Detlef SeifCDU/CSU - Globaler Pakt für Migration
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass die Weltgemeinschaft nicht ausreichend auf große Fluchtbewegungen vorbereitet ist. Eine humanitäre Katastrophe durch die Unterversorgung der Einrichtungen des UNHCR konnte nur durch die Londoner Geldgeberkonferenz vermieden werden. Es fehlt zurzeit an der erforderlichen internationalen Zusammenarbeit zur Vermeidung, Ordnung und Steuerung der Migration.
(Beifall des Abg. Marc Biadacz [CDU/CSU])
Die Einsicht, dass eine abgestimmte und vernetzte internationale Politik erforderlich ist, hat letztlich 2016 zu der New Yorker Erklärung der Vereinten Nationen geführt, in der man einen Pakt für Flüchtlinge und Migranten auf den Weg gebracht hat. Die Staatengemeinschaft gab den Auftrag, diese bis 2018 zu erarbeiten. Im Juni 2018 haben sich alle UN-Mitgliedstaaten – bis auf die Vereinigten Staaten von Amerika – auf den jetzt vorliegenden Inhalt verständigt. Die feierliche Annahme soll am 10./11. Dezember 2018 in Marrakesch erfolgen.
Bereits der Text des Dokuments betont, dass es sich um einen rechtlich nicht bindenden Kooperationsrahmen handelt. Es werden weder Rechte erweitert noch einklagbare Rechte begründet. Es handelt sich vielmehr um politische Erklärungen, insbesondere um die politische Zusage verstärkter internationaler Zusammenarbeit, die dringend erforderlich ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht an dieser Stelle nicht um mehr oder weniger.
Die AfD will mit dem vorliegenden Antrag erreichen, dass die Bundesregierung in Marrakesch eine Protokollerklärung abgibt, dass der Globale Migrationspakt unverbindlich ist und unverbindlich bleibt. Schauen Sie mal in Ihren eigenen Antrag. In der Antragsbegründung behaupten Sie, dass dies nach einer Kurzinformation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages möglich sei, um zu verhindern, dass Völkergewohnheitsrecht entsteht.
(Karsten Hilse [AfD]: Genau!)
Aber, meine Damen und Herren, das folgt gerade nicht aus der Kurzinformation. Das Gegenteil ist richtig. Der Wissenschaftliche Dienst stellt fest, dass die Bundesregierung einen völkerrechtlich nicht verbindlichen migrationspolitischen Pakt anstrebt und dass dieser auch in der deutschen Rechtsordnung keine rechtliche Bindung erzeugt. Ausdrücklich stellt der Wissenschaftliche Dienst fest, dass die von Ihnen angestrebte Protokollerklärung in der Staatenpraxis eher ungewöhnlich wäre. Aber sie wäre nicht nur ungewöhnlich; sie wäre absurd und widersinnig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ich erkläre Ihnen gerne, woran das liegt: Der Migrationspakt soll angenommen und nicht unterzeichnet werden. Es handelt sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag, sondern um eine einfache Konvention. Deshalb erfolgt auch keine Ratifizierung durch die Parlamente.
Nochmals: Ausdrücklich wird im Text festgestellt, dass es sich nicht um einen verbindlichen Kooperationsrahmen handelt. Es wird zudem bekräftigt – das wissen Sie genau –, dass es das souveräne Recht der Staaten ist, die nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen und die Migration in ihrem Hoheitsgebiet selbst zu regeln.
Herr Seif, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Hampel?
An dieser Stelle nicht, danke.
Nochmals: Es wird also festgestellt, dass es nicht verbindlich ist, und unser Recht in Deutschland wird es bleiben, die Migrationspolitik selbst zu bestimmen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion – ich glaube, auch die anderen im Hause – legt Wert darauf, dass das auch so bleibt. Das steckt nicht in diesem Pakt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ist völlig ausgeschlossen. Ich will einfach mal die Voraussetzungen dafür runterdeklinieren: Es müsste eine langjährige Staatenpraxis existieren, die dann auch noch von der Auffassung getragen wird, dass das Ganze rechtlich verbindlich ist. Es wird in diesen Pakt aber gerade hineingeschrieben: Es ist rechtlich nicht verbindlich. – Woher will man dann eine gegenteilige Auffassung ableiten?
Im Übrigen: Das Bundesverfassungsgericht und auch der Internationale Gerichtshof sind eher zurückhaltend bei der Annahme von Völkergewohnheitsrecht.
Der AfD-Antrag erinnert an das Mittel der Tautologie. Man muss eben gerade nicht sagen, dass es sich bei einem Schimmel um ein weißes Pferd handelt oder dass ein Kater eine männliche Katze ist. Aber in der Tat nutzt die AfD ihren Antrag als Teil einer schmutzigen Choreografie, mit der bei den Bürgern wahrheitswidrig Ängste und Befürchtungen geschürt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Hampel, wer könnte eine Choreografie denn besser machen als ein Journalist? Ich hätte erwartet, dass bei dieser schwierigen Rechtsfrage, die eben nicht einfach ist, den ersten Aufschlag ein Jurist der AfD-Fraktion macht.
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte auch nichts gebracht!)
Meine Damen und Herren, kurzum: Der Antrag ist so überflüssig wie ein Kropf und deshalb hier und heute abzulehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie waren noch nicht alle im Saal, als ich schon im Verlauf des vorherigen Tagesordnungspunktes erklärt habe, wie wir hier heute mit Fragen, Bemerkungen und Kurzinterventionen umgehen.
Ich werde gleich das Wort zu einer Kurzintervention erteilen, aber wir werden – das gilt auch für die nachfolgenden amtierenden Präsidentinnen und Präsidenten – sehr darauf achten, dass sich Redezeiten nicht verdoppeln und verdreifachen
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
für Kolleginnen und Kollegen, die schon das Wort hatten oder die das Wort noch erteilt bekommen. Das heißt auch, dass die Anzahl der Kurzinterventionen und Zwischenfragen auch für die nachfolgenden Tagesordnungspunkte limitiert wird und dass wir hier von unserem Ermessen Gebrauch machen.
Gleichwohl hat jetzt zu einer Kurzintervention der Abgeordnete Hampel das Wort.
(Claudia Roth (Augsburg) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hat schon geredet!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296671 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Globaler Pakt für Migration |