30.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 69 / Zusatzpunkt 20

Thorsten FreiCDU/CSU - Globaler Pakt für Migration

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Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde genommen kann ich mich den bisherigen Wortmeldungen der allermeisten Vorredner anschließen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Dann lassen Sie es doch!)

Es ist doch in der Tat so, dass wir alle, auch in unseren Wahlkreisen, in den vergangenen Wochen und Monaten sehr intensiv mit diesem Thema befasst worden sind. Da spüren wir natürlich schon, dass es die Menschen umtreibt, dass sie Fragen haben, dass sie teilweise auch berechtigte Fragen haben, aber in ganz vielen Fällen eben auch Fake News aufsitzen. Das muss man auch in aller Deutlichkeit sagen: Den Menschen Sand in die Augen zu streuen,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das machen Sie!)

ist nicht das Richtige. Vielmehr geht es darum, ein ernstes Thema ernsthaft zu diskutieren und nach guten Lösungen zu suchen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und in diesem Zusammenhang ist auch der Antrag der AfD am heutigen Tag zu sehen. Es tut mir fast körperlich weh, Herrn Liebich zustimmen zu müssen

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

– das ist wahrscheinlich auch das erste Mal, dass ich das tue –; aber in der Tat ist es richtig: Dass wir in einer Woche das gleiche Thema in drei Debatten diskutieren, führt nicht zu besseren Ergebnissen, sondern führt nur dazu, dass ein Thema perpetuiert wird, von dem man glaubt, dass man parteipolitischen Nutzen daraus ziehen kann.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die haben doch kein anderes Thema!)

Das ist nicht souverän, und das ist auch keine verantwortungsvolle Politik für unser Land.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist doch immer dasselbe! Wenn man nur ein Thema hat, muss man sich damit mehrfach beschäftigen!)

Herr Frei, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Herrn Sichert?

Ja.

Herr Frei, nehmen Sie zur Kenntnis, dass sich die Aktuelle Stunde nachher nicht um den Globalen Pakt für Migration, sondern um den Globalen Pakt für Flüchtlinge dreht,

(Beifall bei der AfD)

der nämlich auch noch in Marrakesch verabschiedet werden soll, wo ganz klar von Resettlement-Programmen, also Neuansiedlungsprogrammen, die Rede ist, und bei dem das Thema Flüchtlinge separiert vom Thema Migration behandelt wird? Wir haben also zweimal das Thema Globaler Pakt für Migration und einmal das Thema Globaler Pakt für Flüchtlinge, über den leider in der Öffentlichkeit viel zu wenig gesprochen wurde, der aber Thema der Aktuellen Stunde nachher ist. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es sich eben nicht dreimal um das gleiche Thema dreht?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Dagmar Ziegler [SPD]: Bei Ihnen schon!)

Also, Herr Kollege, natürlich lese ich Ihre Anträge, auch Ihre Anträge zu Aktuellen Stunden. Ich will Ihnen eines sagen: Das sind zwei unterschiedliche Dinge – da haben Sie recht –, die aber miteinander in Verbindung stehen. Warum ist bisher weniger über den Global Compact on Refugees diskutiert worden? Vielleicht einfach deshalb, weil er vom Hochkommissar vorgelegt worden ist, weil er abgestimmt wurde – anders als der Global Compact for Migration –, und zwar mit 176:1, und schließlich, weil darüber nicht in Marrakesch abgestimmt wird, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Es sind zwei unterschiedliche Dinge,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja! Also, dann sagen Sie das auch!)

die aber thematisch natürlich zusammengehören. Und deshalb hätte man das sehr wohl in einer Debatte machen können. Argumente auszutauschen, ist immer richtig, dafür stehe ich auch ein; aber man kann auch konzentriert in einer Debatte die Dinge, die zusammengehören, diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie wollten das gar nicht machen! – Stephan Protschka [AfD]: Das sind zwei verschiedene Sachen!)

Ich will noch zwei Bemerkungen zu Ihrem Antrag machen, den sie jetzt gestellt haben. Das eine ist bereits von meinem Vorredner Detlef Seif gesagt worden: Es macht natürlich überhaupt keinen Sinn, eine Protokollerklärung machen zu wollen, wenn bereits in der Präambel des Global Compact drinsteht, dass er rechtlich nicht bindend ist, dass die souveränen Rechte der Nationalstaaten nicht angegriffen werden.

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Warum machen es die Österreicher? Sind das Dummköpfe?)

Dann braucht man eine Protokollerklärung eben nicht; denn schon damit hat man die höchste rechtliche Wirkung.

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Warum machen das die Österreicher?)

Im Übrigen habe ich hier im Deutschen Bundestag auch keinen Redner gehört, der dies infrage gestellt hätte.

Das Zweite, was Sie beantragen – der „permanent objector“ bzw. „persistent objector“ –, ist ein Rechtsinstitut, das, wenn man es überhaupt so nennen darf, in der Fachliteratur höchst umstritten ist. Und es gibt, noch wichtiger, keinen einzigen praktischen Fall, wo es je angewendet oder zum Erfolg geführt hätte.

(Beifall des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU] – Zurufe des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])

Insofern ist auch das ein Popanz und hat nichts mit Realpolitik zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Warum machen das die Österreicher?)

Ich will Ihnen in wenigen Spiegelstrichen noch sagen, warum wir aus voller Überzeugung der Auffassung sind, dass dieser Weg der richtige ist.

Weil wir mit 3,3 Prozent der Weltbevölkerung, die als Migranten unterwegs sind, ein globales Problem haben, und wir dafür auch eine globale Lösung brauchen.

Die globale Lösung reicht nicht aus, das ist richtig. Natürlich müssen wir auf nationalstaatlicher Ebene das Notwendige tun. Vieles haben wir gemacht; vieles ist noch zu tun, etwa wenn es darum geht, im Bereich der Rückführungen deutlich besser zu werden und dafür die gesetzlichen Voraussetzungen nachzuschärfen.

Wir müssen auch auf europäischer Ebene besser werden, wenn es um einen gemeinsamen und effektiven Außengrenzschutz geht.

Es ist richtig: Es ist am schwierigsten, auf internationaler, auf globaler Ebene zu Lösungen zu kommen, weil dort natürlich auch die Interessen weit auseinandergehen. Das ist der Grund, warum wir hier kein rechtlich verbindliches Regelwerk haben, sondern einen Kooperationsrahmen, der im Übrigen erstmals ein gemeinsames Verständnis dafür definiert, dass irreguläre, illegale Migration unterbunden werden muss, und der letztlich auch besagt, dass das etwas ist, was die internationale Staatengemeinschaft gemeinsam angeht.

Herr Frei, erlauben Sie Zwischenfrage oder -bemerkung von Frau von Storch?

Wenn Sie es erlauben.

Das müssen Sie entscheiden, nicht ich.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nein, das ist doch immer dasselbe!)

Also von mir aus gerne. Sie hatten ja vorhin daraufhin gewiesen, dass Sie auf die Länge der Debatte achten.

Dann sagen Sie Ja oder Nein. Das liegt jetzt an Ihnen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Immer dasselbe, egal wer es vorschlägt! – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie Nein!)

Ja, bitte. Ich habe nichts dagegen.

Frau von Storch.

Zur Klarstellung vielleicht noch eine Frage: Sie sagen, die Migration insgesamt werde nicht zunehmen, sie würde auch nicht zunehmen; da müssten wir uns keine Sorgen machen. Gleichzeitig steht aber in dem Pakt drin – ich zitiere Punkt 8 –:

Wir anerkennen, dass Migration eine Quelle von Wohlstand, der Innovation und der nachhaltigen Entwicklung in unserer globalisierten Welt ist.

Müsste unter dem Gedanken nicht mehr Migration besser sein, da sie mehr Wohlstand, mehr Innovation bringt? Müssten Sie uns nicht sagen: „Wir brauchen mehr Migration, und wir wollen auch mehr Migration“?

Frau Kollegin von Storch, ich glaube, die Dinge muss man ganz klar auseinanderhalten.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das können die nicht!)

Wir werden beispielsweise noch in diesem Jahr – im parlamentarischen Betrieb wird das Anfang nächsten Jahres sein – ein Fachkräftezuwanderungsgesetz auf den Weg bringen,

(Lachen der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

weil wir wissen, dass wir das Wirtschaftswachstumspotenzial in Deutschland derzeit nicht heben können, da wir nicht genügend Facharbeitskräfte haben.

(Jürgen Braun [AfD]: Wir haben doch schon Tausende Syrer!)

Insofern ist es vollkommen richtig: Ja, wir brauchen mehr Migration in den Arbeitsmarkt. Wir brauchen keine Migration in die sozialen Transfersysteme. Es geht deshalb darum, zu ordnen, zu steuern und dafür zu sorgen, dass die Migration in Deutschland und nach Deutschland stattfindet, die unsere Gesellschaft auch tatsächlich weiterbringt. Das ist auseinanderzuhalten, und dazu stehen wir.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Sie haben nichts verstanden!)

Lassen Sie mich zuletzt noch mit einer Mär aufräumen. Es wird ja immer wieder darüber diskutiert, dass andere Staaten nicht mitmachen beim Global Compact, dass sie sich verabschiedet hätten. Da fallen mir die USA ein, da fällt mir Russland ein, da fällt mir China ein.

(Stephan Protschka [AfD]: Österreich! Israel! Ungarn!)

Das sind die Staaten, die nichts von Multilateralismus und einer Staatenordnung in der Welt, die geordnet ist, wissen wollen.

Zur Schweiz, die Sie ja beispielsweise auch noch anführen, lassen Sie mich ganz zum Schluss noch sagen: Es spricht sehr viel dafür, dass die Schweiz am Ende bei diesem Global Compact mitmachen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dort wird es eine parlamentarische Befassung geben. Das Schweizer Parlament tagt in vier Sessionen im Jahr; das schaffen die nicht mehr bis zum 10. Dezember 2018. Danach wird die Abstimmung dort stattfinden. Ich bin davon überzeugt, dass die Schweiz dabei sein wird, weil auch der Schweizer Bundesrat, die Regierung dort, diesem Pakt zustimmt, weil sie der Auffassung ist, dass es eine gute Lösung ist, eine internationale Antwort auf globale Herausforderungen zu geben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Thorsten Frei. – Nächster Redner: Martin Hebner für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296680
Wahlperiode 19
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Globaler Pakt für Migration
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