13.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 71 / Zusatzpunkt 1

Martin HebnerAfD - Brexit

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede der Opfer der letzten Tage gedenken. Wieder mal hat auf einem christlichen Weihnachtsmarkt ein islamischer Attentäter Bürger ermordet. Wieder einmal war der Täter schon mehrfach auffällig, auch in Deutschland. Und wieder einmal sollte er eigentlich schon längst verhaftet sein.

Kommen wir zum vorliegenden Antrag der Regierungskoalition. Man könnte den Antragstext als „Much Ado About Nothing“ oder „Viel Lärm um nichts“ bezeichnen;

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Mit „Viel Lärm um nichts“ kennen Sie sich aus!)

denn dieser Antragstext sagt eigentlich nur, dass es ein Austrittsabkommen gibt – und das auf mehreren Seiten. In einem – so könnte man sagen – larmoyanten Stil wird hier der Austrittswunsch Großbritanniens aus der EU beklagt. Es wird bedauert, es würden nur Verlierer zurückgelassen. Es wird das Ergebnis der Verhandlungen mit der EU als Kompromiss bezeichnet, was es im Übrigen auch ist. Dann wird in dem Fall noch konstatiert, dass alle auf der EU-Seite gut gearbeitet hätten; sprich: Das loben diejenigen, die dieses Problem eigentlich verursacht haben.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aus Ihrer Sicht alles Gewinner, oder?)

Neu- und Nachverhandlungen des Austrittsvertrages werden verdammt. Mit einem weinerlichen Schlusssatz, Großbritannien könne ja wieder an die Pforten der EU klopfen, wird dieser Antrag, der auf drei Seiten vorliegt, beendet.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag selber ist irrelevant. Relevant ist das Austrittsabkommen, das allerdings natürlich nicht öffentlich ist und über das wir jetzt hier auch nicht im Detail diskutieren, das auf gut 522 Seiten, die, wie gesagt, hier nicht behandelt werden, weil nichtöffentlich, die Gesamtregelung beinhaltet.

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!  – Zuruf des Abg. Christian Petry [SPD])

Wir sollen – das ist eigentlich der Antrag der Union und der SPD – dieses Austrittsabkommen hiermit nur schlicht zur Kenntnis nehmen. Das ist der Punkt.

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Völliger Unsinn, was der erzählt!)

Deswegen steht auch in diesem Antrag von Union und SPD, Frau Nahles, nur: Der Bundestag möge beschließen. Dann folgt der Satz: Der Bundestag möge zur Kenntnis nehmen. – Im Prinzip, im Endeffekt ist das nichts anderes als: Nehmt es in diesem Fall einfach an!

(Beifall bei der AfD – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! Das ist doch völliger Unsinn! Das kann doch so nicht stehen bleiben!)

Das Anliegen der Briten – halten wir das schlicht einmal fest –: Die Briten wollen raus aus der EU, raus aus einer Zentralisierung, weg von bürgerferner und realitätsferner Gesetzgebung, weg von Zentralismus und Fremdbestimmung durch ein bürokratisches und reformunfähiges Brüssel. So weit klar und verständlich!

(Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Was Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, nie verstanden haben, ist: Großbritannien und übrigens auch viele andere haben nichts gegen Europa – Gott behüte! –; sie wollen nur raus aus dieser in dem Falle zentralistischen und einschränkenden EU.

(Beifall bei der AfD)

Genau dieser Austrittswunsch aus einem überbordenden, unkontrollierbaren Bürokratismus nicht demokratisch gewählter Politkommissare der EU-Kommission wird ihnen definitiv erschwert.

Herr Kollege Hebner, der Kollege Graf Lambsdorff würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

Aber gern.

Wir haben uns eben beide angeschaut.

Das ist gut.

Ihre Bemerkung, dass das Abkommen über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union angeblich nicht öffentlich sei, womit Sie hier so einer Art Verschwörungstheorie den Boden zu bereiten versuchen, konnten wir irgendwie nicht glauben. Wir haben es gerade überprüft: Sie können es googeln.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schwer! – Zuruf von der SPD: Das ist im Internet!)

Es ist für alle Bürgerinnen und Bürger öffentlich einsehbar. Es hat 585, nicht 522 Seiten. Würden Sie so nett sein, das zur Kenntnis zu nehmen, Herr Hebner?

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Graf Lambsdorff, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie das jetzt hier so sagen und dass Sie sich das angeschaut haben.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich das nicht angeschaut, Herr Hebner?)

Der Punkt ist schlicht und ergreifend: Es wird ja hier gar nicht behandelt.

(Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Sie inszenieren hier etwas! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur Gelaber!)

Sie werden in dem Antragspapier vonseiten der Union nur einen Verweis auf das Austrittabkommen lesen, auf einen Kompromiss. Sie haben aber hier keinerlei Verhandlung.

(Christian Petry [SPD]: Mein Gott, wie peinlich! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worüber reden Sie denn da? – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur Gelaber! Null Kenntnis!)

Sie haben hier in dem gesamten Antrag der Union keinerlei Sequenzen dieses Abkommens. Es wird nicht öffentlich diskutiert.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Sie haben hier einen falschen Eindruck erweckt!)

Es wird von uns in dem Fall nur beschlossen, dies zur Kenntnis zu nehmen. Das ist das Antragspapier der Union.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie haben Unsinn erzählt!)

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist doch völliger Quatsch, was Sie hier erzählen! Das ist völliger Unsinn! Alles Verschwörung, klar! – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die haben nichts anderes als Verschwörung!)

– Herr Krichbaum, ich finde Ihre Äußerungen nett. Aber gleichwohl steht in dem Papier, in Ihrem Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, nichts zu den – ich nehme es gern zur Kenntnis – 585 Seiten des Abkommens. Ergo gibt es keine Diskussion darüber. Wir nehmen es zur Kenntnis.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur schlecht vorbereitet!)

Was ich in dem Fall ganz klar sagen möchte, ist, dass hier die EU-Kommission, die natürlich keinerlei Interesse hat, ein funktionierendes Gegenmodell zur EU sich entwickeln zu lassen,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wahrscheinlich im Geheimen, oder?)

für die Verhandlungen autorisiert und von Ihnen ermächtigt wurde. Sie haben damit schlicht und ergreifend, was die gesamte Verhandlung anbelangt, den Bock zum Gärtner gemacht.

(Beifall bei der AfD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es sich noch nicht mal angeguckt und reden darüber!)

Was die deutschen Interessen anbelangt – ich will es noch mal betonen –, so hat während der gesamten Verhandlungen unsere Bundesregierung – Herr Maas hat eben darüber gesprochen – leider keinerlei Input mitgeliefert und keinerlei Steuerung vorgenommen. Wir möchten ganz klar betonen: Von diesem Vertrag sind natürlich gerade die Vertreter der deutschen Wirtschaft schwer betroffen. Sie müssen bitte zur Kenntnis nehmen, Herr Maas, dass unser Außenhandelsüberschuss gegenüber Großbritannien im Moment – Stand letzten Jahres – 47 Milliarden Euro beträgt. Davon leben auch Sie. Das heißt, auch Sie profitieren mit Ihrem Gehalt von diesem Überschuss.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Petry [SPD]: Oh Mannomann!)

Dass sich keiner Gedanken darüber gemacht hat, was mit diesem Abkommen alles an Problemen verursacht wird, vor allem auf Dauer, und dass nicht mal ein Plan B für einen harten Brexit existiert, Herr Maas, das ist ein absolutes Versäumnis.

(Ulli Nissen [SPD]: Ihre Schnittchen werden auch davon bezahlt!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Mann, Mann! So was Gedankenloses habe ich selten gehört!)

Dr. Katja Leikert, CDU/CSU, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7307126
Wahlperiode 19
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt Brexit
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