Karsten MöringCDU/CSU - Stickoxid-Grenzwert und Messverfahren
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Redezeit ist gar nicht lang genug, um auf all den Mist zu antworten, den wir eben gehört haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP] – Marc Bernhard [AfD]: Das Versprechen der Kanzlerin ist Mist! – Gegenruf der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ruhig Brauner!)
Vielleicht nur ein paar Punkte.
Die Verschwörungstheoretiker sitzen auf der rechten Seite des Hauses. Herr Bernhard ignoriert beispielsweise, was Herr Pronold uns gerade über die Reaktion der EU auf die verschiedenen Stufen im Vertragsverletzungsverfahren bis hin zur Klage vor dem EuGH gesagt hat. Er behauptet nach wie vor, es seien außer Deutschland nur zwei Länder. Ich verstehe auch nicht, warum er uns vorwirft, wir würden die Messstellen so platzieren, dass Fahrverbote entstehen, während wir hier alles tun, um Fahrverbote zu vermeiden. Konsistent ist das nicht.
(Karsten Hilse [AfD]: Sie tun alles, um Fahrverbote zu vermeiden? Also bitte!)
Aber kommen wir zum Kern des Themas, um das es hier geht, und machen wir uns ein paar Punkte klar; denn in der Tat haben wir es hier mit gesundheitlicher Beeinträchtigung zu tun. Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die die Lebenszeit eines Menschen beeinflussen, haben wir interne Faktoren, die vom Einzelnen abhängen – wie viel er sich bewegt, wie viel er raucht, wie viel er isst –, aber auch externe Faktoren – Arbeitsunfälle, Verkehrsunfälle, aber auch Umweltbelastungen, Gifte und gesundheitsschädliche Stoffe in der Luft. Deswegen ist völlig klar, dass es unsere Aufgabe in der Politik ist, diese Einflüsse von außen zu minimieren. Dazu gehören die Luftschadstoffe; das ist völlig klar.
Jetzt zu der Frage der Grenzwerte. Die Diskussion, auf die die 40 Mikrogramm zurückgehen, ist in den 90er-Jahren geführt worden. Vielleicht haben wir heute eine andere Grundlage. Wir haben aber inzwischen zahlreiche Studien mehr, die auch dauernd überprüft werden. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin sagt: Ein Grenzwert von 40 Mikrogramm ist ein gesetzter. Es gibt medizinisch keinen zwingenden Grund dafür, dass er bei 40 Mikrogramm liegt, er könnte auch 20 Mikrogramm oder mehr betragen.
(Zuruf von der AfD: Oder 120!)
Es kommt auf die Gesamtsituation an.
Für uns ist entscheidend, was das bedeutet. Wenn wir einen Grenzwert setzen, egal ob hier im Parlament oder in der EU, dann heißt das auf Deutsch: Es ist ein Auftrag an uns, so zu handeln, dass dieser Grenzwert eingehalten wird. Das ist uns bisher nicht gelungen. Es ist uns nicht gelungen, weil wir ihn in der Anfangszeit, als dieser Grenzwert festgelegt wurde, vielleicht nicht ernst genug genommen haben. Das gilt für die ganze Bandbreite der öffentlichen Diskussion; vielleicht den einen oder anderen ausgenommen. Der entscheidende Punkt dabei ist: Wir müssen ihn aber erreichen, weil wir ihn uns gesetzt haben. Wir werden ihn ja in den nächsten Jahren vielleicht auch noch einmal verschärfen. Dieser Auftrag bleibt.
Jetzt kommt aber die Frage: Wie erreichen wir das, und was machen wir in der Zwischenzeit? Wir stehen ohne Frage unter Zeitdruck. Aber der entscheidende Punkt ist eigentlich: Was müssen wir in der Zwischenzeit machen oder – in Anführungszeichen – erdulden? Wir können der Autoindustrie Vorwürfe machen. Sie hat sich aber mit Ausnahme derjenigen, die auf dem Teststand manipuliert haben, an die gesetzlichen Regeln gehalten. Diese Bandbreite haben wir oder hat die EU zugelassen. Ausländische Fahrzeughersteller, die in Deutschland ihre Fahrzeuge absetzen, sagen: Wir haben alles richtig gemacht. – Die können wir auch gar nicht in Haftung nehmen. Unsere Autohersteller können wir auffordern: Macht etwas, Software-Updates, Nachrüstung, alles Mögliche. – Aber der entscheidende Punkt dabei ist: Wir alle wissen, dass die Luftschadstoffe aus verschiedenen Quellen kommen, aus der Industrie, aus der Landwirtschaft, aus dem Verkehr.
Die entscheidende Frage ist jetzt: Wieso soll der Verkehrssektor, weil er am leichtesten greifbar ist, in der Zeit, die wir brauchen, um die 40 Mikrogramm zu erreichen, dadurch bestraft werden, dass soundso viele Fahrzeuge nicht fahren dürfen? Hier geht es um die Frage: Welche Maßnahmen sind verhältnismäßig? Dass wir jetzt keinen Druck mehr brauchen, um alles zu tun, um diese Ziele zu erreichen, das liegt, glaube ich, auf der Hand.
(Beifall des Abg. Felix Schreiner [CDU/CSU])
Zu der Frage, ob wir Fahrverbote brauchen, sagen einige Gerichte: Ja. – Wir werden aber definieren, dass Fahrverbote bei Messwerten innerhalb einer bestimmten Bandbreite von 10 Mikrogramm über dem Grenzwert nicht verhältnismäßig sind. Die Beeinträchtigung für die Zeit, in der dieser Grenzwert nicht erreicht wird, steht in keinem Verhältnis zu der Beeinträchtigung durch die Fahrverbote, vor allen Dingen wenn sie großräumig sind. Deswegen wollen wir diese Fahrverbote nicht. Gleichzeitig wollen wir aber alles tun, um diese Grenzwerte zu erreichen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür tut die Bundesregierung einiges, und dafür tun wir einiges. Wir haben Programme aufgelegt und mit Mitteln in erheblichem Umfang ausgestattet, die zur Reduzierung führen. Denn worauf kommt es an? Es kommt darauf an, dass wir die Verkehre, die sich überwiegend in der Stadt abspielen – die Lieferverkehre, die städtischen Verkehre, die Verkehrsbetriebe, die Müllverkehre und, und, und –, was die Emissionen angeht, möglichst schnell so schadstoffarm machen, wie es geht. Dafür haben wir ein großes Förderprogramm aufgelegt. Das ist der richtige Weg.
Ich hatte heute Nachmittag, zwei Stunden vor dieser Veranstaltung, das Vergnügen, beim Bundesverkehrsministerium zwei Förderbescheide entgegennehmen zu dürfen
(Kirsten Lühmann [SPD]: Oh!)
in Höhe von ungefähr 19 Millionen Euro für die Förderung von Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme, deren Sinn es ist, Schadstoffreduzierung zu erreichen, indem man Verkehre steuert.
In der letzten Woche gab es allein für Köln 3 Millionen Euro für die Umrüstung auf Elektromobilität.
(Zuruf der Abg. Judith Skudelny [FDP])
Im Juni haben wir bereits mehrere Millionen Euro für ähnliche Programme bekommen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nichts für Hardwareumrüstung!)
Dieses Programm ist der richtige Weg, den wir gehen müssen, um unsere Ziele zu erreichen und Fahrverbote zu vermeiden.
(Beifall des Abg. Felix Schreiner [CDU/CSU])
Herzlichen Dank an das Plenum, das den Haushalt beschlossen hat, und an das Bundesverkehrsministerium, das diese Mittel vernünftig ausgibt und auf diese Weise dafür sorgt, dass wir unserem Ziel, die Grenzwerte einzuhalten, erheblich näher kommen. Dieser Weg ist der richtige; wir werden ihn weitergehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. Vorbildlich die Redezeit eingehalten. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Judith Skudelny, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296764 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Stickoxid-Grenzwert und Messverfahren |