Katja LeikertCDU/CSU - Brexit
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Das, was diese Woche in Großbritannien passiert ist, haben wir uns alle so nicht gewünscht. Wir sehen in diesen Tagen politisches Chaos in London. Wir sehen ein Land in eine beispiellose Krise taumeln.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die AfD findet das toll!)
Poetisch könnte man formulieren, dass wir live dabei zuschauen können, wie populistische Dummheit seine hässliche Gestalt annimmt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Das alles hätte Shakespeare nicht besser inszenieren können. Aber leider ist das eben kein Schauspiel, sondern bittere Realität, und es betrifft Millionen von Menschen. Es zeigt einmal mehr, sehr geehrter Herr Hebner, warum wir gegen jegliche Form dieser populistischen Zerstörungswut mit aller Macht jeden Tag kämpfen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie mich am Montag gefragt hätten, wie diese Woche verlaufen würde, dann hätte ich Ihnen geantwortet, dass das Unterhaus am Dienstag das Abkommen mit der Europäischen Union ratifiziert und dass es dann, was schon traurig genug gewesen wäre, zu einem geordneten Brexit kommt.
Wir erinnern uns – ich erkläre Ihnen das an der Stelle gerne noch mal –, was so eine Europäische Union leistet: Die Europäische Union hat selbst in so einer schweren Stunde ein großes Abkommen von über 580 Seiten – das haben Sie jetzt auch gerade gelernt – verhandelt. Genau das macht nämlich die Europäische Union aus: dass Konflikte kommunikativ und vertragsmäßig verhandelt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Bis zu einer Übergangsfrist wäre Großbritannien in der Zollunion verblieben, und damit wäre auch eine harte Grenze auf der irischen Insel vermieden worden. Auch die Frage, wie es nach einer Übergangszeit weitergehen würde, wurde geklärt. Es sollte ein umfassendes Freihandelsabkommen mit Großbritannien verhandelt werden. Und wenn man sich die Position von Großbritannien anschaut, sieht man: Genau das war das Ziel von Großbritannien. Wir alle wissen auch: Das war schon die äußerste Grenze dessen, was die Europäische Union hätte zulassen können. Es ist insgesamt also ein fairer, vernünftiger Deal – so beurteilen wir das; Sie beurteilen das anders –, soweit man in dieser Lose-lose-Situation davon überhaupt sprechen kann.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das Gegenteil ist richtig, Frau Leikert! Sie haben gemauert bis zum Gehtnichtmehr!)
Für uns als Koalitionsfraktionen ist klar: Wenn London die Gemeinschaft der Europäischen Union verlässt, dann heißt das noch lange nicht, dass die Europäische Union ihre eigene Identität aufgeben muss, weder den Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten noch den Anspruch an die Europäische Union als Friedensprojekt.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Friedensprojekt? Die bricht doch gerade auseinander, die Union!)
Es ist unsere Aufgabe, die Europäische Union zu schützen, insbesondere vor politischer Dummheit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Paris brennt, und Sie reden von Frieden!)
Mit dem Antrag, den wir, SPD, CDU/CSU, heute gestellt haben – vielleicht sind Sie ja einfach nur traurig, Herr Hebner, dass Sie Ihren Antrag nicht zustande bekommen haben; immerhin war er ja angekündigt –,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da müssen sie ja mal inhaltlich arbeiten! Das klappt nicht!)
stehen wir für einen geordneten Brexit, für Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen, für den Frieden auf der britischen Insel und vor allem für langfristige, gute, freundschaftliche Beziehungen zu Großbritannien.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Schön reden und hinten mauern! So geht es!)
An dieser Stelle auch mal ein herzliches Dankeschön an die SPD für ihre immer klare proeuropäische Haltung. Diese gibt es hier an vielen Stellen, auch bei der FDP und bei den Grünen, in diesem Hohen Haus.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Kuschelkurs! Macht nur weiter!)
Diese Woche kam schnell die Frage nach Nachverhandlungen auf. An dieser Stelle kann man wirklich nur sagen: Wesentliche Nachverhandlungen kann es nicht geben. Das liegt nicht daran, dass wir das den Briten nicht gönnen würden in irgendeiner Form. Das liegt einfach daran, dass das Verhandlungsergebnis eben ein gutes Ergebnis ist und vor allem den Frieden in Irland, auf der irischen Insel garantiert, und dazu stehen wir. Der Ball liegt ganz klar im Feld von London.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir in Europa ja nicht nur den Brexit haben. Wir haben populistische Bewegungen von links und rechts. Wir kämpfen gegen diese Art von Politik auch hier im Deutschen Bundestag.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Na, da kämpft mal schön!)
Wir lassen es uns nicht nehmen, offensiv für unser Europa und die Europäische Union zu kämpfen. Wir sind uns hier über ein Euro-Zonenbudget, eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung oder eine Einlagensicherung nicht immer einig; aber wir kämpfen für die besten Konzepte, die Europa stark machen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wo leben Sie eigentlich? Europa fliegt Ihnen gerade um die Ohren, und Sie machen hier Weihnachtsmärchen und „Wünsch dir was“!)
Genau so werden wir in den Europa-Wahlkampf gehen. Wir als CDU/CSU werden es mit unserem Spitzenkandidaten Manfred Weber tun, einem echten Brückenbauer.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Guter Mann! – Gegenruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ja, genau! Ganz wunderbar!)
– Er ist ein guter Mann; da hat Ralph Brinkhaus recht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
– Schreien Sie hier nicht so rum! – Manfred Weber ist ein echter Kämpfer für den European Way of Life, wie er immer auf Bayrisch sagt.
Ich möchte abschließend, weil ich es so toll fand, gerne auch mal Franziska Brantner an dieser Stelle danken für eine fraktionsübergreifende Initiative, den Wahlkampf unter Demokraten fair zu führen, sich gegen Hetze und Fake News einzusetzen. Ich wünsche Großbritannien und uns Good Luck!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie haben die Nazis vergessen!)
Nächster Redner ist Alexander Graf Lambsdorff, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/7307129 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Brexit |