Götz FrömmingAfD - Neue Verfahren in der Gentherapie
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als im Jahre 1953 die beiden US-Amerikaner Watson und Crick die Struktur des menschlichen Genoms entschlüsselt haben, konnten sie sich wahrscheinlich kaum vorstellen, was für Möglichkeiten sich über ein halbes Jahrhundert später daraus entwickeln würden. Und die Gentechnik entwickelt sich rasant weiter. Wir müssen als Politiker dafür sorgen, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich den Antrag der FDP-Fraktion, der uns dazu bringt, hier wieder anzuknüpfen.
Die jüngste Generation gentechnischer Verfahren, insbesondere das sogenannte Genome Editing – der Kollege von der FDP hat ein spezielles Verfahren hier schon vorgestellt –, hat aufgrund ihrer einfachen und vielfältigen Anwendbarkeit seit einigen Jahren einen Forschungsboom sowohl in der Pflanzen- und Tierzucht als auch in der Humanmedizin ausgelöst. Viele Forschende erwarten durch die größere Präzision und die nun möglich werdende Modifikation endogener, das heißt zelleigener, Gene eine relevante Verminderung unerwarteter und unerwünschter Nebeneffekte, die im Bereich der somatischen Gentherapie die Entwicklung bislang stark gebremst haben.
Bei der ethischen Bewertung der zu diskutierenden Verfahren sollte grundsätzlich differenziert werden, ob wir über Eingriffe in die Keimbahn sprechen oder über die somatische Gentherapie. Im ersten Fall, bei der Keimbahntherapie, werden sich die im embryonalen Entwicklungsstadium veränderten Gene später in allen Zellen des Organismus wiederfinden. Sie können also auch vererbt werden.
Beim zweiten Fall, der somatischen Gentherapie, werden veränderte Gene in Körperzellen und nicht in Keimzellen eingebracht. Die veränderten Zellen können also dann nicht an die Nachkommen vererbt werden. Wenn es also Ihnen, werte Kollegen von der FDP, darum geht, die Forschungs- und Entwicklungsförderung somatischer Gentherapieansätze, zum Beispiel in der Krebstherapie, voranzubringen, dann sind wir an Ihrer Seite.
Etwas anders sieht es bei Eingriffen in die Keimbahn aus. Hier stehen für uns als AfD-Fraktion die ethischen Aspekte zunächst an erster Stelle, was jetzt nicht heißen soll, dass wir hier nicht auch über die Forschung sprechen müssen. Kein Mensch weiß, wie sich genmanipulierte Keimzellen in der nächsten oder übernächsten Generation verhalten, wenn sie mit anderen gewissermaßen zusammengewürfelt werden. Wer kann für mögliche Langzeitfolgen die Verantwortung übernehmen?
Zu Recht haben die Experimente eines chinesischen Forschers – sie wurden schon erwähnt –, der das Erbgut von zwei Babys verändert haben soll, weltweit für Empörung gesorgt. In Deutschland legten im Sommer 2015 zuerst die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und danach gemeinsam die Nationale Akademie der Wissenschaften – Leopoldina –, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften – acatech –, die Akademienunion sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft Stellungnahmen zu einer ersten Bewertung und zum weiteren Umgang mit Genome Editing beim Menschen vor und sprachen sich für ein internationales Moratorium für Keimbahninterventionen aus. Das unterstützen wir, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Ein generelles Forschungsmoratorium wurde allerdings nicht gefordert, sondern vielmehr die weitere Abklärung möglicher Chancen und Risiken des Verfahrens sowie eine gesellschaftliche Debatte über die ethischen und rechtlichen Fragen der Keimbahntherapie.
Noch ein Wort zu Ihrem Antrag, werte Kollegen von der FDP. Es ist ein bisschen schade, dass Sie den Forderungskatalog aus meiner Sicht etwas überladen haben mit 22 Einzelforderungen, die nicht alle zum Wesentlichen hinführen und teilweise auch vom Wesentlichen wegführen. Wir brauchen aus unserer Sicht vor allem ein neu zu schaffendes und am aktuellen Stand der Wissenschaft ausgerichtetes Fortpflanzungsmedizingesetz. Die diesbezüglich geltenden Gesetze, die wir bereits haben, regeln jeweils nur bestimmte Teilbereiche, sodass niemand wirklich einen zusammenfassenden Überblick haben kann. Ich erinnere zum Beispiel an das Gendiagnostikgesetz, das die Anwendung von genetischen vorgeburtlichen Untersuchungen regelt, oder auch an das Embryonenschutzgesetz, das den Schutz des menschlichen Embryos zum Gegenstand hat.
Meine Damen und Herren, was unsere Nation am dringendsten braucht, sind keine Designerbabys, die zum Glück noch gar nicht möglich sind. Aber wir wollen Krankheiten heilen, und zwar mit Methoden, die wir ethisch und gesellschaftlich verantworten können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Dr. Frömming. – Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen René Röspel, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296605 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 68 |
Tagesordnungspunkt | Neue Verfahren in der Gentherapie |