30.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 69 / Zusatzpunkt 21

Eckhardt RehbergCDU/CSU - Portugal: Vorzeitige Rückzahlung der Kredite

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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Boehringer, ich weiß, warum Sie nicht über Portugal reden wollen: weil es eine Erfolgsgeschichte ist

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

und zeigt, dass die europäischen Instrumente – damals erstmals gemeinsam mit der FDP und dann mit der SPD eingesetzt – greifen.

(Peter Boehringer [AfD]: Wir haben ja gar nichts gegen die Rückzahlung!)

Sie müssten dann auch etwas Positives über Europa bzw. die Euro-Zone sagen. Das kommt Ihnen natürlich nicht über die Lippen, weil ja in Ihrem Weltbild Europa Teufelszeug ist. Deswegen haben Sie mal wieder eine Ausflucht gesucht mit dem Thema TARGET2.

(Beatrix von Storch [AfD]: 900 Milliarden Euro! Da kann man ja mal drüber reden!)

Erste Richtigstellung: Sie können doch für Ihren TARGET-­Antrag eine Kernzeitdebatte beantragen. Dann können Sie eine Stunde oder auch länger darüber reden.

Zweite Bemerkung: Einen solchen Schwachsinn habe ich noch nicht erlebt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

dass wir am Mittwoch eine Anhörung beantragen sollen, wenn am Freitag über den Antrag abgestimmt werden soll. Sollten wir das zwischen Mittwochnachmittag und Freitagmittag machen?

(Peter Boehringer [AfD]: Das habe ich aber schon beantwortet!)

Kollege Boehringer, Sie haben sich selber so ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Ich habe zu Hause drei Teile von Grimms Märchen. Den vierten Teil, den Sie heute vorgetragen haben, erspare ich mir.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entwicklung in Portugal – beginnend mit einer konservativen Regierung, heute ist es eine Linksregierung – zeigt: Portugal hat beeindruckende makroökonomische Daten. Die Wachstumsrate lag 2012 bei minus 4 Prozent. Heute liegt sie bei über 2 Prozent.

Die Arbeitslosenquote betrug vor sechs Jahren 15,5 Prozent. Heute sind es 6,3 Prozent.

Der Haushalt ist heute fast ausgeglichen. Vor zehn Jahren lag das Defizit bei minus 11,2 Prozent. Die Schuldenstandsquote ist von 131 Prozent auf 119 Prozent gesunken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

Ganz besonders wichtig ist, glaube ich, dass Portugal heute in der Lage ist, mit einem Abstand von nur 1,52 Prozentpunkten zu zehnjährigen deutschen Bundesanleihen sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren.

Und das alles in weniger als zehn Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Menschen in Portugal haben Lasten auf sich genommen. Aber heute zeigt sich, dass es sich lohnt, dass Europa regelbasiert ist, dass wir die Kredite mit Konditionen vergeben haben. Und Portugal hat angekündigt, dass es jetzt nicht nur IWF-Kredite ablösen will – mit einer Zinsersparnis von etwa 80 Millionen Euro –, sondern auch nach 2020 mit 2 Milliarden Euro beginnen will, Gelder an die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität zurückzuzahlen. Ich finde, das ist eine beeindruckende Bilanz.

Die Erfolgsgeschichte heißt nicht nur Portugal, sie heißt auch Irland, sie heißt auch Spanien, und sie heißt auch Zypern. Ich bin, wenn man die makroökonomischen Daten sieht, auch in Bezug auf Griechenland positiv eingestellt, dass es einen positiven Weg gehen kann und einen positiven Weg gehen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden im Augenblick über die Reform der Euro-Zone. Aber, ich glaube, gerade das Beispiel Portugals zeigt, dass es richtig war, dass die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen Italien eröffnet hat. Ich glaube, in einem regelbasierten Europa, in einer regelbasierten Euro-Zone mit Konditionen und mit Stabilitäts- und Wachstumspakt – ich sage das einmal schlicht – kann nicht jeder machen, was er will. Es kann nicht sein, dass Wahlversprechen in Größenordnungen gemacht werden, deren Erfüllung automatisch dazu führt, dass Haushaltsdefizite eingefahren werden.

Übrigens schaue man sich mal die Struktur italienischer Staatsanleihen an: Nach meiner Erkenntnis entfallen 70 Prozent auf italienische Sparerinnen und Sparer. Das heißt, den Weg, den Italien, den die italienische Regierung heute geht, schadet der eigenen Bevölkerung am meisten. Ich kann Italien nur anmahnen, sich die Bilder zu vergegenwärtigen, die es in Griechenland vor drei Jahren im Sommer gegeben hat: geschlossene Banken, Menschen stehen Schlange, Menschen haben kein Bargeld. Und das trifft dann am allermeisten die sozial Schwächeren.

Deswegen wird es ganz wichtig sein – hier, Frau Staatssekretärin, sind wir, glaube ich, gemeinsam auf einem guten Weg –, wenn ich die verschiedenen Punkte sehe, die in der kommenden Woche in der Euro-Gruppe besprochen werden und die auf dem Euro-Gipfel möglicherweise gemeinsam zur Vereinbarung anstehen – das ist immer ein schwieriges Unterfangen bei 19 Mitgliedern in der Euro-Zone –, dass Deutschland dabei nicht der Bestimmer ist, sondern wir das gemeinsam auf den Weg bringen.

Ich glaube aber, dass der heutige Tag zeigt, dass dann, wenn wir nach Regeln handeln, nach Konditionen handeln und man sich daran hält, letztendlich auch die Menschen in den Ländern davon etwas haben. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag der Bundesregierung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Nicola Beer, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296750
Wahlperiode 19
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Portugal: Vorzeitige Rückzahlung der Kredite
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