Astrid GrotelüschenCDU/CSU - Wiedereinführung der Meisterpflicht
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Es wäre schön, aber so einfach geht es dann doch nicht. Fakt ist, dass wir als Kunden und auch als Verbraucher, aber vor allen Dingen auch das Handwerk selbst mehr Meister brauchen. Denn die Zahl derer, die eine Meisterprüfung ablegen, ist in den letzten 20 Jahren stetig gefallen:
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Wieso denn nur?)
von knapp 34 000 in den zulassungspflichtigen Gewerken der Anlage A auf heute nur noch 19 500. Das ist ein Rückgang um rund 43 Prozent, und das ist volkswirtschaftlich gesehen ein schlechtes Signal, das wir als CDU/CSU-Fraktion deshalb gerne umkehren möchten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie regieren doch die ganze Zeit!)
Doch der Weg zum Meistertitel ist kein Spaziergang. Übung, Fleiß, Disziplin und Können sind gefragt. Das zeichnet eine Meisterin, das zeichnet einen Meister aus.
Daher ist es uns als Union wichtig – quasi zur besten Redezeit heute –, über ein Anliegen zu diskutieren, das wir gemeinsam mit den vielen Millionen Beschäftigten und auch selbstständigen Frauen und Männern im Handwerk verfolgen, die täglich unseren Alltag sprichwörtlich am Laufen halten, denen wir signalisiert haben, dieser Verknüpfung von Tradition und Innovation ein Stück ihrer Identität und ein Stück des verlorengegangenen ordnungspolitischen Rahmens zurückzugeben, und zwar, indem wir mehr Gewerken als aktuell einen Weg aufzeigen, wieder zulassungspflichtig zu werden.
Aus diesem Grund haben wir in unserem Koalitionsvertrag die Aussage verankert:
Wir werden den Meisterbrief erhalten und verteidigen. Wir werden prüfen, wie wir ihn für einzelne Berufsbilder EU-konform einführen können.
Und in diesem Prozess, meine lieben Kollegen, sind wir als Regierungskoalition mittendrin.
Warum schlagen wir diesen sicher nicht einfachen Weg ein? Weil der Meisterbetrieb aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion für Qualität, für Verbraucherschutz und als Garant für die duale Ausbildung mit ihrer Spitzenqualifikation, der Meisterin und dem Meister, steht. Hier gibt es – das haben die Erfahrungen der letzten 15 Jahre gezeigt – deutlich negative Entwicklungen durch die unter Rot-Grün erfolgten Liberalisierungsreformen im Jahr 2004, als da wären – um nur einige zu nennen – die Verdrängung etablierter und qualifizierter Betriebe durch Billigkonkurrenz ohne entsprechende Qualifikation oder zum Beispiel der Boom bei der Gründung von Ein-Mann-Betrieben mit mangelnder sozialer Absicherung.
Diese Fehlentwicklungen gilt es zu stoppen. Es gilt, sie umzukehren, und zwar, um die sehr gute Reputation, die mit dem Meisterbrief seit jeher verbunden wird, zu erhalten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Konkret geschieht dies in einer Arbeitsgruppe der Koalition, die in enger Zusammenarbeit mit dem ZDH, mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaftsseite die Vor- und Nachteile sowie rechtliche Möglichkeiten auslotet. Es gilt nämlich, das Ziel europarechts- und grundgesetzkonform zu erreichen. Es ist bezeichnend, dass man dazu im vorliegenden Antrag der AfD nichts findet.
Aus meiner Arbeit als Berichterstatterin für die freien Berufe und auch für das Handwerk in den letzten Jahren weiß ich sehr wohl, dass wir mit Blick auf die rechtliche Seite sauber arbeiten müssen, um nicht zu unrealistischen Forderungen zu gelangen oder EU-Verfahren zu provozieren, die nachher nur kontraproduktiv sein können. Das öffentlich einsehbare Gutachten von Professor Burgi – das sage ich in Richtung AfD – zur verfassungs- und europarechtlichen Statthaftigkeit der Wiedereinführung der Meisterpflicht kann ich nur empfehlen; lesen Sie es, es gibt wirklich eine gute Orientierung. Der Antrag der AfD tut dies leider nicht. Deshalb werden wir ihn auch – das wird Sie nicht verwundern – ablehnen. Sie machen eigentlich immer wieder das gleiche Prozedere, egal zu welchem Thema: Sie beschreiben in höchstem Maße negative Zustände, stellen dann dieser Beschreibung Forderungen zur Seite, zeigen aber nicht einmal ansatzweise detaillierte Lösungen auf.
Meine Kritik kommt nicht von ungefähr. So fordern Sie im ersten Punkt Ihres Antrags – ich zitiere –, „die Meisterpflicht im Sinne § 45 Handwerksordnung für alle zulassungspflichtigen Handwerksberufe wiedereinzuführen“. Wer das mit Verstand liest, bemerkt sofort, dass da nur eine unsinnige Wortklauberei formuliert worden ist, da die Definition „zulassungspflichtiges Handwerk“ das Vorliegen eines Meisterbriefes voraussetzt. Für alle zulassungspflichtigen Handwerksberufe besteht die Meisterpflicht bereits. Hier muss also nichts wiedereingeführt werden. Das nenne ich „handwerklich ganz schlecht gemacht“.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Wir in der Union hingegen wollen ernsthaft und mit Sorgfalt die Fehlentwicklungen, die seit der rot-grünen Reform sichtbar werden, angehen. Gleichzeitig geht es aber auch darum, dass wir den Rechtsstaat achten, dass wir jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, indem wir die Betriebe kaputt machen, die sich in den letzten 15 Jahren erfolgreich etabliert haben, oder die Branchen blockieren, die mit der Liberalisierung gut gefahren sind. Kurzum: Wir wollen eine gute und differenzierte Lösung, die dem Handwerk wirklich nützt und es vor allen Dingen nicht zusätzlich belastet. Daher plädieren wir, genauso wie im Übrigen das Handwerk selbst, für eine offene, transparente und ausgewogene Entscheidungsfindung. Keine Passepartout-Lösung, wie von Ihnen vorgeschlagen – einfach 53 Handwerksberufe wieder zurück in die Meisterpflicht nehmen –, sondern eine Lösung, die mit Experten aus der handwerklichen Praxis und Hand in Hand mit der Politik – an der zukünftigen Ausgestaltung des ordnungspolitischen Rahmens orientiert – erarbeitet wird.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist wesentlich klüger!)
Wir haben mit unseren Gesprächen den Anstoß gegeben für die Ausarbeitung eines Kriterienkatalogs, der die Basis für die Wiederaufnahme einiger Gewerke in die Meisterpflicht sein kann. Wenn dieser Katalog steht, meine Damen und Herren, plädieren wir dafür, dass wir mit den Branchen reden, die dann jeweils darlegen können, warum eine Wiederaufnahme erforderlich ist oder gewünscht wird. Das kann man sicherlich im Rahmen einer Anhörung machen. Wir brauchen eine klare Operationalisierbarkeit einer begrenzten Anzahl rechtlich relevanter Kriterien, deren Erfüllung empirisch nachweisbar sein muss. So kommen wir dann zu einer Lösung, die das Handwerk dort unterstützt, wo diese Wiedereinführung nötig und sinnvoll ist. Das, meine Damen und Herren, muss unser gemeinsames Ziel sein.
So verstehe ich im Übrigen auch den Antrag der FDP-Fraktion, der unseren Arbeitsprozess, den ich eben beschrieben habe und in dem wir schon seit mehreren Monaten stecken, einfach wiedergibt. Er kommt aus meiner Sicht verspätet und setzt keine neuen Impulse.
(Reinhard Houben [FDP]: Ja, dann stimmen Sie doch einfach zu!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Man kann durchaus zusätzliche Impulse setzen. Meisterbonus und Meister-BAföG sind ganz wichtige Aspekte. Wir sind in meinem Heimatbundesland Niedersachsen hier mit gutem Beispiel vorangegangen. Wenn es einen gibt, dem die Zukunft des Handwerks am Herzen liegt, dann der Union. Um es mit dem Motto einer Glaserei aus Bremerhaven zu sagen, die es bei der Azubisuche über YouTube zum Hit gebracht hat: Aufgeben ist keine Option! Wir sind Handwerker, wir können das! – Und ich ergänze: Die Union versteht ihr Handwerk auch!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich wünsche uns in diesem Sinne eine gute, eine ehrliche und eine zielgerichtete Debatte, die dazu beiträgt, das Handwerk zu stärken. Ich lade Sie alle dazu ein.
Herzlichen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Manfred Todtenhausen, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307149 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Wiedereinführung der Meisterpflicht |