13.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 71 / Zusatzpunkt 13

Volker UllrichCDU/CSU - § 219a StGB Werbung für Schwangerschaftsabbrüche

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Debatte noch einmal grundrechtlich einordnen, weil es um Werte und Grundrechte geht.

Auf der einen Seite steht das Recht der Frau auf Selbstbestimmung – ohne jede Frage –, und auf der anderen Seite steht das Recht des ungeborenen Kindes auf Schutz und Würde.

(Zuruf von der FDP: Zum Thema! – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Darum geht es doch gar nicht beim § 219a!)

Dieser Grundrechtskonflikt wurde nach einem langen Ringen über 40 Jahre hinweg durch eine liberale Fristenlösung, ergänzt um die Pflicht zur Beratung, beendet.

Die jetzige Rechtslage besagt, dass die Frau frei ist in ihrer Entscheidung und mit ihrem Gewissen ausmachen muss, wie sie den Konflikt löst.

(Zuruf von der FDP: Zum Thema!)

Aus der verfassungsrechtlichen Pflicht zum Lebensschutz und zur Bewahrung der Würde des ungeborenen Lebens erwächst aber die Pflicht zur Beratung. Das ist die aktuelle Rechtslage. Aus dieser Rechtslage ergibt sich letztlich auch ein Schutzkonzept,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ist das!)

und das Werbeverbot ist Teil dieses Schutzkonzeptes.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Eva Högl [SPD]: Es geht um Information, nicht um Werbung!)

Der Gesetzgeber darf sich doch nicht widersprüchlich verhalten.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Auf der einen Seite verlangt der Gesetzgeber eine auf Lebensschutz ausgerichtete Beratung. Wie würde der Gesetzgeber die auf Lebensschutz ausgerichtete Beratung denn sicherstellen, wenn er auf der anderen Seite Werbung für Abbrüche erlauben würde? Das passt nicht zusammen, und deswegen gehört der § 219a StGB zum Schutzkonzept.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Eva Högl [SPD]: Wer wirbt denn für Abbrüche?)

Meine Damen und Herren von der FDP, die verfassungsrechtliche Einordnung verbietet auch, dass Sie hier einen Antrag zur Abstimmung stellen, der einzig und allein taktisch motiviert scheint. Im Gesetzentwurf vom 20. Februar dieses Jahres haben Sie die verfassungsrechtliche Einordnung noch richtig vorgenommen. Ich zitiere aus Ihrem Gesetzentwurf:

Angesichts der hohen Bedeutung des ungeborenen Lebens erscheint jedoch eine strafrechtliche Reaktion ...

– gemeint ist § 219a –

insgesamt angezeigt.

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Sie führen darin weiter aus:

Es wäre möglich, den Straftatbestand des § 219a StGB vollständig zu streichen. Dies wird jedoch nicht dem staatlichen Schutzauftrag für das ungeborene Leben gerecht ...

Sie zitieren dann auch noch die Fundstelle für das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Sie waren im Februar also bereits klüger.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Thomae [FDP]: Wir wollten Brücken bauen, die Sie nicht beschritten haben!)

Deswegen machen wir noch mal darauf aufmerksam, dass für die Union eine Abschaffung des § 219a nicht infrage kommt. Wir machen aber auch deutlich, dass wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner Unwägbarkeiten und Informationsdefizite beseitigen wollen.

Wir wollen, dass die Bundesärztekammer und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung besser informieren können, und wir wollen auch, dass die Ärzte ihrer Verantwortung gerecht werden können, sodass die Information, wenn Ärzte informieren, nicht unter Strafrechtsvorbehalt steht. Das wollen wir im Jahr 2019 gemeinsam entwickeln, und das wollen die beiden Fraktionen der Großen Koalition auch in Gesetzesform gießen.

Aber klar sein muss auch: Ein Schwangerschaftsabbruch ist kein medizinischer Eingriff wie jeder andere. Wir wollen nicht, dass für Schwangerschaftsabbrüche geworben wird. Ein Schwangerschaftsabbruch ist kein normaler Eingriff; es ist nicht etwas wie Zähnebleichen oder was anderes. Es geht um den Schutz des menschlichen Lebens, und da haben wir einen verfassungsrechtlichen Auftrag.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin mir sicher, dass wir dieser verfassungsrechtlichen Pflicht gemeinsam Rechnung tragen werden. Wir werden Informationen dort, wo sie geboten und verfassungsrechtlich zulässig sind, auf alle Fälle verbessern. Wir werden aber insgesamt an diesem Konzept nichts ändern. Das Konzept heißt ganz klar, dass es eine Pflicht zur Beratung gibt. Diese Beratung hat den Sinn und Zweck, sich für das Leben zu entscheiden. Wenn sich jemand nicht für das Leben entscheiden kann, ist es eine Gewissensfrage, und dann muss eine Frau auch Zugang zu einem Arzt und zu Informationen haben. Aber dieses Gesamtkonstrukt, das eben auch ein Werbeverbot beinhaltet, werden wir nicht zur Disposition stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden eine kluge Fortentwicklung vornehmen; aber wir werden im Sinne des lang erarbeiteten Kompromisses und im Sinne des Lebensschutzes nicht darauf verzichten können, dass dieses Konstrukt insgesamt beibehalten wird. Lassen Sie uns gemeinsam an einer klugen Lösung arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Dr. Ullrich, herzlichen Dank. – Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt spricht zu uns die Kollegin Gülistan Yüksel, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Session 71
Agenda Item § 219a StGB Werbung für Schwangerschaftsabbrüche
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