29.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 68 / Tagesordnungspunkt 14

Wieland SchinnenburgFDP - Versorgung gesetzlich Versicherter mit Sehhilfen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist kein Zufall, dass die beiden radikalen Fraktionen in diesem Haus, die AfD und Die Linke,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Na, na, na!)

uns Anträge vorlegen, die zu drastischen Mehrausgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung führen würden. Das ist Teil ihrer Strategie. Diese besteht aus zwei Punkten: zum einen aus dem Schüren von Ressentiments – die einen gegen Ausländer, die anderen gegen Unternehmer – und zum anderen aus unhaltbaren Versprechen, um Menschen in diesem Land von sich zu überzeugen. Das ist unseriös. Wir lehnen so etwas ab.

(Beifall bei der FDP)

Diese Anträge geben aber einmal Anlass, darüber nachzudenken, welche Bedeutung unsere Solidargemeinschaft hat. Ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang fünf Leitlinien nennen. Die erste Leitlinie besagt: Wer sich in diesem Land nicht alleine helfen kann, hat Anspruch auf Schutz und Hilfe der Gemeinschaft.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Hört! Hört!)

Das folgt nicht nur aus dem Solidarstaatsprinzip des Grundgesetzes. Das ist auch eine Selbstverständlichkeit. Die FDP steht dafür. Wir unterstützen das.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens. Daraus folgt im Umkehrschluss aber auch: Wer sich alleine helfen kann, sollte nicht die Solidargemeinschaft für sich in Anspruch nehmen. Schauen wir uns in diesem Zusammenhang den Antrag der AfD genauer an. Sehhilfen bei geringer und mittlerer Sehstörung

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: 6 Dioptrien!)

können Sie im Supermarkt für wenige Euro erstehen. Diese Kosten treten relativ selten auf. Sie kann, glaube ich, jeder selber tragen. Niemand sollte dafür die Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen.

Dritter Punkt. Wir müssen darauf achten, dass unsere Solidargemeinschaft nicht überbeansprucht wird. Im Moment, nach jahrelangem wirtschaftlichem Aufschwung in diesem Land, sind die Kassen der Sozialversicherung gefüllt. Wir müssen aber damit rechnen, dass es zu einem wirtschaftlichen Abschwung kommt. Ich gebe zu: Wenn die FDP mit absoluter Mehrheit regieren würde, hätten wir keinen wirtschaftlichen Abschwung zu befürchten. Bei der GroKo muss man aber damit rechnen. Im Fall eines wirtschaftlichen Abschwungs sind dann die Solidarkassen nicht mehr so gefüllt. Daher wäre es unverantwortlich, in den jetzigen Zeiten zu viele Leistungsausweitungen vorzunehmen. Auch dies spricht gegen die beiden vorliegenden Anträge.

(Beifall bei der FDP)

Die vierte Leitlinie ist: Die Ausgaben der Solidargemeinschaft sollten für die Menschen, für die Bedürftigen da sein und nicht zur Deckung von Verwaltungskosten. Schauen wir auf die Sehhilfen. Es geht zumeist um Leistungen im Wert von nur wenigen Euro. Aber die Verwaltungskosten wären mindestens genauso hoch, wenn eine Kostenerstattung durch die GKV in diesem Bereich erfolgen sollte. So dürfen wir mit den Geldern der Versicherten nicht umgehen.

(Beifall bei der FDP)

Fünfter Punkt. Wir sollten der Versuchung widerstehen, als Politiker zulasten der Beitragszahler große Versprechungen zu machen. Wenn wir das schon tun, dann sollten wir wenigstens sagen, was es kostet. Es ist kein Wunder, dass die beiden radikalen Fraktionen

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herr Kollege, Sie müssen da etwas auseinanderhalten! Rot und Braun sind unterschiedliche Farben!)

kein Wort dazu verlieren, was das alles kostet, was sie hier beantragen. Wir haben es einmal ausgerechnet. Die AfD würde Kosten in Höhe von etwa 600 Millionen Euro verursachen, die Linksfraktion Kosten in Höhe von mindestens 12 Milliarden Euro. Es ist unverantwortlich, die Summe noch nicht einmal zu nennen, geschweige denn einen Finanzierungsvorschlag vorzulegen. So etwas lehnen wir ab.

(Beifall bei der FDP)

Ich fasse zusammen. Auch in wirtschaftlich guten Zeiten ist keine Zeit für „Freibier für alle!“, sondern Zeit für verantwortungsvolle Politik.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war jetzt aber super! Noch nicht mal ein Klatscher! Sie müssen sich einmal mehr Mühe geben! Schmeißen Sie die Kalauermaschine an!)

Verantwortungsvolle Politik bedeutet, sozial verantwortlich und wirtschaftlich vertretbar zu arbeiten und auf Ressentiments zu verzichten. Genau das ist die Politik der Freien Demokraten. Wir lehnen beide Anträge ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war echt nichts!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schinnenburg.

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich darauf hinweisen, dass der Kollege Brandner, AfD-Fraktion, aus der laufenden Tagung ein Foto geschossen und auf Twitter oder Facebook veröffentlicht hat

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Twitter! – Der hat keinen Anstand!)

– einen Moment, darf ich kurz zu Ende ausführen? –, bezogen auf die Fraktion Die Linke, mit der Bemerkung: Zwei Linke da. – Das Präsidium des Deutschen Bundestages ist sich einig, dass dies mit der Würde und der Ordnung des Hohen Hauses nicht vereinbar ist. Ich behalte mir ausdrücklich eine Ordnungsmaßnahme vor.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marianne Schieder [SPD]: So einer ist Rechtsausschussvorsitzender! – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

– Worauf bezog sich jetzt das Klatschen? Dass er Rechtsausschussvorsitzender ist?

Die Kollegin Martina Stamm-Fibich hat, wie ich finde, bemerkenswerterweise ihre Rede zu Protokoll gegeben. Das kann auch Nachahmer finden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Achim Kessler, Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296583
Wahlperiode 19
Sitzung 68
Tagesordnungspunkt Versorgung gesetzlich Versicherter mit Sehhilfen
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