Metin HakverdiSPD - Finanzwende
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Schick, zum Jahresende werden Sie Ihr Mandat niederlegen und das Parlament verlassen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Ihnen für die Zusammenarbeit im Finanzausschuss bedanken. Herr Schick, wir waren nicht immer einer Meinung. Das ist so, das ist auch richtig so. Vielleicht ist es auch ein Unterschied, ob man Mitglied einer regierungstragenden Fraktion ist oder in der Opposition.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Schade ist sicherlich, dass Sie nicht in den Genuss der Regierungsverantwortung gekommen sind. Das tut mir für Sie persönlich leid. Dafür sind aber weder Sie noch Ihre Fraktion verantwortlich, sondern das hat Ihnen die FDP eingebrockt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Theurer [FDP]: Was? Das glaub ich nicht!)
Jetzt erklärt uns die FDP von der Oppositionsbank aus, wie die Finanzwelt zu retten ist. Trotz der unterschiedlichen Aufgaben habe ich den Austausch mit Ihnen immer geschätzt. Aber jetzt genug der Gemeinsamkeiten. Kommen wir zu Ihrem Antrag.
An Ihrem Antrag erkennt man wie im Lehrbuch, wie sich Regierungs- und Oppositionsarbeit unterscheiden. In Ihrem Antrag fordern Sie nicht weniger als eine – meine Wortwahl – Finanzrevolution. Aber – und das wissen Sie auch – man kann die Finanzarchitektur eines Landes nicht auf der grünen Wiese planen; Bauen auf der grünen Wiese wollen Sie als Grüner wahrscheinlich sowieso nicht. Als überzeugter Europäer wissen Sie auch, dass wir gut beraten sind, solche Veränderungen immer in enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern voranzutreiben. Daher können wir Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. Ich weiß aber, dass Ihnen das von Anfang an klar war. Daher begreife ich Ihren Antrag als Appell. Und Ihren Appell, eine Finanzwende anzupacken, finde ich richtig.
In Ihrem Antrag formulieren Sie, dass sich das Zeitfenster für Reformen angesichts des wachsenden Populismus zu schließen beginnt. Dazu zwei Bemerkungen.
Erstens. Das Zeitfenster für gute politische Entscheidungen schließt sich nie. Wir haben keine Angst vor Populisten.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir auch nicht!)
Sie werden die Menschen mit Irrungen und Wirrungen zu verführen versuchen; wir aber werden mit der Wahrheit kontern, und zwar gemeinsam.
Zweitens – und aus meiner Sicht ist das genauso wichtig –: Wir dürfen in der finanzpolitischen Debatte nicht diejenigen aus den Augen verlieren, die eine Schuld an der Finanzkrise tragen. Die Marktgläubigkeit, der neoliberale Glaube an die Deregulierung, versucht in der politischen Debatte auch hier im Hause wieder Fuß zu fassen. Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP wollen auch eine Wende, aber eine ganz andere Wende. Sie haben das hier bereits mit mehreren Anträgen klargemacht. Sie wollen wieder mehr Spielraum für Zocker, weniger Regulierung und eine Entfesselung der Marktkräfte. Der Markt wird es schon richten, glauben Sie. So ein neoliberaler Glaube darf in diesem Hause nie wieder die Meinungsführerschaft übernehmen. Dafür kämpfen wir. Daran arbeitet die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Uns ist es mit der Stabilisierung des Euro-Raums ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auf dem Dezember-Gipfel des Ecofin sind wichtige Entscheidungen getroffen worden. Dazu gehört – das wissen Sie – die Weiterentwicklung des ESM, dazu gehört, dass die den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden vorsorglichen Kreditlinien effektiv genutzt werden können, und dazu gehört der Backstop für den Bankenabwicklungsfonds.
Aber damit nicht genug. Auch bei der Finanztransaktionsteuer sind wir ein großes Stück weitergekommen. Unser Finanzminister Scholz bringt mit seinem französischen Kollegen eine Lösung auf den Weg, die die Chance hat, mehrheitsfähig zu werden. Herr Schäuble hatte den Stillstand moderiert, Olaf Scholz schafft es trotz vieler unterschiedlicher Positionen in den Mitgliedstaaten, Fortschritte zu verhandeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn es gelingt, dass wir weitere europäische Partner dafür gewinnen, so wird die Finanztransaktionsteuer einen Beitrag zur Finanzierung des EU-Haushaltes leisten können. Ich weiß, dass das vielen nicht reicht. Ich weiß, dass sich viele mehr vorstellen können. Ich weiß das; auch ich gehöre zu diesen vielen. Auch ich würde gerne an dieser Stelle die Revolution ausrufen. Wer aber europäisch denkt und für Europa ist, der nimmt seine europäischen Partner mit und verzichtet auf Unilateralismus.
Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheimnis, dass die SPD der europapolitische Motor dieser Koalition ist. Das ist gut so, und das bleibt auch so.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! Oh!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Metin Hakverdi. – Nächster Redner: Dr. Bruno Hollnagel für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307691 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Finanzwende |