Christoph MatschieSPD - Aktuelle Stunde - Keine vorgezogene Annahme des Globalen Paktes in Marrakesch
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da muss man erst mal tief durchatmen. – Herr Frohnmaier, wissen Sie, warum wir in dieser Woche im Plenum so oft über das Thema diskutieren? Weil die AfD offenbar geistig nicht in der Lage ist, zu erfassen, was in diesen beiden Pakten steht, weil die Verschwörungsfantasien mit Ihnen durchgehen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Diverse Gesellschaften!)
Herr Frohnmaier, Sie waren doch das beste Beispiel dafür. Ich versuche, noch mal an einer anderen Stelle anzufangen; vielleicht verstehen Sie es ja doch noch.
(Ulrich Lechte [FDP]: Das versteht er nie! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr unwahrscheinlich!)
Wenn eine menschliche Gemeinschaft, sagen wir mal, eine Kommune, mit einer Krisensituation überfordert ist, dann wird sie versuchen, aus dieser Krisensituation zu lernen. Sie wird sich einen Plan machen. Es wird Notfallpläne geben. Es wird Absprachen geben. Vielleicht redet man auch mit den Nachbarkommunen darüber, wie man eine solche Situation besser bewältigen kann:
(Karsten Hilse [AfD]: Genau! Alle anderen wollen das dann auch!)
Wer finanziert was? Wer stellt was zur Verfügung? Wer ist für was zuständig? – Kein intelligenter Mensch würde auf die Idee kommen, dass ein solches Vorgehen dazu da ist, die Krise zu wiederholen. Jeder wäre der Meinung: Es ist dazu da, besser mit Krisen umzugehen. Jeder – außer der AfD!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Peter Beyer [CDU/CSU] und Ulrich Lechte [FDP])
Wir haben unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt über künstliche Intelligenz geredet.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Weil die natürliche fehlt, Herr Matschie, ich weiß!)
Bei dem, was Sie hier vorgetragen haben, mache ich mir manchmal über die menschliche Intelligenz in Ihren Reihen viel größere Sorgen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Ulrich Lechte [FDP] und Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der Globale Pakt für Flüchtlinge ist genau das. Die internationale Gemeinschaft hat sich zusammengesetzt und überlegt: Wie können wir mit Flüchtlingssituationen besser umgehen? Wir haben mittlerweile über 68 Millionen Vertriebene und Flüchtlinge weltweit. Wir haben die Situation 2015/2016 auch hier im Land erlebt. Es muss doch in unserem Interesse sein, dass wir aus diesen Erfahrungen lernen, dass wir darüber nachdenken, wie wir besser international zusammenarbeiten, wie wir welche Aufgaben finanzieren, wer was dazu beitragen kann und wie wir – das ist übrigens der erste Punkt in diesem Pakt – die Hauptaufnahmeländer entlasten können, damit nicht die ganze Last auf einigen wenigen liegt, sondern international möglichst gut verteilt wird.
(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Was kann man eigentlich dagegen haben? Außer man hat solche Verschwörungsfantasien, wie Herr Frohnmaier sie eben hier vorgetragen hat! Da fällt einem ja wirklich nichts mehr ein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Karsten Hilse [AfD]: Das war vorgelesen, zitiert!)
– Hören Sie mal zu; vielleicht lernen Sie was.
Ja, in diesem Pakt ist auch von Resettlement die Rede. Warum? Weil es die Situation gibt, dass Flüchtlinge dort, wo sie zuerst untergekommen sind, keine Bedingungen vorfinden, unter denen sie menschenwürdig leben können, zum Beispiel, weil sie schwer krank sind und dort die Krankheit nicht behandelt werden kann, weil sie behindert sind, weil sie aus anderen Gründen vielleicht besonders gefährdet sind. Für solche Menschen soll es die Möglichkeit geben, weitere Staaten zu finden, die sie aufnehmen, die sie medizinisch versorgen, die dafür sorgen, dass sie menschenwürdig leben können. Wer außer der AfD kann etwas dagegen haben, dass Menschen menschenwürdig behandelt werden?
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist Unsinn!)
Im Übrigen: Die EU hat sich dazu bekannt, in diesem und im nächsten Jahr 50 000 Plätze für solches Resettlement zur Verfügung zu stellen, weil wir uns humanen Werten verpflichtet fühlen und weil wir der Meinung sind, dass der Satz im Grundgesetz „Die Würde des Menschen ist unantastbar“
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Richtig!)
nicht nur für uns gilt, sondern für jeden Menschen auf dieser Welt. Jeder hat diese Menschenwürde.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, um auf den Kern zurückzukommen: Wir brauchen diesen Pakt neben der Genfer Flüchtlingskonvention, die übrigens schon sehr viele Fragen rechtlich abgeklärt hat,
(Ulrich Lechte [FDP]: Das schon lange!)
nämlich: Wer ist ein Flüchtling? Welche Rechte haben Flüchtlinge? Was ist mit der Aufnahme von Flüchtlingen? Dieser Pakt soll jetzt dafür sorgen, dass die internationale Staatengemeinschaft besser als bisher zusammenarbeitet, frühzeitiger agieren und auf Grenzsituationen reagieren kann, dass die internationale Staatengemeinschaft mehr tut für die Prävention, mehr tut, um Fluchtursachen frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können, und dafür mehr Mittel zur Verfügung stellt. Im Übrigen haben auch die Bundesregierung und dieses Parlament auf die Entwicklung der letzten Jahre reagiert. Wir haben in den Haushaltsberatungen, die wir hier vor kurzem im Parlament abgeschlossen haben, die Mittel für Krisenprävention und humanitäre Hilfe massiv aufgestockt. Das ist ein Zeichen unserer Art, Hilfe zu leisten, zu humanitären Werten zu stehen.
(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])
Dieser Pakt ist ein Ausdruck von Menschlichkeit, und wer gegen diesen Pakt ist, der zeigt, dass er weder Herz noch Verstand besitzt.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Ulrich Lechte [FDP])
Der nächste Redner ist der Kollege Philipp Amthor, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7296807 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 69 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Keine vorgezogene Annahme des Globalen Paktes in Marrakesch |