Christine Aschenberg-DugnusFDP - Terminservice- und Versorgungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Spahn! Wenn wir uns den Titel des heute vorliegenden Gesetzentwurfs anschauen, stellen wir fest, dass es um eine bessere gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung geht. Ich glaube, dieser Wunsch eint uns alle in diesem Haus. Die Frage ist aber, ob wir mit diesem Gesetz wirklich eine bessere gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung erreichen.
Ich beginne, weil mir das sehr wichtig ist, mit der Regelung zur psychotherapeutischen Behandlung. Herr Spahn, ich unterstelle Ihnen hier überhaupt nichts Böses oder irgendeine Absicht. Aber Sie müssen sich schon gefallen lassen, dass wir das kritisieren; denn der Ansatz einer gestuften und gesteuerten Versorgung von psychisch Kranken verfehlt doch das Ziel einer besseren Versorgung – aber komplett!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Wenn in einer Voruntersuchung erst mal entschieden werden soll, welche Therapie der Betroffene erhält, dann ist das eine zusätzliche, überhaupt nicht notwendige Hürde für den Erkrankten. Was muten wir den Patienten eigentlich zu? Psychisch Erkrankten fällt es doch ohnehin schwer, über ihre Probleme zu reden und sich überhaupt Hilfe zu suchen. Und dann müssen sie sich noch zusätzlich vorweg, bevor sie behandelt werden, einem Behandler öffnen, den sie überhaupt nicht kennen, den sie auch nie wiedersehen und den sie sich auch nicht selbst ausgesucht haben.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was schlagen Sie denn vor?)
– Hören Sie mir einfach zu. – Das ist ein Nadelöhr vor der eigentlichen Behandlung, und das, meine Damen und Herren, widerspricht dem Grundsatz, dass der Patient sich den Arzt seines Vertrauens selbst aussuchen kann, gerade in einem so sensiblen Bereich wie der Psychotherapie.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, die seit der Strukturreform, seit April 2017 geltende Psychotherapie-Richtlinie sieht doch bereits eine gestufte Versorgung vor – das steht doch schon drin –, und zwar mit den Elementen Sprechstunde und Akutversorgung. Lassen Sie das doch erst einmal wirken. Es zeigt sich doch schon jetzt, dass das positive Ergebnisse bringt. Das, was Sie da vorhaben, benötigen wir also gar nicht. Ich fordere Sie daher nachdrücklich auf, den Zusatz „gestufte Steuerung“ ersatzlos zu streichen – im Sinne der Patientinnen und Patienten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, wir werden dazu einen entsprechenden Antrag einbringen.
Außerdem könnten mit unserem vorliegenden Antrag zur Regionalisierung der Bedarfsplanung die Möglichkeiten zur Niederlassung von Psychotherapeuten sofort verbessert werden. Das wäre auch mit Blick auf andere Arztgruppen, zum Beispiel Kinderärzte, von denen wir ja auch zu wenige haben, ein nachhaltiger Beitrag zur Lösung der Versorgungsprobleme.
(Beifall des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])
Ein nächster Punkt, bei dem ich eine Verbesserung der Versorgung entschieden infrage stelle: Mit der Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Stunden pro Woche erreichen Sie doch nur eines: Sie frustrieren die niedergelassenen Ärzte, die diese Vorgabe bereits mehrheitlich erfüllen. Lieber Herr Lauterbach, bei dem, was Sie heute Morgen im „Morgenmagazin“ gesagt haben, ist mir fast die Kaffeetasse aus der Hand gefallen. Sie haben die von der Kassenärztlichen Vereinigung erhobenen Zahlen öffentlich infrage gestellt. Das ist eine Sache, die ich wirklich sehr kritisiere. Legen Sie da bitte einmal konkrete Zahlen vor!
(Beifall bei der FDP)
Fest steht auch, dass mit dem TSVG die Niedergelassenen mit sehr viel mehr Bürokratie überschüttet werden. Schon heute müssen die Ärzte und Psychotherapeuten 60 Tage allein für den Verwaltungsaufwand arbeiten. Das kann doch nicht sein. Diese Zeit brauchen wir für die Patientenversorgung, meine Damen und Herren. Und deswegen kritisieren wir das auch.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])
Mit unserem Antrag auf Entbudgetierung und Entbürokratisierung haben wir konkrete Vorschläge vorgelegt, wie die Versorgung der Patientinnen und Patienten auf jeden Fall verbessert werden kann. Und mit unserem Antrag zur Regionalisierung – ich habe ihn schon erwähnt – kann die Niederlassungsfreiheit besser gestärkt werden als durch Ihre Regelungen im TSVG.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Anhörung im Januar. Herr Spahn, Sie haben ja immer gesagt, dass Sie für konstruktive Vorschläge offen sind. Ich hoffe, Sie stehen dazu. Wir haben mit unseren Anträgen konstruktive Vorschläge vorgelegt.
Ich bedanke mich bei Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Achim Kessler für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307174 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Terminservice- und Versorgungsgesetz |