Metin HakverdiSPD - Europäische Haftungsrisiken Deutschlands
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzkrise 2008 hat die Steuerzahler weltweit viel Geld gekostet. Der Ökonom Martin Hellwig spricht von über 70 Milliarden Euro allein für die deutschen Steuerzahler.
Als wäre das nicht genug, gab es zudem einen massiven Verlust an Vertrauen in die demokratischen Institutionen. Jenen, die damals vor der Krise warnten, wurde das neoliberale Märchen von den Selbstheilungskräften des Marktes erzählt. In Wirklichkeit wurde das marktwirtschaftliche Prinzip, dass Risiko und Haftung in eine Hand gehören, während der Finanzkrise außer Kraft gesetzt. Gewinne wurden privatisiert, und Verluste wurden sozialisiert. Teile der Finanzelite hielten sich nicht an die Spielregeln. Sie zockten mit dem Geld der Sparer. Auch deshalb gewannen populistische Kräfte an Zulauf.
Mit diesem Antrag möchte die AfD sämtliche Fortschritte und Lehren, die wir aus der letzten Krise gezogen haben, rückgängig machen.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
Damit verrät die AfD die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Land.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja!)
Man könnte meinen, die Populisten verfolgen eine perfide Strategie.
Kann es sein, dass die AfD hofft, die nächste Krise werde ihr weiteren Zulauf bringen? Und kann es sein, dass sie deshalb absichtlich die Bankenunion abschaffen will, damit die nächste Krise wahrscheinlicher wird?
(Zuruf von der CDU/CSU: Sonst haben die ja kein Thema! – Leif-Erik Holm [AfD]: Die Krise ist ja nicht weg! Verschwörungstheoretiker!)
Egal warum Sie das wollen – ob absichtlich oder aus Unvermögen –: Es ist in der Sache falsch.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es macht unsere Banken und damit unsere Wirtschaft anfälliger für Krisen.
In Wirklichkeit ist die Bankenunion nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. In Wirklichkeit ist Europa nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Globale Finanzmärkte – das ist die wichtigste Erkenntnis – lassen sich eben nicht allein durch nationale Politik regulieren. Diese nationalistische Haltung könnte die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes am Ende sehr, sehr teuer zu stehen kommen.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es!)
In Wirklichkeit ist durch die Bankenunion die Wahrscheinlichkeit geringer, dass der Staat zukünftig bei Bankenschieflagen mit Steuergeld einspringen muss. Wir haben mit der Bankenunion wichtige Lehren aus der Krise gezogen: die gemeinsame europäische Aufsicht über große Banken und ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus. Das sind Krisenmechanismen, die uns nützen.
Das Prinzip, dass Gläubiger und nicht die Steuerzahler haften, gilt jetzt mehr als vor der Krise. In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag sprach ein Experte an dieser Stelle gar von einer kleinen Revolution. Endlich sollen Risiko und Haftung in einer Hand liegen. Diejenigen, die an den Finanzmärkten hohe Risiken eingehen, sollen auch zahlen, wenn es schiefgeht. Das möchte die AfD rückabwickeln. Unglaublich!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU] – Sepp Müller [CDU/CSU]: Ja, unglaublich!)
Um die Bankenunion weiter voranzubringen und damit im Interesse der Sparer sicherer zu machen, arbeiten wir nun auch an einer europäischen Einlagensicherung. Dafür gilt es zunächst Risiken in den Bankbilanzen in ganz Europa abzubauen; das ist klar.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Okay!)
Die Europäische Kommission hat Maßnahmen und Instrumente vorgelegt, die den Abbau dieser notleidenden Kredite unterstützen sollen.
Kolleginnen und Kollegen, wir sind auf einem guten Weg. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass wir auf zukünftige Krisen besser vorbereitet sind. Das kann man nur mit Europa und nicht gegen Europa.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Ich möchte dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz ausdrücklich für die Fortschritte auf dem letzten Ecofin-Gipfel danken. Das jetzt vereinbarte Bankenpaket enthält strengere Kapitalvorschriften für Banken. Vor der Krise lag die Höhe des haftenden Eigenkapitals bei manchen Banken bei nicht mal 2 Prozent. Heute müssen große Banken 8 Prozent Eigenkapital vorhalten. Das ist ein Meilenstein. Auch das war nur gemeinsam in Europa möglich. Mit der Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus wird die Bankenunion zusätzlich gestärkt. Der Europäische Stabilitätsmechanismus soll die Funktion der Letztsicherung für den europäischen Bankenabwicklungsfonds übernehmen. Auch das wird die Banken Europas vor zukünftigen Krisen sicherer machen.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehen in der Finanzmarktregulierung eine Daueraufgabe. Diese Aufgabe packen wir Schritt für Schritt gemeinsam mit unseren europäischen Partnern an. Eine Rückkehr in das nationalistische Schneckenhaus ist für die Herausforderungen von morgen keine Lösung. Der Antrag der AfD ist daher abzulehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Hakverdi. – Als Nächster spricht zu uns der Kollege Jörg Cezanne, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307726 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Haftungsrisiken Deutschlands |