Tino ChrupallaAfD - Wiedereinführung der Meisterpflicht
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Landsleute! Die rot-grüne Regierung hat im Jahr 2004 die Meisterpflicht für 53 Handwerksberufe abgeschafft. Damit hat sie den Handwerksmeistern ihre Berufsehre und die Wertschätzung ihrer Arbeit genommen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: So ist es!)
Ein starkes Stück, wenn man sich überlegt, dass die SPD mal eine Arbeiterpartei war!
(Beifall bei der AfD)
Die Abschaffung des Meistersbriefs traf Gewerke, in denen die Unfallgefahr als gering eingestuft wurde – als ginge es nur um Sicherheit –, darunter Metall- und Glockengießer, Gold- und Silberschmiede, Holzbildhauer, Buch- und Siebdrucker, Korbmacher, Schneider, Weber, Kürschner, Schuhmacher, Sattler, Müller, Brauer und Mälzer, Glas- und Porzellanmaler und viele mehr, die ich jetzt nicht alle aufzählen kann, die aber alle gleich wertvoll sind.
(Beifall bei der AfD)
Damit hat die Bundesregierung einer der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft – und der deutschen Kultur – erheblichen Schaden zugefügt. 53 Handwerke sind aufgrund der seit 14 Jahren nicht mehr geltenden Zulassungspflicht in ihrem Kern destabilisiert.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Hört! Hört!)
Ich betone bewusst den kulturellen Wert handwerklicher Fertigkeiten, mit dem wir unseren Antrag auch begründen. Ich denke hier vor allem an die vielen kunsthandwerklichen Berufe und Gewerke zur Herstellung von Musikinstrumenten wie Geigenbauer, Orgelbauer, Klavier- und Cembalobauer und andere: In all diesen Gewerken wurden mit der Abschaffung des Meisterbriefs wertvolles Wissen und Tradition vernichtet. Über viele Jahrhunderte gewachsenes kulturelles Kapital geht hier verloren. Das kommt dabei heraus, wenn Rot-Grün an die Macht kommt.
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Wir stehen kurz davor!)
Das deutsche Handwerkswesen ist auch Ausdruck unseres kulturell tief verankerten Qualitätsbewusstseins. Dazu gehört eine bestimmte Haltung zur Arbeit, zum Beispiel die typisch deutsche Gewissenhaftigkeit, die auch viel mit Verantwortungs- und Gemeinschaftsgefühl zu tun hat.
Es ist unsere historische Pflicht, diese kulturellen Werte zu erhalten. Das sind wir den großen Meistern vor uns und den Generationen, die nach uns kommen, schuldig.
(Beifall bei der AfD)
Dafür setzt sich die AfD ein, und unsere Position ist dabei nicht verhandelbar.
Ja, Frau Özoğuz, es gibt eine deutsche Kultur, und sie ist auch identifizierbar: Sie zeigt sich nicht zuletzt in unserer Handwerkstradition.
(Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Das erschließt sich vielleicht nur denjenigen, die einen Sinn für deutsche Wertarbeit haben.
(Beifall bei der AfD)
Da gibt es natürlich große kulturelle Unterschiede. Hier müssen wir offenbar noch einiges an Integrationsarbeit leisten und unseren ausländischen Mitbürgern deutlicher vermitteln, was unsere Kultur ausmacht, die sich ja nicht in Folklore erschöpft.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sprechen Sie jetzt Frau Özoğuz an? Was soll das? – Sören Bartol [SPD]: Brauner Typ! Durch und durch braun!)
Abgesehen davon können wir es uns gar nicht leisten, diese Werte und diese Standards aufzugeben. Sie sind unser Kapital.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sprechen Sie Frau Özoğuz an?)
Anders als Afrika und Indien haben wir keine wertvollen Bodenschätze wie Gold und Diamanten. Wir haben auch kein Erdöl wie Saudi‑Arabien.
Unser Geist, unsere Kreativität und unsere Schaffenskraft, das ist alles, was wir haben.
(Sören Bartol [SPD]: Eure Schaffenskraft? Was ihr habt, ist Destruktion!)
Diese Dinge dürfen wir nie und nimmer aufgeben und preisgeben; denn das wäre der Untergang einer Kulturnation im Herzen Europas.
(Beifall bei der AfD – Sören Bartol [SPD]: Schlechte Menschen seid ihr!)
Das Handwerk ist eine tragende Säule des deutschen Mittelstands. Mehr als 5,3 Millionen Erwerbstätige arbeiten im Handwerk. Das haben Sie im Koalitionsvertrag ja selbst geschrieben. Wenn man die jungen Leute an den Schulen aber richtig über Ausbildungsmöglichkeiten im Handwerk informieren würde, dann wären noch mehr Stellen im Handwerk besetzt; da bin ich mir sicher. Und dann hätten wir auch keinen Fachkräftemangel.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: So ist es!)
Der entstand ja nur deshalb, weil junge Leute in die Akademisierung getrieben wurden und viele Handwerksberufe in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt sind.
(Beifall bei der AfD)
Als Ursache für den Fachkräftemangel ist das viel schlüssiger als der gebetsmühlenartig wiederholte Geburtenrückgang, der so dramatisch eigentlich gar nicht ist. Den Begriff vom „Akademisierungswahn“ prägte wohlgemerkt ein Professor, Herr Nida-Rümelin, der ehemalige Kulturstaatsminister. Er hat schon vor Jahren vor dieser Entwicklung gewarnt, aber er wurde offenbar nicht gehört.
Ich kann den Kollegen der Altparteien nicht den Vorwurf machen, dass Sie die Relevanz des Handwerks und der dualen Ausbildung für die deutsche Wirtschaft leugnen. Schon im Jahr 2014 haben Sie hier im Plenum über das Handwerk debattiert. Sie waren sich größtenteils einig, dass die Abschaffung des Meisterbriefs ein Fehler war.
Inzwischen sind vier weitere Jahre vergangen, und nichts ist geschehen.
(Beifall bei der AfD)
Warum eigentlich nicht? In allen Koalitionsverträgen nach 2004 hat sich die Bundesregierung zur Stärkung des Handwerks bekannt.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und viel dafür getan!)
Im Jahreswirtschaftsbericht 2018 sucht man jedoch vergeblich nach dem Wort „Handwerk“. Stattdessen haben Sie tatenlos zugesehen, wie deutsche Handwerksbetriebe zunehmend durch EU-Regularien und Bürokratie stranguliert werden.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Richtig!)
Es handelt sich bei der Meisterpflicht fürs Handwerk nicht um eine überkommene Tradition, sondern um eine bewährte Tradition, die es zu erhalten gilt.
(Beifall bei der AfD)
Die negativen Folgen der Abschaffung des Meisterbriefs bestätigen dies. Sie sind durch zahlreiche Studien belegt und wurden schon in der Debatte im Jahr 2014, insbesondere von der Kollegin Strothmann von der CDU/CSU, klar benannt.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Gute Frau!)
Es ist inzwischen erwiesen, dass Betriebe, deren Inhaber einen Meisterbrief besitzen, größere Chancen auf nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg haben. Die Handwerksnovelle hat weder die Beschäftigungs- noch die Ausbildungsrate im Handwerk erhöht.
Die Wiedereinführung des Meisterbriefs würde sich auch positiv auf den ländlichen Raum auswirken, insbesondere auf die historisch gewachsenen Handwerksregionen. Das sind nämlich die Regionen, in denen ein Großteil der Erwerbstätigen im Handwerk beschäftigt ist. Viele Landkreise in Bayern und Sachsen sind stark von dieser Struktur geprägt. Wenn Sie den ländlichen Raum stärken wollen, dann sollten Sie sich als Erstes darum kümmern, dass das Handwerk wieder die gesellschaftliche Würdigung erfährt, die ihm zusteht.
(Beifall bei der AfD)
Das sind nämlich die Betriebe, die vielleicht nicht ganz so exorbitante Gewinne einfahren wie internationale Großkonzerne, die dafür aber solide und nachhaltig wirtschaften und vielen Bürgern auf dem Land eine zuverlässige, sinnstiftende Existenz sichern.
In der handwerklichen Tätigkeit sind Körper und Geist gefragt. Viele Handwerksberufe erfordern neben Körperkraft und Geschicklichkeit auch ein hohes Maß an Konzentration. Wissen über die physikalischen Eigenschaften von Materialien ist wesentlich. Aber sehr wichtig ist die effiziente Kommunikation im Team.
Das alles sind Eigenschaften, die auch im sonstigen Leben sehr nützlich sind. Gerade das Handwerk hat einen starken Gemeinsinn geprägt. Ich denke hier an die Gilden und Zünfte.
Und das Handwerk förderte von jeher den grenzüberschreitenden, kulturellen Austausch, wenn zum Beispiel Zimmermänner auf Wanderschaft gingen, um in der Ferne andere Arbeitsweisen kennenzulernen.
(Astrid Grotelüschen [CDU/CSU]: Das machen sie heute auch noch!)
Der fahrende Geselle brauchte jedenfalls noch keine Belehrungen über den europäischen Geist.
(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das sind doch Binsenweisheiten!)
Diesen gesellschaftlichen Wert des Handwerks sollten doch gerade diejenigen zu schätzen wissen, die immer von Menschenwürde, sozialem Miteinander und Europa reden.
Wenn übrigens die EU mit dem deutschen Handwerk ein Problem hat, dann muss die EU ihre Haltung ändern und nicht wir.
(Beifall bei der AfD)
Deutschland zahlt die höchsten Beiträge an die EU. Von daher wäre es eigentlich angebracht, dass wir den Kommissaren sagen, wo es langgeht, und nicht umgekehrt.
(Sören Bartol [SPD]: Das Handwerk war schon immer international! Sie sind wirklich verblendet! Gesellen auf Wanderschaft – das können die alles nicht mehr machen, wenn es nach Ihnen geht!)
Zeigen Sie endlich Rückgrat, und machen Sie den Kommissaren klar, dass wir uns nur für Europa einsetzen können, wenn unsere Wirtschaft funktioniert, und dass wir das Recht haben, diese nach unseren Regeln zu gestalten!
(Beifall bei der AfD)
Frau Strothmann hat damals die „Meistersinger“ von Richard Wagner zitiert und berief sich auf eine Tradition, die sich 150 Jahre lang bewährt hat. Ich gehe noch weiter zurück und zitiere den Meistersinger und Schuhmacher Hans Sachs aus dem 16. Jahrhundert:
Ehre, deutsches Volk, und hüte getreulich deinen Handwerksstand. Als das deutsche Handwerk blühte. blühte auch das deutsche Land.
(Beifall bei der AfD)
Da kriegen die Grünen fast Schnappatmung. – Hans Sachs würde sich im Grabe umdrehen wenn er sähe, wie hier mit diesen ehrbaren Berufen umgegangen wird, erst recht, wenn er sich die neusten Ideen von Frau Karliczek anhören müsste, die ja vorgeschlagen hat, die neudeutschen akademischen Abschlüsse – Master und Bachelor – auf das Handwerk zu übertragen. Damit werten Sie das Handwerk doch nicht auf, sondern ab, Frau Karliczek.
(Beifall bei der AfD)
Ich hoffe, dass wir mit unserem Antrag den Anstoß dazu geben, längst überfällige Korrekturen vorzunehmen und die Handwerksnovelle von 2004 rückgängig zu machen. Das sind Sie den fleißigen Handwerkern in unserem Land schuldig.
Allen Meistern, Gesellen und Lehrlingen in unserem Land wünsche ich friedliche und besinnliche Weihnachtsfeiertage.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Astrid Grotelüschen, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307147 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Wiedereinführung der Meisterpflicht |