Elisabeth Winkelmeier-BeckerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Abschaffung des § 218 StGB
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erinnern uns vielleicht: Im September 2017 – das war im Wahlkampf – sprach eine junge Frau mit Downsyndrom die Kanzlerin darauf an, dass Menschen wie sie durch Spätabtreibung bis unmittelbar vor der Geburt getötet werden können, ihnen das Lebensrecht abgesprochen wird. Ich glaube, Natalie Dedreux hatte damals alle Sympathien auf ihrer Seite, und ich finde, sie hatte vor allem recht: Es ist schwer erträglich, es ist ein Zynismus, dass Menschen, weil sie krank sind, weil sie behindert sind, durch Spätabtreibung sozusagen am Leben gehindert werden können aus dem Gedanken heraus, dass es ihren Eltern, ihrer Mutter nicht zuzumuten sei, mit diesem Kind zu leben. Es ist deshalb ein Skandal, weil das Potenzial, das diese Menschen mitbringen, total abgewertet wird, nicht anerkannt wird, und es ist deshalb ein Skandal, weil hier im Ergebnis unterschieden wird zwischen gesunden und behinderten Babys. Deshalb hier noch einmal ganz klar: Ein behindertes Kind hat ein Lebensrecht um seiner selbst willen. Es ist Mensch, unabhängig davon, ob es für seine Eltern oder die Gesellschaft eine positive Erfahrung bedeutet oder mit Lasten verbunden ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Die Jusos haben nun einen Vorschlag gemacht, der auch für mich schwer erträglich ist, der unter anderem dazu führen würde, die Ungleichbehandlung aufzuheben. Sie schlagen vor, für alle Kinder Regeln gelten zu lassen, nach denen ohne jede Beratung, ohne jede Befristung eine Abtreibung bis unmittelbar vor der Geburt möglich wäre. Sie bestreiten das Lebensrecht des Kindes bis zur Geburt. Es wurde gesprochen von irgendwelchen Ungeborenen, die doch keine Rechte haben. Dementsprechend kommt das ungeborene Kind in dem ganzen Beschluss auch nirgendwo vor. Anscheinend kommt es in der Gedankenwelt der Jusos überhaupt nicht vor. So ist jedenfalls die Diskussion verlaufen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Den Gegnerinnen der Jusos, die das dann auch angemerkt und kritisiert haben, wurde vorgeworfen, sie hätten nicht das richtige feministische Bewusstsein. Ich glaube, das ist die Höchststrafe bei den Jusos, wenn man vorgeworfen bekommt, nicht das richtige feministische Bewusstsein zu haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Ich glaube, das war ziemlich neben der Sache.
Unser Recht, unsere Verfassung sieht es jedenfalls anders. Nach unserem Verfassungsauftrag haben wir als Staat von Anfang an die Pflicht, ein Kind, auch ein ungeborenes Kind, zu schützen. Das Verfassungsgericht sagt eindeutig, dass sich das Ungeborene als Mensch und nicht zum Menschen entwickelt, von Anfang an, und daraus wird sein Lebensrecht, seine Würde abgeleitet.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Ich glaube, jeder, der einmal in das Gesicht eines neugeborenen Kindes geblickt hat, hat ein unmittelbares Verständnis davon, dass da eine kleine Person mit hohem Selbstbestimmungsrecht und Anspruch liegt und dass sich das nicht erst im Moment der Geburt entwickelt, sondern in einer kontinuierlichen Entwicklung von Anfang an, von dem Beginn an, wo das Individuum mit seinem Bauplan praktisch feststeht. Wenn wir davon reden, dass Frauen es sich nicht leicht machen, dass sie den Konflikt spüren, dann setzt das doch gerade voraus: Ein Konflikt besteht nur dann, wenn auf der anderen Seite auch ein Rechtsträger steht.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten den Antrag einmal lesen!)
Wenn Frauen hier einen Konflikt empfinden, dann haben sie das Gespür dafür, dass in ihrem Bauch ein Kind heranwächst, das eigene Rechte hat. Deshalb hat der Staat eine Schutzpflicht, und dieser müssen wir nachkommen. Es ist ein tragfähiger Kompromiss, dass wir in den ersten zwölf Wochen diesen Schutz nicht durch das Strafrecht anbringen wollen, sondern durch die Beratung. Aber es ist eine Pflicht des Staates, hier eine Beratung zum Leben zu ermöglichen und diese vorzusehen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Es muss dazu kommen, dass es Hilfen gibt, und das alles vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass jedes Kind real nur mit der Mutter und nicht gegen sie geschützt werden kann. Insofern ist das ein guter Kompromiss.
Ganz kurz zu den neuen Eckpunkten, die uns die Minister vorgelegt haben. Ich hoffe, dass wir auf dieser Basis zu einer Versachlichung der Debatte kommen und dass wir gemeinsam überlegen können, wie wir die Informationen über die Praxen, in denen Abtreibungen durchgeführt werden, verbessern. Ich glaube, da haben wir uns etwas vorgenommen. Auf diesem Weg wollen wir auch konstruktiv zusammenarbeiten.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Für die FDP-Fraktion hat nun die Abgeordnete Katrin Helling-Plahr das Wort.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307244 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Abschaffung des § 218 StGB |