30.11.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 69 / Zusatzpunkt 24

Daniela De RidderSPD - Aktuelle Stunde - Keine vorgezogene Annahme des Globalen Paktes in Marrakesch

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste, zumindest vor den Bildschirmen! Ja, es ist richtig: Wir diskutieren hier gerade zum dritten Mal in dieser Woche die Globalen Pakte für Flüchtlinge und für Migration. Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir eine lernende Organisation in diesem Plenum sind.

(Dagmar Ziegler [SPD]: Teilweise!)

Was haben wir aber in dieser Woche lernen dürfen? Dass die AfD ein Problem mit Migration und Flüchtlingen hat.

(Widerspruch bei der AfD)

Aber das wussten wir schon vorher, meine Herren und wenigen Damen.

Was haben wir noch gelernt? Dass die AfD undeutsch ist.

(Karsten Hilse [AfD]: Das sagt die Richtige!)

Ich habe in diesen langen Debatten zwischendurch überlegt, Herr Gauland: Wenn Sie alle Migrantinnen und Flüchtlinge in diesem Land loswerden wollen, dann würden Sie plötzlich – das ist ein Mangel an Solidarität mit Ihren eigenen Leuten – den Auswärtigen Ausschuss und Ihre Arbeitsgruppe richtig dezimieren; denn von den Mitgliedern Ihrer Fraktion im Auswärtigen Ausschuss haben mindestens vier einen Migrationshintergrund.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist doch gut so! – Jürgen Braun [AfD]: Ja und?)

– Natürlich, aber die wollen Sie ja alle loswerden.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Was reden Sie denn?)

Sie haben ja ein Problem mit Migration und Flüchtlingen.

(Leif-Erik Holm [AfD]: Das sind doch völlig unterschiedliche Dinge!)

Ich meine, wie Sie das dann vereinbaren, erschließt sich mir nicht.

(Leif-Erik Holm [AfD]: Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deutsche Geschichte ist immer auch die Kultur von Migration und Flüchtlingen. Sie sind undeutsch.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Hören Sie mal mit dem Nazibegriff auf! Undeutsch!)

Sie sind geschichtsvergessen, Sie sind kulturvergessen, und Ihre Werte sind fraglich.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP] – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Nationalsozialistische Ideologie!)

– Herr Gauland, regen Sie sich nicht auf. Das ist nicht gut für Ihr Herz. Sie haben doch eins, oder?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie überlebe ich noch!)

– Das bleibt abzuwarten, Herr Gauland.

Ich will Ihnen etwas über deutsche Kultur sagen und unsere Werte;

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Bin ich mal gespannt!)

denn die transportieren sich in echten Märchen und nicht in den Mythen, die Sie verbreiten. Ich meine die deutschen Volksmärchen, die deutschen Volkslieder, ja sogar die deutsche Volksmusik, deutsche Schlager. Denken wir etwa an Udo Jürgens. Seinen Text über ein ehrenwertes Haus empfehle ich Ihnen zum Nachlesen. Aber ich will auf die Grimm’schen Märchen rekurrieren, und zwar auf das Märchen – hören Sie gut zu – der Bremer Stadtmusikanten.

(Jürgen Braun [AfD]: Da regiert die SPD, in Bremen!)

Dort machen sich Esel, Hund, Katze und Hahn auf – Sie erinnern sich –, weil sie aus Altersgründen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Sie sind ganz unterschiedlich, vielfältig – ist ja auch ein Problem für die AfD –, und sie machen sich auf als Migranten und Flüchtlinge. Sie überleben, weil sie sich solidarisieren.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Bremen ist pleite!)

– Schreien Sie nicht so. Auf dem rechten Ohr bin ich taub; das habe ich Ihnen gestern schon einmal gesagt. – Sie begegnen einer Räuberbande,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Räuberbande! Das passt! Davon verstehen Sie was!)

modernisiert würde das bedeuten: einer Schlepperbande. Aber es gelingt ihnen, diese durch internationale Solidarität zu vertreiben. Das Ende der Geschichte kennen Sie: Sie gründen vor den Toren der Stadt Bremen eine Alters-WG.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Super Geschichte! Von der SPD!)

– Ganz ruhig. – Ob dieses Märchen dem Ex-SPD-Oberbürgermeister Henning Scherf als Vorbild gedient hat, ist nicht überliefert.

Aber ich will Ihnen deutlich machen, was man aus dieser Geschichte lernen kann. Zum einen, dass Diskriminierung in diesem Land nicht statthaft ist und dass sie das auch nie sein sollte –

(Beifall des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])

egal ob es darum geht, welche Religion man hat, welche Herkunft man hat, welches Geschlecht man hat. Auch Sie dürfen für sich in Anspruch nehmen, dass die Gesinnung kein Grund für Diskriminierung ist; Sie dürfen ja auch hier sitzen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Gott sei Dank! Da muss man noch dankbar sein! – Weiterer Zuruf von der AfD: Schauen wir mal, wie viele von Ihnen hier sitzen demnächst!)

Zum anderen die internationale Solidarität, die wir auch weiterhin hochhalten werden – egal was Sie dazu sagen.

Migration war immer ein Thema, auch als Binnenmigration. Das haben Sie in Ihren Reden überhaupt nie thematisiert. Sie tun immer so, als gäbe es Umvolkung, Umstrukturierung.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie schmeißen bewusst alles durcheinander! Wer von Deutschland nach Deutschland geht, ist was völlig anderes!)

Ich weiß nicht, Herr Gauland – darüber werden Sie in der nächsten Woche sicher noch aufklären –, was eigentlich Ihr Referenzrahmen dafür ist.

(Zurufe von der AfD)

Ist das Deutschland in den Grenzen von 1937? Reden Sie, wenn Sie über die Autochthonen reden, von den alten Germanen, etwa den Friesen oder den Longobarden,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Langobarden! Nicht Longobarden!)

vielleicht aber auch von den Vandalen? Ich habe keine Ahnung, was Sie damit bezwecken wollen.

(Zuruf von der AfD: Sie haben keine Ahnung!)

Allerdings: Wenn Sie Migration verteufeln wollen, schaden Sie Deutschland. Allein in meiner Heimatgemeinde, in meinem Nordhorner Krankenhaus, haben 80 Prozent der Ärztinnen und Ärzte einen Migrationshintergrund.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ist doch gut! – Leif-Erik Holm [AfD]: Sie schmeißen alles durcheinander! Wie haben Sie es hier reingeschafft?)

Wenn Sie die alle nach Hause schicken wollen und diskriminieren, dann würde bei uns die medizinische Versorgung zusammenbrechen.

(Beifall bei der SPD)

Also, Sie mögen für sich in Anspruch nehmen, nationalistisch zu denken. Patrioten sind Sie nicht!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich ja, dass Sie am Ende einer anstrengenden Woche immer noch so munter und lebhaft sind, aber vielleicht können wir den letzten Redner jetzt doch noch gemeinsam in aller Ruhe anhören. Das ist der Kollege Axel Müller von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7296811
Wahlperiode 19
Sitzung 69
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Keine vorgezogene Annahme des Globalen Paktes in Marrakesch
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