Alexander HoffmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Abschaffung des § 218 StGB
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, das Thema Lebensschutz muss für uns alle so wichtig sein, dass wir auch an die Debatte den Anspruch erheben, sie ohne Provokation zu führen und ohne spalten zu wollen. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Das ist Ihnen von der AfD heute bei weitem nicht gelungen. Aber das ist auch Ihnen von den Linken nicht gelungen. Und ja, selbstverständlich: Den Jusos ist es schon gar nicht gelungen.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, will ich sagen: Schauen Sie sich diese Debatte an. Was mir da zu sagen bleibt, ist: Das sind die Geister, die Sie gerufen haben,
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Dr. Eva Högl [SPD]: Das ist unverschämt! Ehrlich!)
und zwar an dem Tag, an dem Sie eine Gemeinschaft geschlossen haben mit den Linken, den Grünen und der FDP zur Abschaffung von § 219a. Da haben Sie die Büchse der Pandora geöffnet. Und diese Debatte ist überflüssig; denn wer sich mit der Materie beschäftigt, der muss sagen: Die §§ 218 bis 219 sind ein sehr austariertes System und wirklich feingliedrig unterlegt mit der Rechtsprechung des BGH und auch des Bundesverfassungsgerichts.
Man muss ehrlicherweise sagen, dass es denjenigen, die die ganze Zeit für die Abschaffung des § 219a eingetreten sind, eigentlich nur gelungen ist, diese Debatte am Leben zu halten, indem sie immer wieder Falschbehauptungen ins Feld geführt haben.
(Sönke Rix [SPD]: Weil Sie nicht fähig waren, was zu machen! Das war der Grund!)
Da ist zum Beispiel gesagt worden – auch heute wieder –: Schwangere in unserem Land bekommen ja keine ausreichenden Informationen, wenn sie über eine Abtreibung nachdenken.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Das bekommen sie nicht!)
Das sagt sogar die FDP.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja, das sagen wir alle hier! – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Das stimmt ja auch!)
Die FDP will die Partei der Digitalisierung sein. Kollege Thomae, Sie werden Google kennen. Wenn Sie das Wort „Schwangerschaftskonfliktberatung“ bei Google eingeben, dann bekommen Sie in 0,43 Sekunden 293 000 Treffer.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Herr Hoffmann, das ist zynisch! Echt!)
Wenn ich das auf meinen Regierungsbezirk runterbreche, bekomme ich in derselben Zeit 16 900 Treffer, und wenn ich die Suche auf meinen Wahlkreis beschränke, bekomme ich 2 130 Treffer. Das sind natürlich nicht alles Beratungsstellen,
(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja! Aha!)
aber es sind zahlreiche unabhängige Beratungsstellen dabei, die man mit Adresse und Telefonnummer aufgeführt bekommt, unterlegt mit einer Landkarte, die zeigt, wie man hinkommt. Dort bekommt man dann neutrale Beratung, kostenlose Beratung und auf Wunsch eben auch anonyme Beratung.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Sie sollten sich schämen den Frauen gegenüber! Ehrlich! – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Was haben Sie denn gegen Beratung? – Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das haben wir doch auch gar nicht gesagt!)
Dann wird gesagt: Die Rechtsunsicherheit für Ärztinnen und Ärzte – auch das ist heute wieder angeklungen – in unserem Land ist viel zu groß. Die wissen gar nicht, was sie tun sollen. – Das kann ich überhaupt nicht teilen. Die Regelung in § 219a ist so klar, dass es klarer gar nicht geht. Das zeigt im Übrigen auch die juristische Relevanz dieser Norm. In Bayern hat es in den Jahren 2010 bis 2017 einen einzigen Fall strafrechtlicher Art gegeben, wo § 219a eine Rolle gespielt hat. Das spricht meines Erachtens schon dafür, dass die Regelung offensichtlich sehr klar sein muss.
(Zuruf von der SPD: Das ist einer zu viel!)
Und dann heißt es: Ja, aber bei einer Knie-OP ist es ja auch so, dass der Arzt, der mich informiert, auf seine Homepage schreiben kann, dass er diese Leistung anbietet. – Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns schon einmal vor Augen führen – das ist heute auch angeklungen –, dass das Bundesverfassungsgericht gesagt hat: Ein Schwangerschaftsabbruch darf keine Normalität sein.
(Sönke Rix [SPD]: Aber es gibt einen gesetzlichen Rahmen!)
Er darf eben nicht kommerzialisiert werden. Und das unterscheidet den Schwangerschaftsabbruch von einer Knie-OP.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Was erzählen Sie hier? Jetzt reicht’s aber!)
Es ist nämlich ein Eingriff in menschliches Leben.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Sie reden über Dinge, von denen Sie keine Ahnung haben!)
Und man merkt an Ihrer Erhitzung,
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Ja, weil Sie keine Ahnung haben!)
dass Sie das offensichtlich überhaupt nicht verstanden haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir leben in einem Land, in dem wir Werbeverbote für Arzneimittel, Tabak und Glücksspiel haben, und ich sage Ihnen: Das muss dann erst recht im Bereich der Abtreibung gelten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
In der Vergangenheit hieß es dann immer: Ja, aber den Lebensschutz wollen wir ja nicht antasten. Aber wenn wir den nicht antasten wollen, warum reagieren Sie denn dann jetzt so erhitzt?
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Weil Sie nur Unwahrheiten erzählen!)
Ich hoffe, dass wir mit dem Kompromiss, wie er jetzt vorliegt, tatsächlich zu einer sachgerechten Lösung kommen. Ich bedauere, dass die Debatte heute gezeigt hat, dass wir in Sachen Lebensschutz offensichtlich in manchen Bereichen immer noch keinen gesellschaftspolitischen Konsens haben. Den hätte ich gerne hergestellt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Abgeordnete Sarah Ryglewski für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307262 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Abschaffung des § 218 StGB |