Johannes FechnerSPD - § 219a StGB Werbung für Schwangerschaftsabbrüche
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gast auf der Tribüne! Die SPD-Fraktion hat eine glasklare Haltung: Wir wollen für Ärztinnen und Ärzte Rechtssicherheit, wir wollen keinen strafrechtlichen Druck, und wir wollen, dass sich Frauen in schwieriger Situation einfach informieren können. Das ist unsere glasklare Position. Deshalb sind wir der Meinung, dass § 219a StGB eigentlich abgeschafft werden müsste, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und der FDP)
Aber anders als die FDP, die den vorliegenden Antrag eingebracht hat, haben wir uns nicht vor der Regierungsverantwortung gedrückt,
(Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP: Oh! Oh!)
sondern wir sind eine Koalition eingegangen, und das bedeutet eben, dass man manchmal Kompromisse machen muss.
Jetzt wollen wir einen Kompromiss machen, weil wir zeitnah dafür sorgen wollen,
(Stephan Thomae [FDP]: Kaum ein Jahr später!)
dass sich die Frauen einfacher informieren können und die Ärzte rechtssicher Informationen weitergeben können. Das ist unser Ziel, und deswegen sind wir kompromissbereit.
(Stephan Thomae [FDP]: Wir haben ein gutes Angebot unterbreitet!)
Nun gibt es das Papier der Bundesregierung. Und ja, ich hätte mir auch gewünscht, dass dort konkreter beschrieben ist, wie denn nun § 219a StGB aus Sicht der Bundesregierung geändert werden soll. Aber immerhin ist jetzt klargestellt vonseiten der Bundesregierung, dass der Tatbestand des § 219a StGB geändert wird. Das hat die Union bisher immer abgelehnt. Deswegen ist das jetzt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Für die SPD ist klar: Ärztinnen und Ärzte müssen rechtssicher informieren können über Schwangerschaftsabbrüche. Deswegen wird die SPD-Fraktion keinem Kompromiss zustimmen, der § 219a StGB nicht so abändert, dass Ärztinnen und Ärzte sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche weitergeben können. Das ist unsere ganz klare Position.
(Beifall bei der SPD)
Dass staatliche Stellen nach dem Papier der Bundesregierung informieren sollen, das ist gut; aber das alleine reicht eben nicht. Zu Recht heißt es deshalb in dem Papier, dass auch staatliche Einrichtungen informieren können. Sie sollen also auch informieren, also zusätzlich zu den Informationen, die die Ärzte selbst geben dürfen.
(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Gerade weil es immer mehr Strafanzeigen gegen Ärztinnen und Ärzte gibt, ist es gut, dass das Gesetzgebungsverfahren jetzt in Gang kommt. Es ist höchste Zeit. Wir erwarten sehr gespannt den Gesetzentwurf mit den Detailregelungen für Januar 2019.
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)
Liebe Kollegen von der FDP, vor wenigen Monaten waren Sie noch gegen die Streichung und haben stattdessen einen Antrag auf Tatbestandsreduzierung, also auf Beibehaltung des § 219a StGB, gestellt.
(Zuruf des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Gerade einmal zehn Monate nachdem Sie diese Position vertreten haben, ändern Sie Ihre Meinung und vertreten plötzlich eine neue Position.
(Stephan Thomae [FDP]: Das ist eine vermittelnde Lösung gewesen, die Sie nicht angenommen haben!)
Dabei haben Sie sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, einen eigenen Gesetzentwurf zu formulieren, sondern Sie bitten die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen.
(Stephan Thomae [FDP]: Gibt es denn von Ihnen einen dazu?
Ich finde, das ist eine schwache Leistung. Das werden wir so auch nicht unterstützen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vorschrift des § 219a StGB wurde im Mai 1933 eingeführt. Ich möchte das ausdrücklich sagen, damit auch die geistige Herkunft dieses Paragrafen hier einmal genannt ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Diese Vorschrift ist also viele Jahrzehnte alt. In der Bundesrepublik hat die FDP nicht weniger als sieben Justizminister und eine Justizministerin gestellt und 30 Jahre lang das Justizministerium geführt. Kein einziger dieser Justizminister hat in diesen 30 Jahren auch nur irgendeinen Versuch unternommen, diese Vorschrift zu streichen oder zu reformieren. Aber jetzt, kurz bevor die Regierung einen eigenen Entwurf vorlegt, kommen Sie mit dem Thema um die Ecke. Ich finde, das ist ein Stück weit scheinheilig und dem Ernst des Themas nicht angemessen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Thomae [FDP]: Wenn wir nicht tätig geworden wären, wären Sie es auch nicht!)
Die Position der SPD ist klar: Wir wollen, dass Ärztinnen und Ärzte über Schwangerschaftsabbrüche sachlich informieren können und dass sie das mit Rechtssicherheit und vor allem ohne strafrechtlichen Druck tun können. Dafür engagieren wir uns.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Stephan Thomae [FDP]: Stimmen Sie unserem Antrag zu?)
Deshalb werden wir keine faulen Kompromisse schließen, die den § 219a StGB nicht ändern und es Ärzten weiterhin verbieten, sachlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Diesen heutigen Zustand wird die SPD beenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Schönen Dank, Dr. Johannes Fechner. – Als Nächstes spricht zu uns die Kollegin Cornelia Möhring, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307746 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 71 |
Tagesordnungspunkt | § 219a StGB Werbung für Schwangerschaftsabbrüche |