Konstantin KuhleFDP - Globaler Pakt für Migration
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt in der deutschen Bevölkerung einen breiten Konsens, dass es zur Regelung qualifizierter Migration eines Einwanderungsgesetzes bedarf. Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass es ungeregelte Zustände wie im Sommer 2015 und in den darauffolgenden Monaten nicht wieder geben darf, dass wir deswegen Verfahren beschleunigen müssen, dass Menschen, die hier ein Bleiberecht haben, schneller integriert werden müssen und dass Menschen, die kein Bleiberecht haben, das Land schneller wieder verlassen müssen.
Es gibt einen breiten Konsens in der deutschen Bevölkerung, dass wir nur im europäischen Zusammenwirken eine ordentliche Migrationspolitik hinbekommen, bei der der gemeinsame Schutz der Außengrenze die zwingend notwendige Bedingung für offene Binnengrenzen ist. Darüber gibt es einen breiten Konsens in der Bevölkerung, und – ich bin sicher – es gibt diesen Konsens auch hier im Haus.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Weil diese Projekte so wichtig sind, werden wir genau beobachten, ob sich die Bundesregierung etwa beim Einwanderungsgesetz jetzt auch an die nötigen Kriterien hält, damit dieses Einwanderungsgesetz eine Befriedungswirkung für die Migrationspolitik entfaltet.
Wir können alle diese Projekte miteinander besprechen, ob das die europäische Lösung ist, ob das ein Einwanderungsgesetz ist, ob das die Frage des Grenzschutzes ist – aber alle diese Lösungen stehen in einem internationalen Kontext, und deswegen müssen wir auch an den Ursachen von Migration, an den Fluchtursachen und an den Ursachen der ungeregelten Migration etwas verändern. Dafür ist eine multilaterale Verabredung wie dieser UN-Migrationspakt der richtige Weg,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
weil es immer auch darum gehen muss, den Migrationsdruck auf Deutschland und Europa zu begrenzen. Es gibt nämlich in der Bevölkerung einen breiten Konsens, dass es eine Begrenzung des Migrationsdrucks auf Europa und Deutschland geben muss. Es gibt diesen Konsens auch hier im Haus. Es gibt nur eine Truppe, eine Fraktion, die überhaupt kein Interesse daran hat, dass es zu einer Begrenzung des Migrationsdrucks kommt. Die AfD hat ein vitales Interesse an chaotischer, ungeregelter Migration.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD)
Sie hat ein vitales Interesse daran, dass der Migrationsdruck auf Deutschland und Europa nicht abnimmt, sondern steigt, weil chaotische Zustände, weil ungeregelte Migration der Nährboden für die Rechtspopulisten und die rechten Hetzer sind. Deswegen sind die gegen den UN-Migrationspakt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schon aus diesem Grund sollten wir hier zusammenwirken, um den Pakt auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Weil das der Nährboden für Rechtspopulisten ist, muss der Migrationsdruck auf Deutschland und die Europäische Union gesenkt statt gesteigert werden.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sind die Australier rechte Hetzer, Herr Kuhle? Sind die Kroaten rechte Hetzer, die Österreicher, die Australier? Sind das alles rechte Hetzer?)
Ich will ein Wort zum Völkerrecht sagen, weil hier viele Gedanken zum Völkerrecht geäußert worden sind. Meine Damen und Herren, wir haben gestern Abend bzw. heute Morgen hier im Deutschen Bundestag um 1 Uhr noch einen Antrag der AfD zur Imamausbildung beraten. Der war angedockt bei den Grünen. Dabei handelte es sich um einen nicht verbindlichen Antrag. Den ganzen Tag beschließen Parlamente auf der Welt, beschließen internationale Organisationen rechtlich nicht verbindliche Dinge. Aber so funktioniert Politik. Man fordert sich zum Handeln auf, man schreibt Sachen nieder, und irgendwann verändert sich vielleicht etwas.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Eben!)
Dafür ist ein Pakt auf der Ebene der Vereinten Nationen ein richtiger Schritt.
(Jürgen Braun [AfD]: Durch die Hintertür!)
Was hier gemacht wird, ist eine bewusste Verächtlichmachung des Völkerrechts, des Multilateralismus und des Parlamentarismus. Dem dürfen wir nicht auf den Leim gehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kollege Kuhle, einen Moment. Ich habe die Uhr angehalten. Erst einmal prinzipiell: Gestatten Sie Fragen oder Bemerkungen, zum Beispiel des Kollegen Glaser?
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Von rechten Hetzern gar nicht!)
Ich möchte gerne im Zusammenhang weiter vortragen.
Ansonsten gilt – das sage ich gleich geschäftsleitend – das, was ich vorhin zur Limitierung von nachfolgenden Kurzinterventionen gesagt habe; denn wir haben eine Verabredung, was den Verlauf der Debatte betrifft. – Sie haben jetzt weiter das Wort.
Wir hören immer: Wird das Ganze eins zu eins umgesetzt? In ganz vielen Bereichen räumt dieser Pakt Spielräume ein. Wie soll denn ein Spielraum eins zu eins umgesetzt werden? Da können wir selber entscheiden, was wir machen. Wir können selber entscheiden, ob man legale und illegale Migranten in Deutschland unterschiedlich behandelt,
(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Innerhalb der Grenzen!)
etwa bei der Bezahlung, etwa bei der Frage der Sozialleistungen.
(Beifall des Abg. Olaf in der Beek [FDP])
Das können wir hier im Deutschen Bundestag entscheiden. Das entscheiden nicht die Vereinten Nationen. Unser souveränes Recht bleibt erhalten.
Meine Damen und Herren, diese Protokollerklärung, die jetzt beschlossen werden soll, bewirkt doch am Ende das Gegenteil von dem, was sie eigentlich bewirken soll.
(Beifall des Abg. Olaf in der Beek [FDP] – Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Quatsch!)
Denn wenn ich mich von einer rechtlichen Wirkung distanzieren muss, dann erkenne ich sie implizit an. Da schießen Sie sich selber ins Knie und merken es noch nicht einmal, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dass hier erzählt wird, wenn man jetzt diesen UN-Migrationspakt annimmt, würde Völkergewohnheitsrecht daraus werden, ist an Unkenntnis über das Völkerrecht überhaupt nicht zu überbieten.
(Jürgen Braun [AfD]: Ja! Gucken Sie mal in den Spiegel, Herr Kuhle! Unkenntnis des Völkerrechts! Schauen Sie mal in den Spiegel!)
Es gibt Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen aus den 1970er-Jahren, die heute noch kein Völkergewohnheitsrecht sind, weil die Staaten anders gehandelt haben, zum Beispiel wie der FDP-Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen, der eine Abschiebung durchgeführt hat, die jetzt gerichtlich bestätigt worden ist.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)
Solche Abschiebungen scheitern, weil Staaten sich weigern, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. Solche Abschiebungen scheitern, weil Staaten sich weigern, Passersatzpapiere auszustellen. Bei diesen Pflichten müssen wir diese Staaten packen. Deswegen ist es richtig, diesen Pakt zu unterzeichnen und auf internationaler Ebene Kante zu zeigen gegen solche Staaten, die sich nicht daran beteiligen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)
Insofern lehnen wir diese Protokollerklärung ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wenn die nötige Ordnung hergestellt ist, hat für die SPD-Fraktion die Kollegin Aydan Özoğuz das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296674 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Globaler Pakt für Migration |