Florian Pronold - Stickoxid-Grenzwert und Messverfahren
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden über ein ernstes Thema, nämlich über die Gesundheit von Menschen in den Städten, und wir stellen fest, dass es in der Wissenschaft allgemein anerkannte Grenzwerte für Stickstoffdioxid gibt, die 1999 beschlossen worden sind und 2008 durch die Bundesregierung noch mal bestätigt worden sind, die in einer gültigen Verordnung stehen und die helfen sollen, dass auch Menschen im Außenbereich unterwegs sein können, die besondere Vorerkrankungen wie Asthma haben, dass auch kleine Kinder, die besonders anfällig sind – Babys –, vor schädlichen Umwelteinwirkungen geschützt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Darum geht es im Kern.
Jetzt erleben wir hier zwei Anträge, die versuchen, zu vernebeln, die im wahrsten Sinne des Wortes versuchen, zu verharmlosen und die Automobilindustrie aus ihrer Verantwortung für die Nachrüstung zu entlassen. Es ist nämlich so, dass eine ganze Menge der legal zugelassenen Diesel-Pkw real sechs- bis achtmal mehr NO x ausstoßen als vorher im Labor. Wenn wir diese Ausstöße nicht wegbekommen, dann treten weiterhin Gesundheitsbelastungen in den Innenstädten der besonders belasteten Städte auf. Deswegen darf man den Druck auf die Automobilindustrie nicht dadurch verringern, dass man so tut, als gäbe es massenhaft fehlaufgestellte Messstellen oder als wären diese Grenzwerte willkürlich.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wenn man sich die ganze Studienlage zu dem Thema anschaut, ist eines klar: Die Belastung mit NO x und Feinstaub ist schädlich. Je mehr Menschen davon abbekommen, umso kränker werden sie. Jetzt habe ich im Ausschuss von der FDP gehört: An den verkehrsbelasteten Straßen wohnten überwiegend ärmere Menschen;
(Judith Skudelny [FDP]: Nein, das habe ich nicht gesagt! – Gegenruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Skudelny, das haben Sie gesagt!)
und ärmere Menschen rauchten mehr, und deswegen seien sie auch kränker.
(Judith Skudelny [FDP]: Ihre Rede wird nicht besser, indem Sie mich falsch zitieren!)
Ich finde, es schlägt dem Fass wirklich den Boden aus, wenn man so versucht, wissenschaftliche Erkenntnisse zu torpedieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der FDP: Frechheit!)
Dann komme ich zu den Messstellen, wo die AfD immer eine aus Athen anführt, die angeblich falsch aufgestellt sei – was ich nicht weiß. Der Mythos ist ja, dass nur Deutschland so toll misst und alle anderen davon überhaupt nicht betroffen sind. Es wundert mich von daher, warum Athen – wenn die Griechen manipulieren würden – unter den zehn meistbelasteten Städten in Europa ist, was die NO x -Belastung angeht, es wundert mich, warum es dort wie in anderen Städten Fahrverbote gibt, es wundert mich, warum die EU in 22 der 28 Mitgliedstaaten Überschreitungen feststellt und gegen 13 Mitgliedstaaten ein Verfahren eröffnet hat, wenn es – angeblich – nur in Deutschland so ist, dass alles genauer gemacht wird und dass alle anderen bescheißen. Das ist nicht so.
Jetzt hatten wir die Debatte in Nordrhein-Westfalen. Da ist behauptet worden: Die Messstellen sind falsch aufgestellt worden. – Dann hat das Land Nordrhein-Westfalen den TÜV Rheinland beauftragt, und der hat 49 Messstellen, die zu dem EU-Messnetz gehören, überprüft. Und alle 49 liefern korrekte Ergebnisse.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt könnte man doch endlich mal aufhören, den eigenen Landesverwaltungen, die alle sagen: „Wir stellen das Ganze nach den EU-Richtlinien ordnungsgemäß auf“, zu misstrauen. Die sind übrigens politisch komplett unterschiedlich besetzt. Aber nein, das passiert nicht, sondern es wird weiterhin an beliebig vielen Stellen so getan, als würde die eine oder andere Messstelle falsch stehen und als könnte man Fahrverbote verhindern, indem man die Geräte woanders hinstellt.
Ich biete für das Bundesumweltministerium an: Wir sind bereit, alle Verkehrsmessstellen in jeglichem Bundesland auf eigene Kosten überprüfen zu lassen, um endlich mit diesem Mythos aufzuräumen und uns wirklich auf das zu konzentrieren, was Sache ist, nämlich den Gesundheitsschutz der Menschen in den Vordergrund zu stellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner der Kollege Marc Bernhard, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296761 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Stickoxid-Grenzwert und Messverfahren |