Albert WeilerCDU/CSU - Qualifizierungschancengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und am Fernseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mir eines nicht verkneifen: Ich kann das Gejammer und das Schlechtmachen – ich habe das in der letzten Rede schon gesagt – von grün und links nicht mehr hören. Ich hoffe, dass das aufhört.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gesagt: Ich stimme zu! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Machen Sie ein besseres Gesetz, dann müssen wir auch keine Kritik üben!)
Ich hätte fast gesagt: Hausbesetzer, Polizistenprügler, Leute, die Schotter unter den Schienen entfernen und somit andere Menschen in Lebensgefahr bringen, wollen uns hier Recht und Ordnung beibringen,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Niema Movassat [DIE LINKE]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)
stimmen dann aber dem Gesetz zu. Das ist schon eine merkwürdige Rechtsauffassung, die ich selber nicht verinnerlichen kann.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Falsches Parteibuch!)
Nachdem wir vor zwei Sitzungswochen das Gesetz zur sozialen Teilhabe am Arbeitsmarkt verabschiedet haben, beschließen wir heute schon das zweite wichtige Gesetz zur Stärkung unseres Arbeitsmarktes und unseres Sozialsystems. Mit dem Qualifizierungschancengesetz stärken wir rechtzeitig die beruflichen Fähigkeiten bei Menschen, die in ihrem Berufsleben von Digitalisierung und Automatisierung betroffen sind. Herr Rosemann hat es gerade schon erwähnt: Wir stellen jetzt die richtigen Weichen, damit alle Menschen in Deutschland von der Digitalisierung profitieren können und eben keine Angst vor Arbeitsplatzverlust und grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen haben müssen.
Eine gute Lage auf dem Arbeitsmarkt ist Grundlage eines solidarischen Sozialsystems. Deshalb tun wir alles, um die Menschen in Deutschland vor dieser Arbeitslosigkeit zu schützen. Wir orientieren uns hierbei auch wie in der Vergangenheit an dem Grundsatz „Fördern und Fordern“. Uns ist es wichtig, die Eigenverantwortung des Einzelnen hervorzuheben. Deshalb unterstützen wir die Fähigkeit der Menschen, durch Arbeit selbstbestimmt für sich und ihre Familien zu sorgen. Das unterscheidet uns von Grünen und Linken, die den Menschen durch eine Abschaffung von Sanktionen Anreize wegnehmen wollen und sie alleine lassen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über was reden wir denn jetzt gerade?)
Das Prinzip „Teilhabe durch Arbeit“ wird der Menschenwürde gerecht und ist wesentlicher Ausdruck einer solidarischen Sozialpolitik. Aus diesem Grund lehnen wir auch ein bedingungsloses Grundeinkommen ab,
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie es denn gelesen? – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht aber gar nicht im Gesetz!)
wofür uns sogar die AfD lobt. Wir wollen nicht, dass sich jemand auf Kosten anderer ausruht und das gute Sozialsystem für sich ausnutzt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagt jemand, der Tausende von Euro jeden Monat vom Staat bekommt!)
Schließlich sind es die Menschen, die täglich zur Arbeit gehen und ehrlich Steuern zahlen, die dafür aufkommen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Solidarität, meine Damen und Herren, bedeutet für mich, dass man sich rechtzeitig durch Weiterqualifizierung auf die Veränderungen in der Arbeitswelt vorbereiten muss, um in der Lage zu sein, sich auch in Zukunft durch Arbeit in die Gesellschaft einzubringen.
Kollege Weiler, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Zimmermann?
Frau Zimmermann, ich freue mich auf Ihre Bemerkung.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Weiler. Sie sprachen davon, dass die Menschen selbstbestimmt entscheiden können. Ich will Sie einmal in die Situation eines Menschen versetzen, der zehn Jahre erwerbslos ist: Er hat damit zu tun, dass er und seine Familie im Monat über die Runden kommen und er überhaupt für ein Essen auf dem Tisch sorgen kann. Auch die alleinerziehende Mutter hat damit zu tun, ihrem Kind ein warmes Essen geben zu können. Was glauben Sie, wie viel Selbstbestimmung da übrig bleibt?
Frau Zimmermann, vielen Dank für die Frage. Eben genau das ist der Grund, warum wir dieses Gesetz machen. Wir wollen diesen Menschen helfen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wann?)
Wir wollen ihnen andere Menschen an die Seite stellen, die ihnen helfen, die sie begleiten, etwa in der Weiterbildung, in der Förderung, die sie mitnehmen und ihnen auch bei privaten Dingen helfen.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wann?)
All das tun wir, um so diesen Menschen zu helfen, wieder in Arbeit zu kommen.
Es ist doch wichtig, dass die Menschen in Arbeit kommen; ich glaube, darin sind wir uns einig. Arbeit bedeutet auch, sage ich einmal, eine Höhe an Mut, gesellschaftlich wieder etwas darzustellen. Gerade die Menschen, die lange in Arbeitslosigkeit sind – ich selber bin im Beirat des Jobcenters bei uns –, wollen arbeiten. Man muss den Menschen dabei helfen, wieder in Arbeit zu kommen. Das ist der Weg, nicht das ewige Jammern und Alles-Schlechtmachen; das ist nicht der Weg.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir schaffen durch den Rechtsanspruch auf Weiterbildungsberatung effiziente Rahmenbedingungen und unterstützen jeden Einzelnen dabei, den Anschluss an den Arbeitsmarkt zu halten. Durch die Stärkung der Weiterbildung verhindern wir die Arbeitslosigkeit präventiv, helfen aber auch, wieder in Arbeit zu kommen.
Solidarität, meine Damen und Herren, bedeutet für mich aber auch, Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer wirtschaftlich guten Zeit finanziell zu entlasten. Aus diesem Grund ist eine Absenkung von 0,5 Prozentpunkten in der Arbeitslosenversicherung sehr gerechtfertigt. Ausschlaggebend ist vor allem die anhaltende positive wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Entlastung von insgesamt 2,6 Milliarden Euro jährlich zulässt. Trotzdem sorgen wir für eine gute Rücklage im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit. Damit ist auch diese in der Zukunft finanziell ordentlich abgesichert.
Wir entwickeln die Arbeitslosenversicherung zugunsten der Arbeitnehmer weiter. Mit der Ausdehnung der Rahmenfrist um 25 Prozent von zwei Jahren auf 30 Monate gehen wir aus meiner Sicht sinnvoll auf die veränderten Arbeitsbedingungen ein und stärken so den Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung. Wir verhindern zugleich eine Mehrbelastung, die durch notwendige Verbesserungen in der Pflege entsteht.
Meine Damen und Herren, das Qualifizierungschancengesetz bietet ein umfangreiches Maßnahmenbündel, das die Menschen in Deutschland finanziell entlastet, das aber auch die Veränderungen in der Arbeitswelt unterstützt. Ich bitte Sie im Namen der vielen Menschen, die davon profitieren werden, um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Bernd Rützel für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296660 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Qualifizierungschancengesetz |