Jörg CézanneDIE LINKE - Europäische Haftungsrisiken Deutschlands
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der AfD, Ihre Position strotzt vor Widersprüchen. Einerseits wollen Sie sich aus der europäischen Kooperation zurückziehen und diese am besten gleich ganz abwickeln.
(Leif-Erik Holm [AfD]: Welche Kooperation wollen wir beenden?)
Andererseits wollen Sie die deutschen Stimmrechte in der Europäischen Zentralbank erhöhen. Sie wollen weniger für Europa bezahlen, dafür aber mehr in Europa zu sagen haben. Eine solche Haltung ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch politisch vollständig naiv.
(Beifall bei der LINKEN – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Eine Lehre aus der Finanzmarktkrise ist, dass die Bankenaufsicht europaweit durchgeführt werden muss, wenn die Banken sowohl im globalen Finanzsystem als auch in der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion wirkungsvoll reguliert werden sollen. Der eingerichtete Abwicklungsmechanismus ist ein Schritt in die richtige Richtung. Für systemrelevante Großbanken reicht er allerdings nicht aus. Hier hilft auch die Letztsicherung nicht. Diese Großbanken müssen aufgespalten werden. Das Kredit- und Einlagengeschäft muss vom spekulativen und risikoreichen Investmentbanking getrennt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Eine europäische Einlagensicherung halten wir grundsätzlich für sinnvoll. Dabei muss aber sichergestellt werden, dass diese nur für Banken mit vergleichbarem Risikoprofil und Geschäftsmodell wirkt. Es darf nicht geschehen, dass deutsche Sparkassen für französische Großbanken oder spanische Genossenschaftsbanken für die Deutsche Bank haften.
Die Ansiedlung der europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank ist tatsächlich unglücklich. Wegen der verschiedenen Aufgaben kommt es zu einem andauernden Konflikt zwischen den unterschiedlichen Rollen, die die EZB erfüllen muss. Man müsste diese Bankenaufsicht also in einer eigenen Behörde bündeln. Dazu wären die EU-Verträge zu ändern. Der nächste Widerspruch, den die AfD klären muss, ist, wie sie das ihren rechtsextremen Freunden in Ungarn, Österreich und Polen beibringen will, die dann einer solchen Vertragsänderung zustimmen müssten.
(Beifall bei der LINKEN)
Noch wichtiger als die verschiedenen Einzelmaßnahmen, die unter dem Namen „Bankenunion“ zusammengefasst werden, wäre es aus unserer Sicht allerdings, die ökonomisch widersinnige Kürzungspolitik zu beenden, die den Krisenländern im Süden Europas aufgezwungen wurde. Das portugiesische Wirtschaftswunder, über das jetzt berichtet wird, zeigt ja, dass mit höheren Mindestlöhnen und Renten sowie mehr öffentlichen Investitionen eine schnellere Überwindung der Krise möglich ist. Das wäre auch ein guter Weg für andere Länder.
(Beifall bei der LINKEN)
Ein solcher Kurs würde es nämlich auch den Banken in Zypern oder Griechenland und deren überschuldeten Kreditnehmern ermöglichen, durch wirtschaftliches Wachstum aus notleidenden Krediten herauszuwachsen statt sich, die heimische Bevölkerung und die jeweilige Wirtschaft zu Tode zu sanieren.
Ein fruchtbares und friedliches Europa kann nur ein Europa der Solidarität sein. Das ist im Rahmen der bestehenden Verträge nur begrenzt möglich. Deshalb wollen wir die EU neu begründen. Wir wollen nicht nur eine Wirtschafts- und Währungsunion, sondern auch eine Sozialunion, eine Union der guten Arbeit und eine Union des Friedens haben. Die AfD hat dazu nichts beizutragen.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Aber Sie!)
Vielen Dank, Herr Kollege Cezanne. – Wir bedanken uns jetzt bei der grünen Kollegin Anja Hajduk, die ihre Rede ebenfalls zu Protokoll gegeben hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ich rufe jetzt den Kollegen Sepp Müller, CDU/CSU-Fraktion, auf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307727 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | Europäische Haftungsrisiken Deutschlands |