Till MansmannFDP - Qualifizierungschancengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Heil, Sie haben uns hier ein Paket vorgelegt, in dem eine Menge Dinge auf einmal geregelt werden. Wie Sie das gemacht haben, das zeigt, lieber Herr Minister, wie Ihr Ministerium – leider – mit dem Parlament umgeht, aber auch, für wie dringlich Sie höchstrichterliche Entscheidungen in diesem Land halten; denn erst auf den allerletzten Drücker setzen Sie zwei Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts endlich um.
(Katja Mast [SPD]: Zwei? Drei!)
Zunächst zur Tarifautonomie. Das ist ein hohes Gut in unserem Land. Eineinhalb Jahre lang hat Ihnen das Bundesverfassungsgericht Zeit gegeben, die notwendigen Änderungen am Gesetz vorzunehmen, und Sie legen tatsächlich erst in der vorletzten Sitzungswoche des Jahres eine Lösung vor. Dabei sind es am Ende im Kern nur 34 Wörter, die Sie geändert haben. Dafür haben Sie eineinhalb Jahre gebraucht.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Schwer errungen!)
Das heißt, das Ministerium hat an jedem einzelnen Wort im Schnitt zwei Wochen lang gedrechselt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber was dabei herausgekommen ist, ist keine juristische Lyrik, sondern wirkt eher ratlos. Beim Zustandekommen von Tarifverträgen sollen die Interessen von Arbeitnehmergruppen ernsthaft und wirksam berücksichtigt werden. Die Interpretation der durchaus etwas ausführlicheren Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts überlassen Sie damit den Gerichten. Sie haben damit ein gutes Gesetz nicht besser, sondern schlicht verfassungsfest gemacht. Aber das ist kein Qualitätsmerkmal, sondern schlicht eine Selbstverständlichkeit.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber vielleicht bleibt den Gerichten ja die Klärung, was gemeint sein könnte, erspart; denn dieses Gesetz zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass alle Beteiligten seine Anwendung meiden wie der Teufel das Weihwasser. Ja, wir hatten uns Sorgen gemacht, dass durch dieses Gesetz das Streikrecht ausgehebelt wird. Das ist nun nicht mehr der Fall, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein Machtwort gesprochen hat. Aber genau das macht dieses Gesetz nun endgültig zu einem Walking Dead des Tarifrechts.
Zweiter Punkt: die Hofabgabe. Auch hier musste das Bundesverfassungsgericht Sie zum Jagen tragen. Auch hier hat erst externer Druck Bewegung in die Sache gebracht. Dabei ist die Abschaffung der Hofabgabe längst überfällig, worauf mein geschätzter Kollege Christian Sauter in der parlamentarischen Arbeit hier schon mehrfach hingewiesen hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])
Noch ein drittes, diesmal gutes Detail haben Sie in das Gesetz gepackt: die Entfristung der 70‑Tage-Regelung bei kurzfristiger Beschäftigung. Das betrifft vor allem Saisonarbeitskräfte. Vor dem Sommer haben Sie uns noch erklärt, dass Sie das auf keinen Fall machen wollen, und jetzt machen Sie es doch. Das Beelitzer Königsgemüse ist damit zumindest gerettet oder auch, für meine Heimat gesprochen, der Lampertheimer Spargel. Wir wissen nur nicht genau, warum, weil Sie Widersprüchliches dazu gesagt haben. Aber das macht nichts. Vielleicht war es ja auch unser Druck, der Ihnen da auf die Sprünge geholfen hat.
(Beifall bei der FDP)
Insgesamt ist das alles zwar keine wirklich gute Gesetzesarbeit, und die Art, wie Sie es gemacht haben, ist schon fast ein Skandal; aber da wir uns für viele dieser Regelungen schon lange eingesetzt haben und sie für das Leben der Menschen wichtig sind, stimmt die FDP-Fraktion diesem Gesetzespaket insgesamt nun zu.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Jessica Tatti für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296656 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Qualifizierungschancengesetz |