viel Geld zurückholen, sondern auch Vertrauen wiederherstellen. Genau das erwarten wir von Ihnen und Herrn Minister Scholz in den nächsten Wochen.
(Beifall bei der FDP)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerhard Schick für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Steuerbetrug in Deutschland durch Cum Fake Geschäfte |