30.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 69 / Zusatzpunkt 20

Stephan HarbarthCDU/CSU - Globaler Pakt für Migration

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja, mit der Gewaltenteilung ist alles in Ordnung in Deutschland! So sieht Gewaltenteilung aus! Wunderbar! Was für eine Bananenrepublik!)

Es ist richtig, in wenigen Tagen den Globalen Migrationspakt in Marrakesch zu beschließen.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Da haben wir ja schon das Urteil des Verfassungsgerichts! Sehr gut!)

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat immer betont, wie wichtig es ist, dass bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen der Migration nationale und internationale Schritte Hand in Hand gehen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Der Verfassungsrechtler spricht! Das ist ja ein dolles Ding! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Unfassbar! So sieht Gewaltenteilung in Deutschland aus!)

Nur so kann Migration wirksam gesteuert, nur so kann Migration wirksam begrenzt werden. Deshalb mag es paradox klingen: Aber wir haben in den vergangenen Jahren gerade als Innenpolitiker immer mehr gelernt, welche herausragende Bedeutung die Außenpolitik hat.

Vor welchen Herausforderungen stehen wir bei der Migration? Im Kern geht es um das Problem, dass die Standards für Migranten auf der Welt sehr unterschiedlich sind. Diese Standards müssen einander angenähert werden; sie dürfen nicht weiter auseinanderlaufen. Sie müssen enger aneinander herangeführt werden, um den Migrationsdruck auf Europa und auf Deutschland zu reduzieren, und zwar auch dann, wenn dies nur in kleinen Schritten und nur langfristig gelingen mag.

Ich bin nicht so naiv, zu glauben, dass wir die Welt auf europäische Standards anheben können; aber ich habe vor wenigen Monaten in einem Flüchtlingslager in Jordanien gesehen, dass bereits eine gesicherte Nahrungsmittelversorgung, medizinische Grundleistungen und der Zugang zu einer einfachen Schulbildung Familien veranlassen, sich nicht auf den Weg nach Europa zu machen, sondern in der Nähe ihrer Heimat zu bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb haben wir ein überragendes Interesse daran, dass auch in anderen Ländern ein Zugang zu diesen Mindeststandards gewährt wird. Darauf zielt der Globale Migrationspakt ab, und deshalb liegt der Globale Migrationspakt im nationalen Interesse Deutschlands.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Herr Dr. Harbarth, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, da ich aufgrund meiner Wahl zum Verfassungsrichter den Deutschen Bundestag verlassen werde, möchte ich einige persönliche Bemerkungen an den Schluss meiner Rede stellen.

Bundestag und Bundesrat haben mir in der vergangenen Woche die Ehre zuteilwerden lassen, mich zum Richter am Bundesverfassungsgericht und zu dessen Vizepräsidenten zu berufen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Den Kolleginnen und Kollegen, die mir dieses Amt anvertraut haben, spreche ich meinen tief empfundenen Dank aus. Als ich vor ziemlich genau neun Jahren meine Zeit als Abgeordneter begann, wäre mir von allen denkbaren Möglichkeiten des Mandatsverlusts diejenige, die nun eintritt, als allerletzte in den Sinn gekommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Thema!)

Ich möchte den Wählerinnen und Wählern meines Wahlkreises Rhein-Neckar, die mir bei drei Bundestagswahlen ihr Vertrauen geschenkt haben, herzlich Dank sagen. Es war mir eine große Freude, ihre Interessen über die letzten Jahre im Deutschen Bundestag vertreten zu dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestags, für die Zusammenarbeit, die immer von gegenseitigem Respekt und von der kollegialen Suche nach einem der Sache dienlichen Kompromiss getragen war. Und ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ohne die wir im Deutschen Bundestag nicht arbeiten könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wünsche ich diesem Parlament? Ich wünsche dem Deutschen Bundestag die Kraft, bei allen dem demokratischen Willensbildungsprozess immanenten Meinungsverschiedenheiten die Diskussion in einem Stil zu führen, der die Bürgerinnen und Bürger mit Stolz auf dieses Haus blicken lässt, das an fast sieben Jahrzehnten erfolgreicher Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einen so zentralen Anteil hat.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich wünsche dem Deutschen Bundestag die Fähigkeit, bei allen tagespolitischen Diskussionen die großen Linien der Politik nicht aus dem Blick zu verlieren. Und ich wünsche ihm die Fähigkeit, zu erkennen, dass nationale Maßnahmen immer wichtig sind, aber dass es in einer Welt, die enger zusammenrückt, auch immer der internationalen Perspektive bedarf.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wünsche dem Deutschen Bundestag die Fähigkeit zur Erkenntnis, dass es sich bei diesem Haus nicht um ein Experimentierlabor handelt, in dem man einmal dieses oder jenes ausprobieren kann, sondern immer zu sehen, dass jede einzelne Entscheidung dieses Hauses unmittelbar schicksalsrelevant für Menschen wirkt. Es ist deshalb nicht nur ein Privileg, sondern es ist auch eine große Verantwortung, im Deutschen Bundestag für dieses Land politisch wirken zu dürfen, und der Arbeitsstil sollte dem immer Rechnung tragen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Schließlich wünsche ich dem Deutschen Bundestag in einer Zeit, in der Nationalismus und die Versuchung autoritärer Führung leider nichts an Anziehungskraft verloren haben, immer den Ideen den Vorrang zu geben, deren Strahlkraft weit größer ist und die deshalb immer viel heller leuchten werden: den Ideen von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Mandate im Deutschen Bundestag werden vergeben auf Zeit. Die Erinnerung überdauert diese Zeit. Mir war es Ehre und Freude, diesem Deutschen Bundestag angehören zu dürfen.

Herzlichen Dank, alles Gute und auf Wiedersehen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296688
Wahlperiode 19
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Globaler Pakt für Migration
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